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Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel

Titel: Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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nun doch ehrlich verwundert.
    „Sie sind von schlankem und kräftigem Körperbau, Ihre grünblauen Augen haben eine fast hypnotische Eindringlichkeit, und Ihre Stimme kann samtweich, aber auch bestimmt sein“, erklärte Dr. Glossner . „Auch die Form der Ohren spricht für einen Skorpion. Im Zweifelsfall könnten Sie am ehesten noch Steinbock sein.“
    Während er sprach, hatte der Mann mit dem Marzipangesicht seinen Nachbarn genauer aufs Korn genommen. Dessen seidenes Hemd war maßgeschneidert, und auch seinen nachtblauen Sommeranzug hatte er bestimmt nicht von der Stange gekauft. Wie er lässig so in seiner Ecke lehnte, hätte er aus jedem Modejournal herausgeklettert sein können.
    „Vermutlich waren Sie gar nicht auf einem Spaziergang durch den Zug, sondern im Speisewagen?“ setzte Dr. Glossner seine Fragen fort. „Aus der Brusttasche Ihres Jacketts guckt eine klitzekleine Ecke jenes Papiers, das die Bundesbahn für ihre Speisequittungen verwendet.“
    „An Ihnen ist ein Sherlock Holmes verlorengegangen“, äußerte sich der Reisende auf dem Fensterplatz ein wenig süßsauer. „Wenn man Ihnen gegenübersitzt, hat man allmählich den Eindruck, daß man pausenlos fotografiert wird.“
    „Besten Dank für das Kompliment“, erwiderte Dr. Glossner . Er lachte jetzt hell und gackernd, richtig wie ein Huhn.
    Als der Intercity eine halbe Stunde später langsamer wurde und in einem Bahnhof zum Stehen kam, hatte der spaßige Generaldirektor gerade erzählt, wie er in seiner Firma gestern einen höheren Angestellten in Erstaunen versetzt hatte.
    „Ich fragte ihn, weshalb er sich Sorgen machen würde, als er in mein Büro hereinkam, und er war ganz perplex, weil ich ihm das auf den Kopf zugesagt hatte. ,Woher wissen Sie, daß ich mir Sorgen mache?’ fragte er jetzt seinerseits.“
    „Und woher haben Sie es wirklich gewußt?“
    „Der Mann hatte fünfmal angeklopft“, antwortete Dr. Glossner . „Sorgenfreie Menschen begnügen sich höchstens mit zweimal. Das ist eine alte Erfahrung.“
    „Sehr interessant“, war alles, was dem früheren Herrn Piepke daraufhin einfiel.
    Als der Zug wieder anruckte, rieb sich der Generaldirektor die Hände. „Fein, wir bleiben unter uns“, freute er sich. Die wenigen Reisenden, die neu zugestiegen waren, hatten sich auf die übrigen Wagen verteilt.
    „Eigentlich sollte ich noch einen Happen essen“, überlegte der elegante Chemiefritze, als der Zug wieder einmal in einen Tunnel hineinfuhr. „Wenn ich in München ankomme, bleibt mir bis zum Weiterflug nach Hamburg lediglich eine Stunde, und selbst ein schnelles Taxi braucht mindestens dreißig Minuten bis zum Flughafen. Übrigens, wo wohnen Sie, wenn Sie mal an die Alster kommen?“
    „Ich hatte bisher nur selten im Norden zu tun“, wich Herr Bertram aus. „Aber das kann sich ja in Zukunft ändern.“
    „Jedenfalls muß ich Ihnen in Hamburg das Hotel Atlantic empfehlen“, schwärmte der Generaldirektor. „Sie werden zufrieden sein und mehr als das.“
    „Besten Dank für den Tip“, erwiderte der Mann mit der getönten Brille.
    Daß er im Hotel Atlantic jeden Personallift, jeden Notausgang und sogar die Feuertreppen kannte, brauchte er seinem Reisebegleiter ja nicht auf die Nase zu binden.
    Generaldirektor Dr. Glossner blickte auf seine goldene Armbanduhr und stand auf. „Würden Sie jetzt Ihrerseits die Freundlichkeit haben, meine Sachen im Auge zu behalten, während ich im Speisewagen sitze? Wir haben noch eine gute Stunde bis München, und ich werde rechtzeitig zurück sein.“
    „Lassen Sie sich Zeit — und guten Appetit“, wünschte Herr Bertram.
    Als er die Schiebetüre schon aufgezogen hatte, drehte sich Dr. Glossner noch einmal um und fragte überraschend: „War übrigens das Zimmer 112, in dem Sie genächtigt haben, ruhig und angenehm?“
    „Wie bitte?“ fragte der Rosafarbene tonlos. Er saß wie vom Donner gerührt plötzlich stocksteif in seiner Ecke.
    „Sie haben gestern abend bestimmt im Hotel Ihre Schuhe zum Putzen vor die Tür gestellt“, erklärte der Generaldirektor. „Und der Hausdiener hat Ihre Zimmernummer mit Kreide auf die Schuhsohlen geschrieben.“
    Herr Bertram brauchte noch einen Augenblick, bis er sich wieder gefaßt hatte. Dann winkelte er seine Füße nach innen und konnte auf den Schuhsohlen tatsächlich die Kreidezahlen lesen. Sie waren schon einigermaßen verwischt und standen aus seiner Sicht auf dem Kopf.
    „Einhundertundzwölf“, wiederholte der Generaldirektor

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