Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
Bissegger, „war der Sohn des Lagos und übernahm nach Alexander dem Großen Ägypten als Satrapie.“ Das Gesicht des jungen Referendars war durch das Licht der Glühbirne jetzt fast so weiß wie das Papier der vielen aufgeschlagenen Bücher auf seinem Schreibtisch.
„Sie haben sich durchaus richtig erinnert“, meinte Hans Pigge. „Ich bin wunschlos zufrieden.“
Zum Kofferpacken brauchten die Glorreichen Sieben die wenigste Zeit. Schließlich sollte die Reise nur etwas länger als zwei Tage dauern, und Berlin lag ja nicht am Nordpol.
Frau Elfriede Breitschuh hatte hinter dem Rücken des Referendars dessen besten Anzug aus dunkelgrauem Flanell noch zur Reinigung gegeben, aus seinen Oberhemdkragen sorgfältig die kleinsten Falten herausgebügelt und ihm eine neue Krawatte besorgt, deren Kauf sie aber für sich behielt. Sie sollte für den Kandidaten in Berlin eine bescheidene Überraschung sein, wenn er seine Sachen aus dem Koffer nehmen würde, den sie erst am Dienstag im allerletzten Moment für ihn zusammenpackte.
„Damit das Zeug möglichst nur kurze Zeit gedrückt wird“, meinte die Pensionsinhaberin. „Was sollen die Leute von mir denken, wenn Sie beim Fernsehen mit einer Ziehharmonikahose und einem zerknautschten Jackett auftreten?“
Kurz bevor der Zug nach Nürnberg einlief, mußten sich, zusammen mit Herrn Kubatz und vor allem natürlich mit Herrn Bissegger, die Glorreichen Sieben im Kreise ihrer Eltern, die selbstverständlich trotz der frühen Stunde mitgekommen waren, wie eine Fußballmannschaft nebeneinander postieren. Die vordere Reihe ging in die Hocke, damit die anderen genauso deutlich zu sehen waren. Der junge Pressefotograf der Bad Rittershuder Nachrichten verknipste wieder einmal einen ganzen Film, hüpfte mit seinem Apparat von einer Seite zur anderen und legte sich am Ende sogar mit seiner hellen Cordhose auf den Bauch, damit er über den Köpfen auch noch das Bahnhofsschild von Bad Rittershude mit ins Bild bekam.
Als dann der Zug einlief, der die Bürger der Stadt ja schon seit langem ärgerte, weil er auf ihrem Bahnhof nur knapp drei Minuten Station machte, mußte sich die Reisegesellschaft mit dem Einsteigen, mit ihrem Gepäck und mit dem Abschiednehmen höllisch beeilen. Der dickliche Sputnik schlug gerade die Wagentür zu, da setzte sich die Lokomotive auch schon wieder in Bewegung. Redakteur Hildesheimer und der junge Fotograf riefen noch „viel Erfolg!“, während die zurückbleibenden Eltern eine gute Reise und Glück wünschten. Für die Bad Rittershuder Expedition, die aus den offenen Fenstern zurückwinkte, wurden die Taschentücher auf dem Bahnsteig immer kleiner, bis sie dann in der Kurve hinter dem Bahnhof eines nach dem anderen völlig verschwanden.
In Nürnberg ging es mit dem Omnibus zum Flughafen, und auf die Minute genau kletterten die Glorreichen Sieben, angeführt von Chefredakteur Kubatz und Herrn Bissegger, über die Gangway in die Maschine.
„Eine Boeing 727“, stellte Sputnik fest. „Macht ihre tausend Sachen in der Stunde, wenn der Kapitän volle Pulle fliegt.“
Als die Maschine später dann vor dem Start auf Touren kam, zitterte das mächtige Flugzeug wie der kastanienbraune Setter Peter, wenn er ungeduldig wartete, bis in der Pension Flora die Tür aufging und er in die frische Morgenluft hinausdurfte.
Übrigens hatte Frau Breitschuh Herrn Bissegger versprechen müssen, sich für die Dauer der Reise genauso gut um ihn zu kümmern wie um ihren Kakadu.
Zur selben Zeit, als die Boeing butterweich vom Boden abhob, wurde in Bad Rittershude der Polizeimeister Kalender zuerst durch einen telefonischen Anruf und dann durch ein Klopfen an seiner Bürotür beim Lösen eines Kreuzworträtsels gestört.
Der Anruf kam aus einem Funkstreifenwagen, und eine Stimme berichtete sachlich: „Wir haben soeben den roten Leihwagen dieses getürmten Hotelgastes Martin Piepke entdeckt.“
Herr Kalender sprang von seinem Stuhl auf. „Wo?“
„Ganz hinten an der Mauer auf dem Parkplatz am Bahnhof.“
„Steht also tagelang direkt vor unserer Nase, und wir riechen ihn nicht. Schöner Saftladen!“ Er setzte sich wieder. „Nichts anfassen, bis die Spurensicherung kommt.“ Er warf den Hörer auf den Apparat zurück und brüllte: „Nielsen!“
In diesem Moment klopfte es zaghaft an die Tür seines Dienstzimmers. Und weil der Polizeimeister mit seiner Brüllerei gerade so schön in Schwung war, blieb er vorerst einmal dabei und rief lautstark: „Herein, zum
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