Die Glücksparade
nach Hunden, dass mir schwindlig wurde. Ich merkte, wie ich zu schwanken anfing, und sagte, ich müsse wieder an die frische Luft. Draußen setzte ich mich auf einen Holzklotz. Über mir, unter dem Rand des Scheunendachs, hingen graue Schwalbennester, und vor meinem Gesicht tanzten kleine Fliegen in der Sonne.
Am Ende kaufte mein Vater einen sieben Monate alten Schäferhundrüden. Seine Schnauze war noch nicht völlig spitz wie bei den meisten anderen Hunden, sondern dick und schwarz, fast glänzend, genau wie seine Augen. Der Züchter brachte ihn nach draußen, nahm seinen Kopf zwischen die Knie und zog seine Kiefer auseinander, um uns das Gebiss zu zeigen.
«Aus einem Wurf vom letzten Herbst», sagte er.
«Gut», sagte mein Vater. Er hielt sich die Hand an die Stirn, um seine Augen gegen das Sonnenlicht abzuschirmen. «Gefällt er dir?»
«Ja», sagte ich. «Er hat ein schönes Fell.»
Die beiden vereinbarten, dass wir den Hund Ende der Woche abholen würden, und wir fuhren ab.
Meiner Mutter gefiel der Name nicht. «
Heimdall
, was soll das?», fragte sie.
«Das ist irgendwas Altdeutsches», sagte mein Vater. «Bei diesem Typ kaufen sonst nur Nazis, die mögen das.»
Ich half ihm, den Hundezwinger zusammenzubauen. Er sollte neben dem Garten stehen, von dem nicht mehr viel zu sehen war. Seit der Regen die Pflanzen aus der Erde gewaschen hatte, verkrautete das Beet, und der Zwinger, eine Art Hütte mit flachem Dach und verschließbarer Tür aus enggesetzten Metallstäben, ragte in dieses Unkraut hinein. Als wir fertig waren, aßen wir zu Abend. Mein Vater wirkte abwesend. Er hatte während des Essens kaum aufgesehen, wischte sich jetzt den Mund ausgiebig mit einem Stück Küchenpapier ab, das er zu einem Dreieck gefaltet hatte und zuletzt in seinen leeren Teller legte.
«Wir brauchen mehr Gäste auf dem Platz. Die Auslastung ist nicht gut», sagte er. Ich solle mitkommen in sein Büro. Er müsse mir etwas zeigen.
Der Tisch, auf dem der Computerbildschirm stand, war übersät mit Papieren, alten Zeitungen, Schraubenziehern verschiedener Größe, und in einer Ecke standen leere Plastikflaschen zu einem Pulk zusammengerückt.
«Kram, überall Kram», sagte mein Vater. Er sackte auf seinen Drehstuhl und zog unter dem Schreibtisch einen Trethocker hervor, schwang ihn durch die Luft und ließ ihn ein Stück neben seinem Stuhl auf den Boden knallen. Ich setzte mich und sah ihn an.
«Die Nachbarn, die hocken das ganze Jahr in ihren Kisten und kochen in ihrem eigenen Sud. Aber die bringen nicht genug. Es müssen mehr Urlauber her, die Geld bezahlen. Der ganze Betrieb ist ziemlich auf den Hund gekommen. Ich hab das selbst erst kapiert, als wir hier waren.»
Er lehnte sich zurück. Ich schaute auf das Durcheinander aus Papieren und auf meine krummgetretenen Turnschuhe, und ich merkte, dass ich das, was jetzt kommen würde, am liebsten nicht hören wollte. Je länger die Stille anhielt, desto stärker wurde das Gefühl, und ich musste wieder an vieles denken, was mit alldem, wovon mein Vater sprach, nicht das Geringste zu tun hatte. Das blieb so, während er mir erklärte, dass er sich vorgenommen hatte, dem Platz so etwas wie ein neues Gesicht zu geben. Der Plan für diesen Sommer war, die Besucherzahl auf der vom letzten Jahr zu halten und sie im nächsten Jahr leicht zu steigern. Das sei eine Auflage vom Verband.
«Wir flicken praktisch den Ast, auf dem wir sitzen», sagte er.
Ich nickte. Er sollte nicht glauben, dass mir das egal war, doch gleichzeitig wollte ich nicht Teil all dessen sein. Schon ein paarmal hatte mein Vater Witze darüber gemacht, dass es viel billiger wäre, am anderen Ende der Welt Urlaub zu machen, weil die Preise für Flüge immer weiter sanken, und dass die Zeiten nicht günstig waren für Camper. Aber was mich eigentlich durcheinanderbrachte, war etwas anderes. Es lag daran, wie er jetzt mit mir darüber sprach. Ohne irgendein Wort, das alles besser machte, wie es sonst seine Art war.
Mein Vater zog ein gefaltetes Blatt hervor, einen Entwurf für einen Text, sagte er, fürs Internet und für irgendwelche Broschüren. Er fragte, ob ich ihn mir allein anschauen wolle oder ob er ihn vorlesen solle. Ich wollte weder das eine noch das andere, aber ich sagte nichts, sondern saß nur da und wartete. Am liebsten wäre ich aufgestanden und gegangen.
«Ich lese vor, und du sagst mir, ob du meinst, dass sich das gut anhört», entschied er und faltete das Blatt auseinander.
Ferienanlage Aue
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