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Die Glorreichen Sieben 03 - und das Geheimnis der gruenen Maske

Die Glorreichen Sieben 03 - und das Geheimnis der gruenen Maske

Titel: Die Glorreichen Sieben 03 - und das Geheimnis der gruenen Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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passiert war. „So eine bodenlose Frechheit“, schimpfte er in Gedanken. „Dieser Klammeraffe hat mich doch tatsächlich wie einen Anfänger auf den Arm genommen!“
    Im zweiten Stockwerk blieb er nach ein paar Schritten stehen, atmete tief ein und hielt die Luft an. Das Klassenzimmer der 8B lag am Ende des Korridors. Dort mußte er jetzt gleich völlig außer Atem vor dem Katheder beinahe zusammenbrechen, wenn ihm Studienrat Purzer auch nur zehn Prozent seiner Geschichte glauben sollte. Er hielt also weiter die Luft an, bis sein Kopf so rot war wie eine Tomate, und dann spurtete er los. Schon drei Sekunden später stürzte er durch die Tür zum Klassenzimmer der 8B und keuchte: „Entschuldigen Sie, Herr Studienrat, leider ist der vordere Reifen an meinem Fahrrad geplatzt
    Weiter kam er nicht.
    Plötzlich drückte sich nämlich eine Hand auf seinen Mund und eine andere um seine Kehle. Gleichzeitig zischte eine Stimme: „Keinen Ton mehr, oder wir machen Hackfleisch aus dir!“
    „Schöne Aussichten“, knurrte Karlchen Kubatz, soweit ihm das überhaupt noch möglich war. Und fast gleichzeitig ließ er auch schon seine Augen durchs Klassenzimmer flitzen. Als er dabei von Studienrat Dr. Purzer nicht einmal den Schatten einer Spur entdeckte, dämmerte es bei ihm. „Ach so“, flüsterte er. „Jetzt begreife ich auch ohne Brille.“
    „Na endlich“, zischte die Stimme wieder. Gleichzeitig spürte der kleine Junge mit dem Bürstenhaarschnitt, wie ihn die Hände wieder losließen. „Und jetzt schleich dich auf deinen Platz!“
    Das tat Karlchen Kubatz dann auch. Er schob sich lautlos in die zweite Bankreihe neben den dicklichen Otto Hugendubel, der auch Sputnik genannt wurde, und hinter Emil Langhans.
    Seit etwa zehn Minuten lag die 8 B jetzt schon wie ein Unterseeboot auf Tauchstation. Sie rührte sich nicht und wagte kaum, richtig Luft zu holen. Einige schmökerten in irgendwelchen Westernheften oder Detektivgeschichten, andere lösten Kreuzworträtsel oder dösten ganz einfach vor sich hin.
    Studienrat Dr. Purzer war nämlich geradezu ein Prachtexemplar an Pünktlichkeit. Wenn er also so lange nach dem Läuten immer noch nicht zur Tür hereingeschneit war, dann durfte sich die Klasse mit gutem Recht in der Hoffnung schaukeln, daß er verschlafen habe oder sogar erkrankt sei.
    Und damit ja kein anderer Lehrer durch irgendein Geräusch aufmerksam gemacht wurde und vielleicht sogar auf die Idee kam, für den verhinderten Kollegen einzuspringen, wagte kein Schüler, auch nur einen Mucks von sich zu geben.
    Eine solche Grabesstille war in der 8 B so selten wie ein Erdbeben. Man hätte sie auch nach Jahreszahlen registrieren können. Ganz entfernt war nur eine Straßenbahn zu hören und etwas später eine heisere Autohupe.
    Bis es dann schlagartig mit der ganzen schönen Ruhe vorbei war und alle Hoffnungen baden gingen. So glatt und so schnell, wie man das Licht ausknipst.
    Tack-tack-tack.
    Weil es bisher in der Klasse so mäuschenstill gewesen war, hallten die Schritte jetzt wie Schüsse durch den Korridor.
    „So eine Affengemeinheit“, explodierte Hans Pigge, der einen hellblonden Pagenkopf hatte. „In diesem Saftladen haben Schüler einfach keine Chancen.“
    Studienrat Dr. Purzer strahlte nur so vor lauter guter Laune, als er in der Tür auftauchte. „Guten Morgen, meine Freunde“, rief er vergnügt, warf seine Bücher aufs Katheder, daß es knallte, und rieb sich die Hände.
    „Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt“, zitierte Dr. Purzer jetzt. „Der weite Weg, Graf Isolani, entschuldigt Euer Säumen.“ Er schaute durch seine Brillengläser fragend in die Klasse. „Sollte es der Zufall fügen, daß einer von euch weiß, wo wir diese augenblicklich so passenden Worte finden?“
    „Bei Schiller“, vermutete Manuel Kohl. Seinen Eltern gehörte das Blumengeschäft am Rathausplatz. „Im Fiesco, wenn ich mich nicht irre.“
    „Du irrst dich leider“, entgegnete Dr. Purzer. „Herr Schiller stimmt allerdings.“
    „Dann würde ich auf Piccolomini tippen“, meinte Karlchen Kubatz ziemlich unsicher.
    „Volltreffer“, stellte der Studienrat fest und knallte die Hände zusammen. Anschließend blickte er sich wieder eine ganze Weile in der Klasse um und sagte schließlich: „In euren Mienen spiegelt sich Enttäuschung, und das betrübt mich.“ Er zog seine blaugestreifte Krawatte gerade, nahm die Hände auf den Rücken und wandelte durch den Gang zwischen den Bänken, als sei es ein Spaziergang im Kurpark.

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