Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
Glorreichen Sieben links und rechts von ihm sagten kein Wort. Sie standen alle unter einer offenen Tür und auf der Schwelle zu einem sehr großen Raum.
Die berühmteste Plastik der Welt thronte in der Mitte des Raumes ganz allein auf einem Podest unter einer gläsernen Vitrine. Ihre Farben kamen vor dem fast weißen Vorhang im Hintergrund besonders zur Wirkung.
Herr Bissegger ging langsam und nur Schritt um Schritt auf die Büste zu. Die Jungen folgten ihm zögernd und mit einigem Abstand.
„Königin Nofretete“, bemerkte der junge Referendar leise. „Mehr als dreitausend Jahre alt.“
„Sieht man ihr überhaupt nicht an“, stellte Karlchen Kubatz fest. Aber damit hatte es sich. Keiner wagte mehr, nur ein einziges Wort zu sagen. Aber das bewirkte weniger die königliche Dame aus Kalkstein. Vielmehr war daran Herr Bissegger schuld, der alles um sich herum vergessen hatte und selig lächelnd in die Glasvitrine blickte.
Chefredakteur Kubatz saß zur selben Zeit in seine Pfeifenrauchwolken eingenebelt dem Chefredakteur der BZ gegenüber, der seinerseits schwarze Zigarren bevorzugte.
„Die Geschichte kam in dieser Sauregurkenzeit goldrichtig“, versicherte Dr. Plaschke jetzt schon zum drittenmal . „Und diese sieben Knaben scheinen ja wirklich ergiebig zu sein. Darf ich Ihnen noch eine Tasse Kaffee nachgießen?“
Inzwischen war im Ägyptischen Museum bereits eine gute Viertelstunde vergangen, und Herr Bissegger stand immer noch wortlos und regungslos vor dem viereckigen Glaskasten mit der weltberühmten Dame aus dem alten Ägypten.
Die Glorreichen Sieben traten schon seit einer ganzen Weile vorsichtig von einem Fuß auf den anderen. Selbstverständlich hatten auch sie die schöne Königin anfänglich mit ehrlicher Verwunderung angestaunt. Aber allmählich machte ein Gefühl von Langeweile der anfänglichen Begeisterung Platz.
Klar, es ist schon ein enormes Ding, dachte Karlchen Kubatz im stillen, daß man sie erst so spät ausgegraben hat und daß die Farben sich so prima erhalten haben. Bis auf das linke Auge. Da muß irgendwas passiert sein. Wäre ja auch ein Wunder, wenn’s nicht so wäre. Übrigens, die Ohren haben die Jahrtausende auch nicht ganz fehlerfrei überstanden. Er machte einen vorsichtigen Schritt nach rückwärts, dann einen zweiten und einen dritten. Die anderen folgten ihm genauso leise. Herr Bissegger bemerkte es nicht.
„Gucken wir uns um, was es sonst noch zu sehen gibt“, flüsterte Emil Langhans, obgleich sie schon so weit weg waren, daß der junge Referendar sie kaum mehr hören konnte. Aber wie sie beobachten konnten, redeten hier sämtliche Besucher nur halblaut und zudem in allen erdenklichen Sprachen.
An den Wänden und unter Glaskästen entdeckten die Jungen aus Bad Rittershude in verschiedenen Räumen farbige Reliefplatten, die eine Nilpferdjagd zeigten. Tongefäße mit den Bildern von bösen Bergdämonen, mumienförmige Sarkophagdeckel aus Granit, Zepter mit den dazu passenden Plastiken von Königen mit Löckchenperücke und Schlangendiadem, Rollsiegel, Brettspiele, Holzstatuetten von Beamten, Gutsverwaltern oder Priestern, kurzgeschoren mit Hieroglyphensäulen darunter, die über ihre Titel und Namen Auskunft gaben. Sogar Kaufverträge und Quittungen über Geldzahlungen gab es zu besichtigen.
Erst vor dem Kalabsha -Tor, das bis unter die Decke ging, und einst südlich von Assuan in einen Tempel geführt hatte, tauchte Herr Bissegger wieder auf.
„Es ist einfach nicht zu glauben, was hier alles zusammengetragen ist“, bemerkte er in dem allgemeinen Flüsterton. „Natürlich habe ich schon eine ganze Menge über diese Sammlung gelesen. Aber die Wirklichkeit kann man sich eben doch nur sehr mangelhaft vorstellen.“
„Dieser Besuch hilft Ihnen wahrscheinlich viel mehr, als wenn wir ein paar Stunden lang aus Ihren Büchern Fragen gestellt hätten?“ meinte Paul Nachtigall.
„Viel mehr“, erwiderte der junge Referendar, und es klang so, als ob er sich entschuldigen wollte. „Im Augenblick jedenfalls“, fügte er schnell hinzu.
„Leuchtet mir ein“, meinte Emil Langhans. „Ganz abgesehen davon müßten diese Fernsehleute vom Affen gebissen sein, wenn sie nicht Fragen stellen würden, die etwas mit diesem Museum zu tun haben. Wer hat schon die echte Nofretete dicht vor der Nase sitzen?“
Als gleich darauf Chefredakteur Kubatz zusammen mit Herrn Kaminski von der BZ und der Fotografin Barbara aufkreuzten, mahnte eine leise Lautsprecherstimme die Gäste,
Weitere Kostenlose Bücher