Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
dann ließen sie sich anstecken und platzten gleichfalls los. Selbst der kastanienbraune Setter sprang auf und bellte ein paarmal hintereinander.
„Ruhe, Peter, auf deinen Platz!“ rief Herr Bissegger schließlich, als sich das allgemeine Gelächter wieder abkühlte. Der Hund bellte noch einmal, dann legte er sich in der äußersten Ecke des Zimmers auf einen Teppich, der wie eine echte Perserbrücke aussah, in Wirklichkeit aber vom Sommerschlußverkauf eines Warenhauses stammte. Der Setter gähnte gelangweilt und legte hinterher seine Schnauze platt auf den Boden.
„Ihr seid doch die schrägsten Tassen, die mir je begegnet sind. Ihr wollt ja nur den Spieß herumdrehen“, bemerkte Herr Bissegger verschmitzt. „Ich soll euer Schüler sein, und ihr möchtet Lehrer spielen.“
„Jetzt verstehen Sie uns aber miß“, protestierte Karlchen Kubatz ein wenig gekränkt.
„Aber euer Vorschlag leuchtet mir irgendwie ein“, fuhr der Referendar fort. Er rieb sich seine schlanken Hände und überlegte weiter. „Ich bin einverstanden“, erklärte er nach einer Weile. Er griff ziemlich wahllos nach den Büchern, die wie Fallobst auf seinem Schreibtisch durcheinanderlagen, und verteilte sie unter die Jungen. „Probieren wir’s also und fangen an.“
Die Glorreichen Sieben beschäftigten sich mit den dicken und weniger dicken Schmökern, blätterten in ihnen herum und versuchten, sich zurechtzufinden.
„Sieht ja ganz schön chinesisch aus“, murmelte Manuel Kohl, ohne den Kopf zu heben.
„Ägyptisch“, korrigierte Herr Bissegger nachsichtig.
Kurz darauf platzte Emil Langhans mit seiner ersten Frage heraus. Er war mit seiner dunklen Hornbrille dabei ganz dicht über einer aufgeschlagenen Buchseite und bemühte sich darum, fehlerfrei zu lesen.
„Was sagt Ihnen das Wort , Senet ‘ , Herr Kandidat?“
„Also , , Senet ‘ oder ,Hund und Schakal' sind jahrtausendalte Brettspiele, mit denen sich Tutanchamun die Zeit vertrieben hat.“
„Ausgezeichnet“, bemerkte der langaufgeschossene Junge.
„Was hat den Angriff des Königs Suppiluliuma auf Syrien ausgelöst?“ wollte Paul Nachtigall wissen.
„Die Ermordung eines hethitischen Prinzen“, antwortete Herr Bissegger, ohne zu überlegen, „ Suppiluliuma hat die ägyptische Herrschaft in Syrien zerschlagen.“
„Wer war Renenutet ?“ erkundigte sich der dickliche Sputnik. Er schlug wieder einmal die Beine übereinander und lehnte sich neugierig zurück.
„Göttin der Landwirtschaft in Schlangengestalt.“
„Nichts einzuwenden“, bemerkte Sputnik wohlwollend.
„Wer war Kagemni ?“
„ Vezir unter König Teti , und er ist in Sakkara begraben worden.“
Zwischendurch klopfte leider ein paarmal Frau Breitschuh zaghaft an die Tür und rief Herrn Bissegger ans Telefon, obgleich er darum gebeten hatte, ihn keinesfalls zu stören.
„Sie läßt sich beim besten Willen nicht abwimmeln“, entschuldigte sich die Pensionsinhaberin. „Ihre Mutter aus Köln, meine ich.“
Als der junge Referendar wieder ins Zimmer zurückkam, grinste er und meinte aufgekratzt: „Ich sollte es euch erzählen, glaube ich.“ Er ließ sich hinter seinem Schreibtisch in den Sessel fallen. „Also, meine Mutter ist ganz durcheinander, sie kann die Sendung kaum erwarten. Sie hat die gesamte Nachbarschaft vor ihren Fernseher eingeladen, will kurz vorher noch zum Friseur und hat sich zur Feier des Tages ein neues Kleid gekauft. Aber machen wir weiter.“
„Wer hat den Gott Amun zu stürzen gewagt?“ meldete sich Fritz Treutlein zu Wort.
„ Amenophis IV. in seinem fünften Regierungsjahr.“
„Und wen hat er als neue Gottheit proklamiert?“
„Die sichtbare Sonnenscheibe.“
„Was versteht man unter Abaton?“
„Abaton war das Osirisheiligtum auf der Insel Bige , südlich von Assuan.“
Als Frau Elfriede Breitschuh jetzt schon wieder ihren Kopf zur Tür hereinschob, flüsterte sie unwillkürlich. Die Bad Rittershuder Nachrichten seien diesmal in der Leitung. „Aber Chefredakteur Kubatz läßt ausdrücklich sagen, daß es genügt, wenn sein Sohn an den Apparat kommt, und daß er Sie, Herr Bissegger, in Ruhe lassen möchte.“
Im Salon der Pensionsinhaberin saß wieder einmal der Kakadu namens Alexander auf der Gardinenstange dicht unter der Decke und krächzte.
„Ja, hier bin ich“, meldete sich Karlchen Kubatz, als er den Hörer aufgenommen hatte. Er mußte warten, weil sein Vater inzwischen durch ein anderes Gespräch überrascht worden war.
„Wieso haben
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