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Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Titel: Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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drehte sich um, hörte, wie hinter ihm die Tür wieder leise geschlossen wurde, und wandelte ein Stück über den dicken Teppich durch den Korridor. Selbstverständlich hatte er in seinem Splendid wie vor jedem größeren beruflichen Wagnis wieder einmal eine halbe Stunde in der warmen Badewanne gelegen, anschließend eiskalt geduscht und sich frische Wäsche angezogen. Bis auf den rechten Socken mit dem Loch am großen Zeh allerdings. Dann hatte er sich sorgfältig den neugekauften Kinnbart ins Gesicht geklebt, Generaldirektor Dr. Glossners taubenblauen Einreiher angezogen und sich den gleichfalls neuerworbenen Hut in die Stirn gezogen. Es war höchst unwahrscheinlich, daß ihn jemand vom Hotelpersonal, mit dem er bei seinem ersten Besuch in Berührung gekommen war, wiedererkennen würde.
    Er drehte sich um, weil sich die Tür zu 605 in seinem Rücken neuerlich geöffnet hatte.
    Eine ältere Dame, die offensichtlich nicht erkannt werden wollte, huschte heraus und verschwand mit abgedrehtem Gesicht und schnellen Schritten in der Richtung zum Lift.
    „Der Meister erwartet Sie“, sagte der junge Mann mit der bronzefarbenen Haut. Er trug einen wunderbar geschnittenen dunklen Anzug, der an seiner schlanken Figur saß wie ein Handschuh. „Mein Name ist Mihir Sen, ich bin der Sekretär.“ An seinem linken Handgelenk blitzte ein dickes Goldarmband.
    Unser Mann aus dem Hotel Splendid erkannte die Bellevue-Suite kaum wieder.
    Die Gardinen waren dicht zugezogen, der süße Duft von Räucherstäbchen und eine ganz sanfte, exotisch klingende Musik erfüllten den Raum. Das einzige Licht kam von einer gläsernen Kugel, die doppelt so groß war wie ein Fußball. Sie drehte sich nur langsam, schillerte in allen möglichen Farben und warf Lichtflecke an die Wände, die durch den ganzen Raum wanderten.
    „Welcome“, sagte eine tiefe, ölige Stimme, als sich das Dutzendgesicht einigermaßen an die Dunkelheit gewöhnt hatte. „Nehmen Sie doch Platz.“
    Der große Kunwar Singh lehnte vorgebeugt dicht neben der flimmernden Glaskugel.
    Er hatte die Arme aufgestützt, und seine beinahe farblosen Augen hafteten, ohne sich zu bewegen, auf dem Gesicht seines Besuchers. Seine Handrücken waren behaart.
    Der Rosafarbene setzte sich auf der anderen Seite des Schreibtisches dem Meister gegenüber in einen bereitgestellten Sessel. Noch vor ein paar Minuten war er zwischen ganz alltäglichen Leuten über sonnendurchflutete Straßen geschlendert, und jetzt befand er sich — mir nichts, dir nichts — in einer völlig unerwarteten und geheimnisvollen Umgebung. Darauf war er nicht gefaßt gewesen. Erst nach einer ganzen Weile wagte er, sich in das weiche Polster zurückzulehnen.
    Aber dann wurde die geschickt inszenierte Verzauberung wie durch einen Windstoß weggeblasen.
    „Fünfhundert, wenn ich bitten darf 4 , sagte der bronzefarbene Sekretär in dem eleganten Anzug. „Wir pflegen das Honorar immer vor Beginn der Konsultation in Empfang zu nehmen.“
    Der massige und glattrasierte Meister blickte unverdrossen weiterhin in das Gesicht seines Besuchers. So banale Dinge wie Geld schienen ihn überhaupt nicht zu interessieren. In seiner indischen Kleidung aus schwerer weißer Seide hatte der Koloß mit den vollen Lippen und der fleischigen Nase tatsächlich das Aussehen eines Maharadschas vergangener Zeiten.
    „ Thank you , Sir“, bedankte sich sein aalglatter Sekretär, als ihm das Dutzendgesicht fünf blaue Scheine in die Hand geblättert hatte. „Ich lasse Sie jetzt mit dem Meister allein.“ An der Doppeltür zum Schlafzimmer drehte er sich noch einmal um. „Darf ich an die Pressekonferenz in einer halben Stunde erinnern?“
    Aber Kunwar Singh sah und hörte auch diesmal nichts.
    Er saß nach wie vor über den Schreibtisch gebeugt. Er hatte sich überhaupt noch nicht bewegt, seitdem sein Besucher in die Suite hereingekommen war. Und er hatte ihn auch noch keine Sekunde aus den Augen gelassen.
    „Was wollen Sie wissen, Vergangenheit oder Zukunft?“ fragte er jetzt.
    Imposante Figuren hatten den Rosafarbenen schon immer beeindruckt. Dicke Menschen füllen beinahe brutal ein ganzes Zimmer mit ihrer Erscheinung und beherrschen den Partner, bevor sie nur ein Wort gesprochen haben. Für einen kurzen Augenblick überlegte der Besucher mit dem falschen Kinnbart, daß die Lage für ihn peinlich werden könnte, falls dieser dicke Fettwanst tatsächlich so etwas wie ein Zweites Gesicht hätte.
    „Ach was, Humbug“, redete er sich ein, um

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