Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
Handschuhe zur Berufskleidung gehören. Er wurde Spezialist für Hoteleinbrüche. Und das mit voller Absicht in einer Zeit, als dieses Fachgebiet gerade mehr und mehr aus der Mode kam. Dem Nachwuchs fehlte es an der erforderlichen Geduld, an gediegener handwerklicher Ausbildung und an dem notwendigen weltmännischen Auftreten, das ohnehin nicht zu erlernen war. Man hat es, oder man hat es nicht. Herr Piepke hatte es.
Selbstverständlich brachten Villeneinbrüche oder Banküberfälle ungleich höhere Einnahmen. Aber dafür waren sie auch riskanter.
Versuchungen, gelegentlich auch einmal größere Dinger zu drehen, hatte es selbstverständlich immer wieder gegeben. Aber der sportliche Vierziger mit dem Dutzendgesicht war standhaft geblieben. Er fühlte sich in seiner Marktlücke rundherum wohl, machte alles allein und brauchte keine Komplizen, die unzuverlässig waren oder ihn bei Gelegenheit womöglich verpfiffen. Er war ein unauffälliger und zufriedener Einzelgänger, der weder die Gefahr noch seine Beute mit einem anderen Ganoven teilen wollte.
Und es war ja auch immer alles glattgegangen.
Bis auf diesen dämlichen Betriebsunfall im Kölner Dom-Hotel vor ein paar Jahren.
Er hatte schon morgens beim Aufstehen ein mulmiges Gefühl im Magen gehabt, und dann war es auch prompt passiert.
Er hatte bei jedem Einbruch immer wie ein Luchs darauf geachtet, daß alle fremden Hotelzimmer, die er besuchte, eine Zwei in ihrer Nummer hatten.
Ausgerechnet in diesem Fall fehlte seine Glückszahl an der Tür. Das hätte ihn warnen müssen. Aber er hatte sich an der Hotelbar mit drei doppelten Whiskys Mut angetrunken, eine unverzeihliche Nachlässigkeit, die ihm zuvor bei der Arbeit noch nie unterlaufen war. Aber es hatte sich eben von Anfang an um einen rabenschwarzen Tag gehandelt beziehungsweise um eine rabenschwarze Nacht.
Der weibliche Hotelgast war aufgewacht und hatte gellend aufgeschrieen, als er gerade einen federleichten Nerzmantel in einen Koffer stopfte, nachdem er bereits Schmuck und Bargeld in einer seiner besonders geräumigen Manteltaschen verstaut hatte. Das enorme Pech wollte es, daß ausgerechnet in diesem Augenblick ein Hausdetektiv im Korridor seine Runde machte, die Hilferufe hörte und im Handumdrehen reagierte.
Der Fall lag hinterher glasklar auf dem Richtertisch. Er war auf frischer Tat ertappt worden. So ziemlich das Schlimmste, was einem Ganoven mit Berufsehre passieren durfte. Und natürlich hatte die Polente noch in seinem Vorleben herumgeschnüffelt. Glücklicherweise ohne viel Erfolg, weil es Herr Piepke im Verschwindenlassen von Spuren inzwischen bis zur Olympiareife gebracht hatte.
„Ihr Schnitzel, mein Herr“, unterbrach der Kellner den Gedankenausflug seines Gastes. „Passen Sie auf, der Teller ist jetzt glühend heiß. Guten Appetit.“
„Besten Dank“, sagte der Mann mit der getönten Brille und griff nach dem Besteck.
Als er wegen guter Führung beinahe ein halbes Jahr früher entlassen worden war, hatte er sich vorgenommen, zuerst einmal sich ausgiebig zu erholen, um wieder seine alte Form zu erreichen. Das Gefängnis hatte ihn doch einigermaßen aus der Übung gebracht. Und er durfte nicht riskieren, ein zweites Mal geschnappt zu werden. Er wußte, daß er dann mit zehn bis fünfzehn Jahren rechnen mußte. Das hätte in seinem Alter soviel wie das Ende der Fahnenstange bedeutet.
In den Thermalquellen von Bad Rittershude und im Hotel zum Kurfürsten hatte er sich ganz ausgezeichnet erholt. Aber das war natürlich auch kein Zufall gewesen, denn vor dem kleinen Reisebüro, in dem er den Tip erhalten hatte, war ihm beim Hereinkommen ein Schornsteinfeger über den Weg gelaufen, und schließlich hatte man ihm bei seiner Ankunft im Hotel ohne sein Zutun das Zimmer 112 gegeben, also eine Nummer mit seiner Glückszahl.
Das Schnitzel war jetzt wirklich richtig temperiert. Es war butterweich, und auch die Beilagen gaben keinen Grund zur Klage. Vielleicht hätten die Erbsen weniger hart sein können.
Herr Bertram trank Mineralwasser. Es wäre ohnehin Verschwendung gewesen, im Speisewagen einen guten Wein zu bestellen, denn keine Blume dieses edlen Getränks kann fortwährende Erschütterungen überstehen.
Aber nach jener verfluchten Nacht in Köln hatte er sich sowieso geschworen, jede Art von Alkohol künftig zu meiden. Gleichzeitig hatte er mit dem Rauchen Schluß gemacht. Sein nicht ganz ungefährlicher Beruf verlangte jederzeit einen hellwachen und klaren Kopf.
Durch den ganzen
Weitere Kostenlose Bücher