Die Glaszauberin pyramiden1
meiner Hautfarbe passen würde.
Ich schaute mich um. Gruppen von Arbeitern waren damit beschäftigt, den Platz um die Pyramide herum zu pflastern und zu fliesen, statt an der Pyramide selbst zu arbeiten. Viele Hunderte legten eine breite Prachtstraße vom Flußufer durch Gesholme bis zur Pyramide an; es waren viele Gebäude abgerissen worden, um sie bauen zu können und ungezählte Sklaven schliefen jetzt im Freien oder waren zusätzlich in den benachbarten Wohnhäusern untergebracht worden.
Sieben Wochen bis zum Einweihungstag, und die Vorbereitungen waren in vollem Gang.
Ich lächelte verstohlen einen jungen Mann an, der ein paar Schritte entfernt den Boden pflasterte. Er sah besonders gut aus, und ich konnte Bewunderung in seinen Augen lesen, als er mich ansah.
Ich seufzte. Das war alles so langweilig. Ich wußte nicht, warum Boaz darauf bestand, daß ich ihn bei diesen Inspektionen begleitete. Vielleicht wollte er mich einfach nur vorzeigen. Das rief ein kleines Lächeln in mir hervor, und ich schüttelte mein Haar kokett. Boaz mochte es, wenn ich mein Haar offen trug, und es wuchs zusehends. Würde es noch einen Monat brauchen, bis es mir bis zur Taille reichte? Oder nur drei Wochen?
Ein paar Magier drängten sich an mir vorbei zu Boaz und sprachen leise mit ihm. Sie lächelten und nickten gelegentlich; alle waren mit der Pyramide zufrieden.
Wir hatten jetzt die Südrampe erreicht, und Boaz führte uns zum Eingang der Pyramide hinauf. Der inzwischen stärker gewordene Wind bauschte mein Kleid, und ich runzelte vor Anstrengung die Stirn, als ich versuchte, es immer wieder neu zu ordnen. Vielleicht hätte ich praktischere Kleidung zu diesem Anlaß anziehen sollen.
Dann traten wir ein.
»Was tust du hier?« fragte Boaz scharf, und ich schaute überrascht auf, in dem Glauben, daß er mich gemeint hatte.
Aber vor ihm stand eine Gruppe Arbeiter, die offensichtlich nach getaner Arbeit gehen wollten.
»Im Osthauptschacht ist Glas zerbrochen, Exzellenz«, antwortete ihr Anführer.
Ich grinste. Mein Vater war unter ihnen, auch wenn die Götter allein wußten, was er bei dieser Gruppe zu suchen hatte. Aber Arbeiter wurden oft zu Aufgaben abkommandiert, für die sie überqualifiziert waren, wenn sie mit ihrer eigentlichen Arbeit fertig waren, und vielleicht war das der Fall bei Druse.
»Nun«, sagte Boaz, »ihr hättet schon vor einer Stunde fertig sein sollen. Ich wollte, daß das Innere für diese Inspektion geräumt ist. Ich werde nicht…«
Er hielt inne und starrte sie an, genau wie ich und die anderen Magier, der Vorarbeiter und die verschiedenen Wächter.
Jeder Mann dieser Gruppe, mein Vater eingeschlossen, hatte gewimmert. Verängstigt. Verloren.
Ich runzelte die Stirn. Was ging hier vor? Boaz war nicht einmal nahe dran gewesen, die Geduld zu verlieren, und…
… und dann ließ mich ein Instinkt die Männer in dieser dicht zusammengedrängt stehenden, unterwürfigen Gruppe zählen.
Elf. Die nächste Primzahl nach der sieben.
»Nein«, flüsterte ich. »Vater, bitte komm da weg…«
Boaz warf mir einen scharfen Blick zu, dann richtete er die Aufmerksamkeit wieder auf die Männer.
»Vater!« rief ich und machte einen Schritt nach vorn.
Boaz gestikulierte, und Kiamet hielt mich fest.
»Nein«, sagte Boaz. »Nein. Es gibt nichts, was wir tun könnten.«
Er wollte nichts tun.
Die elf Männer zitterten jetzt am ganzen Leib, die angsterfüllten Augen weit aufgerissen. Druse blinzelte, dann starrte er mich an. »Tirzah!« schrie er und streckte die Hand nach mir aus.
Ich schluchzte auf und versuchte, mich aus Kiamets Griff zu befreien, aber er war stark und hielt mich immer noch fest.
»Tirzah!«, mein Vater hörte nicht auf zu schreien. Dann begann er zu sterben.
Die Pyramide genoß das alles sicherlich sehr. Sie hatte jetzt vier Mal den Tod geschmeckt und gelernt, daß je länger das Mahl dauerte und je qualvoller es war, desto süßer die Lust für sie wurde.
Ich war außer mir und schrie, während die anderen mit Entsetzen oder Neugier zusahen, wie die Männer starben.
Die Pyramide verwandelte sie langsam und erbarmungslos in Stein.
Zuerst die Füße. Sie waren alle barfuß, weil sie das zerbrechliche Glas des Schachtes hatten betreten müssen, die Sandalen hatten sie am steinernen Eingang der Pyramide zurückgelassen. Also standen ihre Füße auf dem Stein, ihre bloßen Füße, und die Pyramide drang durch ihre Fußsohlen in sie ein.
Die Haut ihrer Füße wurde grau, dann steinern
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