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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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spalten, mit deutlichen Worten enttarnt, und hatte anschließend jeden davor gewarnt, für die Annäherung an die Protestanten den wahren Glauben, wie er von Petrus verbreitet worden war, zu verwässern. Es war eine scheinbar kämpferische, konfrontative Rede gewesen, ganz anders als die raffinierte Rede von Matthias. Luis hatte weitgehend auf Gegenargumente verzichtet und stattdessen andauernd die Apostel, den heiligen Augustinus, den heiligen Bernhard von Clairveaux und den heiligen Thomas von Aquino erwähnt. Sehr geschickt zeigte er damit die Kontinuität der Kirche seit eintausendfünfhundert Jahren auf und appellierte unterschwellig an sentimentale Gefühle. Am Schluss hatte er sich sogar das Kreuz vom Hals gerissen, den Versammelten mit ausgestrecktem Arm vor Augen gehalten und gerufen: »Wir dürfen nicht zulassen, dass unser Erlöser noch einmal verkauft wird. Judas darf nicht siegen.«
    So gesehen war die Rede von Luis nicht weniger emotional und raffiniert als die von Matthias. Sie war eine Falle, und Luis war ein Fallensteller, kein Redner. Der Riss durch das Konzil wurde breiter, der Kampf um die Reform war voll entbrannt.
    »Für heute ist die Sitzung beendet«, sagte Luis, lächelte und verschränkte die Hände auf dem Rücken. »Ich habe die Delegierten ganz schön ins Grübeln gebracht. Sie haben einiges, über das sie schlafen müssen.«
    Sandro kommentierte das nicht. Er wusste zwar nicht, warum, aber er hatte heute einfach keine Lust, mit Luis über Luis zu sprechen.
    »Ich auch«, sagte Sandro. »Ich habe auch einiges, über das ich schlafen muss.«
    »Wenn du es nicht gesagt hättest, hätte ich es gesagt.«
    Sandro seufzte. »Ich weiß, dass du es gesagt hättest, deswegen habe ich es ja gesagt. Wenn du mir Vorwürfe machen willst – bitte sehr, dann haben wir es hinter uns.«
    »O Sandro! Vorwürfe! Ich und Vorwürfe? Vorwürfe sind nicht meine Art.«
    Nein, dachte Sandro, Ratschläge, Tausende von Ratschlägen, sind deine Art, jeder einzelne wie ein Gesteinsbrocken, den man auf den Sünder wirft.
    »Ratschläge«, sagte Luis, »gute Ratschläge sind meine Art.«
    Sandro grinste müde. »Wie schön, jemanden bei mir zu wissen, der sich um mich sorgt.«
    Luis setzte sich auf einen der knarzenden Stühle, schlug die Beine übereinander und faltete die Hände in seinem Schoß. »Erzähl mir, was vorgefallen ist.«
    Sandro hatte eigentlich keine Lust, alles zu erzählen, aber er hatte Luis in den letzten Tagen zu oft vor den Kopf gestoßen, um damit weiterzumachen.
    »In Kurzform: Jemand hat Matthias Hagen in der Nacht von Bertanis Ermordung vor dessen Quartier gesehen. Hagen kann jedoch nicht der Täter sein, denn er hat eine Konkubine bei Bertani gesehen, die noch da war, als er ging – behauptet er jedenfalls.«
    Sandro wartete vergeblich darauf, von Luis eine kleine Anerkennung zu bekommen. Immerhin hatte er richtig gelegen mit seiner Vermutung, dass Bertani Liebesdiensten gegenüber nicht abgeneigt war.
    »Hast du die Konkubine verhaften lassen?«, fragte Luis.
    »Sie ist unauffindbar. In ihrem Quartier befand sich ein verstörtes Mädchen – vielmehr eine junge Frau -, von der wir nicht wissen, wer sie ist.«
    »Nun, dann frage sie.«
    »Ich sagte doch, sie ist verstört. Sie spricht kein Wort.«
    »Du hast sie doch wohl verhaften lassen?«
    »Nein. Ich wollte sie nicht aus ihrer gewohnten Umgebung reißen. Ich habe Antonia Bender gebeten, gelegentlich nach ihr zu sehen und sie mit allem Notwendigen zu versorgen, bis die Situation sich klärt.«
    »Wer ist Antonia Bender?«
    »Eine Glasmalerin, die ihr Atelier im Palazzo Rosato hat. Sie und ihr Vater sind mit Carlotta da Rimini befreundet.«
    »Dieselbe Glasmalerin, mit der du im Dom gesprochen hast?«
    Klang da ein Hauch von Misstrauen bei Luis durch?
    »Ja«, sagte Sandro.
    »Du lässt eine Glasmalerin die Komplizin dieser Konkubine bewachen? Noch dazu eine Glasmalerin, die mit der Täterin befreundet ist?« Luis zog die Augenbrauen hoch, entschloss sich dann aber, nicht weiter darauf einzugehen. »Hat man das Quartier der Konkubine durchsucht?«
    »Das habe ich persönlich gemacht, und zwar sehr vorsichtig, um Margherita nicht zu verunsichern.«
    »Wer ist denn nun wieder Margherita?«
    Sandro lächelte. »Ich habe das Mädchen so genannt, nur für mich, weißt du. Ich glaube, das hat ihr gefallen.«
    Luis atmete tief durch. »Hast du etwas Hilfreiches entdeckt?«
    »Keine Waffe, keine Pläne, nichts, was die Konkubine über ihre

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