Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)
zu Baum und wieder zurück.
»Der Streit zwischen Mutter Oberin und Frau Schürmann«, stammelte sie, und rote Flecken bildeten sich auf ihren Wangenknochen, »das wissen Sie doch sicher schon, ich bin doch nicht die Erste, ich meine, das kann doch nicht sein, da waren doch so viele …«
Schwester Philippa verstummte mit einem unglücklichen Gesichtsausdruck.
»Der Streit hatte doch bestimmt keine Bedeutung«, sagte Baum beruhigend, »das war doch nichts Besonderes.«
»Natürlich nicht«, fiel Schwester Philippa erleichtert ein, »das habe ich auch gleich zu Schwester Adelgund gesagt. Das hat sich schlimm angehört, aber das war bestimmt nur was ganz Harmloses.«
Grieser nickte ihr aufmunternd zu.
Nervös zupfte Schwester Philippa an den Ärmeln ihres Habits. »Ich weiß nichts darüber«, sagte sie. Ihre Stimme bekam einen schrillen Unterton. Die roten Flecken hatten sich inzwischen über ihr ganzes Gesicht ausgebreitet. »Ich weiß gar nichts darüber. Sie haben gestritten, aber dann war alles wieder gut.« Erschöpft sank sie auf ihrem Stuhl zusammen.
»Wann war …«, Baum zögerte, »… diese kleine unbedeutende Auseinandersetzung?«
»Zwei Wochen vor der Weihe«, flüsterte Schwester Philippa, »kurz nachdem Schwester Lioba vom Konvent zur neuen Äbtissin erwählt worden war.«
»Wo haben Sie die beiden gesehen?«, fragte Grieser.
»Ich habe sie nur gehört«, erwiderte Schwester Philippa.
»Wo?«, fragte Grieser.
»Ich stand auf dem Klosterhof. Da habe ich sie gehört – Miriam Schürmann …« Sie zögerte, brach schließlich ab und biss sich auf die Lippen.
»Ja?«, setzte Baum nach.
»Also eigentlich habe ich nur ihre Stimme gehört«, sprach Schwester Philippa schließlich weiter. »Sie hat fast geschrien, die ehrwürdige Mutter habe ich nicht gehört.«
»Warum denken Sie dann, dass Miriam Schürmann mit ihr gesprochen hat?«
»Die Stimme kam aus dem Bürofenster der Mutter Oberin«, flüsterte Schwester Philippa.
»Haben Sie gehört, worum es ging?«, fragte Baum. »Einen Satz vielleicht oder auch nur ein Wort?«
Schwester Philippa schüttelte stumm den Kopf. Baum warf Grieser einen fragenden Blick zu. Er zuckte mit den Achseln.
»Vielen Dank, Schwester Philippa«, sagte Sabine Baum. Ihre Stimme klang mitfühlend. »Sie können jetzt gehen. Sie haben uns sehr geholfen.«
Schwester Philippa zuckte zusammen, als sei sie geschlagen worden. Hastig erhob sie sich und rannte fast aus dem Gäste-Refektorium.
»Den Streit zwischen Schwester Lioba und ihrer ehemaligen Schulkameradin haben bestimmt auch noch andere bemerkt«, sagte Grieser.
»Bisher hat noch keine der Schwestern etwas davon erwähnt«, erwiderte Baum.
»Wir sollten alle noch einmal darauf ansprechen«, sagte Grieser.
Sabine Baum stöhnte. Doch sie nickte und zog die Liste zu sich her und machte sich einen Vermerk, mit welchen der Schwestern sie noch einmal sprechen mussten. Dann erhob sie sich, um die nächste Ordensschwester ins Refektorium zu bitten.
Nach der Vernehmung der elften Ordensfrau fragte sich Grieser, ob es wirklich eine gute Entscheidung war, die Befragungenselber durchzuführen. Im Moment schien es ihm eine reine Zeitverschwendung zu sein. Keine der Schwestern hatte etwas gehört, keine was gesehen. Direkt nach dem Streit der Äbtissin gefragt, gaben immerhin zwei weitere Schwestern zu, etwas mitbekommen zu haben. Doch keine wusste, worum es dabei gegangen war.
»Die Befragungen haben nicht viel gebracht«, sagte er zweifelnd, als Schwester Gisela, die Buchhalterin des Klosters, die Tür des Gäste-Refektoriums hinter sich schloss.
Sabine Baum zuckte die Achseln.
»Mal sehen, noch sind wir nicht durch«, sagte sie und bat die nächste Ordensfrau herein.
»Mach du hier weiter, ich frag mal bei den Kollegen nach, was sie in der Wohnung der Ermordeten vorgefunden haben«, sagte er.
Baum nickte. Grieser ging zur Tür, wo ihm eine junge Ordensfrau entgegenkam, die angespannt und ängstlich wirkte.
Grieser ging in den Klosterhof und atmete tief die kalte Luft ein. Die Nacht war kurz gewesen, aber ansonsten das Beste, was ihm seit langem passiert war. Doch inzwischen war ihm klar, dass Paul seine Gefühle nicht erwiderte. Er hatte Spaß am Sex und verbrachte die Zeit gern mit ihm, dessen war Grieser sicher. Aber es schien auch nicht mehr zu sein. Unzufrieden griff er nach seinem Handy. Es war keine SMS von Paul gekommen. Aber er hatte jedoch nicht ernsthaft damit gerechnet. Was sollte Paul ihm auch
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