Die Glorreichen Sieben 03 - und das Geheimnis der gruenen Maske
Knebusch zur selben Zeit vor dem Spiegel, hatte gerade die letzte Spur Seife aus dem Gesicht rasiert, prüfte kritisch mit einer Hand seinen Hals, nahm den Rasierspiegel in die andere und fing an, ein paar schwierige Stellen zum zweiten Mal einzuseifen.
„Was später passiert, weiß ich ja“, bemerkte Andy durch die offene Tür vom Nebenzimmer her. Er war gerade aus der Badewanne geklettert und trocknete sich ab. „Aber was machen wir jetzt?“
„Zuerst mal einen möglichst guten Eindruck“, erwiderte das rundliche Babygesicht mit den schütteren rötlichen Haaren. „Du glaubst gar nicht, wie enorm wichtig das ist. Die meisten Menschen entscheiden sich innerhalb der ersten zwei Minuten ziemlich endgültig, ob sie jemanden mögen oder nicht.“ Er beugte sich über das Wasser in seinem Waschbecken. „Deshalb müssen wir von Anfang an jeden davon überzeugen, daß wir grundehrliche Typen sind. Andernfalls können wir gleich wieder einpacken.“
„Herein“, rief in diesem Augenblick der ehemalige Berufsboxer im Nebenzimmer. Es hatte nämlich gerade an seine Tür geklopft.
„Was ist denn los?“ rief Herr Knebusch aus seinem Waschbecken heraus.
„Ich bin’s nur“, antwortete der Page Fridolin und machte die Tür hinter sich zu. „Ich wollte den Herren die neuesten Bad Rittershuder Nachrichten bringen.“ Und jetzt machte Herr Walter Knebusch zum ersten Mal einen kardinalen Fehler. „Kein Bedarf“, sagte er. „In allen Zeitungen wimmelt es heutzutage nur so von schlechten Nachrichten, die einem die gute Laune verderben. Das ist riesig nett gemeint, aber wir wollen uns keine Magengeschwüre in den Bauch lesen. Lieber erquicken wir uns an dem herrlichen Wetter.“
„Es gibt bestimmt andere Hotelgäste, die sich über deine Zeitung ein Bein ausfreuen“, bemerkte Andy trostvoll und holte sich ein frisches Hemd aus dem Koffer.
„Überhaupt kein Problem“, erwiderte der Page Fridolin. Dann fragte er wie aus heiterem Himmel: „Waren Sie in Urlaub?“
„Wieso?“ wollte Herr Knebusch wissen, kam dabei in die offene Tür und hatte die linke Augenbraue hochgezogen.
„Weil Sie beide so braungebrannt sind“, meinte der spindeldürre Junge und grinste.
„Kanarische Inseln“, erkärte Herr Knebusch, der sich jetzt sein Gesicht mit Rasierwasser einrieb. „Wir sind gestern erst zurückgekommen.“
„Im Flugzeug natürlich?“ vermutete der Page Fridolin. „Das ist doch bestimmt wahnsinnig aufregend. Fliegen, meine ich.“
„Es ist zum Aushalten“, erwiderte das Babygesicht. „Weißt du, wenn man eine Wolke von oben gesehen hat, kennt man sie alle. Wo gibt’s denn das Frühstück?“
„In der Halle gleich neben dem Lift“, antwortete der Hotelpage in der dunkelgrünen Uniform und verfügte sich mit seinen Bad Rittershuder Nachrichten wieder zur Tür. „Ich bitte um Entschuldigung, falls ich gestört haben sollte“, meinte er noch.
„Ganz im Gegenteil“, versicherte Andy, der mit seinen großen Händen gerade eine Krawatte knoten wollte und dabei Schwierigkeiten hatte. „So was wie dich kann man gar nicht oft genug sehen. Du bist nämlich ein selten höflicher Knabe.“
„Besten Dank“, meinte Fridolin ein wenig verlegen und verschwand.
„Na, wie hab’ ich das gemacht?“ fragte der ehemalige Berufsboxer, als sie wieder allein waren.
„Ja, du entwickelst dich“, grinste das Babygesicht.
Zur selben Zeit verteilten sich im Prinz-Ludwig-Gymnasium die Schüler über die Korridore und die Klassenzimmer.
Der kleine Sputnik war noch schnell zu Herrn Fischer in die Turnhalle gespurtet und hatte ihm, ganz außer Atem, berichtet, was mit seiner Armbanduhr passiert war.
„Na, Sportsfreund, noch ganz schön dusselig für dein Alter“, hatte der junge Turnlehrer abschließend festgestellt. „Aber damit sind wir ja alle wieder aus dem Schneider, und das ist das Wichtigste.“
Inzwischen saß die 8 B im abgedunkelten Chemiesaal.
„Es ist möglich, daß die Feuchtigkeit im Raum den Versuch mißlingen läßt“, hatte Studienrat Utzerath am Anfang der Stunde gewarnt. „Aber selbst wenn der Beweis nicht gelingt, müßt ihr mir glauben, daß Wasserstoff brennt.“ Er hantierte eifrig an seinen komplizierten Apparaturen herum, beugte sich über Meßgeräte, drehte und schraubte mal hier und mal dort. „Also, aufgepaßt, ich erzeuge jetzt auf elektrolytischem Weg -“
„Entschuldigung, Herr Studienrat“, meldete sich Manuel Kohl, der schon eine ganze Weile seinen Arm in die Luft
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