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Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Huesmann
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nickte. Sie zahlten ihre Zeche und erhoben sich. Emma griff nach ihrem Mantel. Die Nachtluft war kalt und trug den Geruch von nasser Erde mit sich.
    »Wie wäre es mit dem Garten?«, fragte Emma und deutete zum Klostergarten auf der anderen Straßenseite.
    Ein nachdenklicher Blick Hertls streifte ihr Gesicht. Dann willigte er ein. Sie überquerten die Straße und bogen in die schmalen Kieswege des Klostergartens.
    »Kennen Sie dieses Bild?«, fragte Emma. Sie holte ihr Handy aus der Tasche und zeigte ihm das Foto, das sie in Miriam Schürmanns Büro gemacht hatte. Hertl nickte. Emma steckte das Handy wieder ein und stopfte beide Hände in die Taschen ihres Trenchcoats, der für die kalte Abendluft nicht warm genug war. Sie sah zu Hertl, der noch immer schwieg. Motorengeräusch wehte von der Straße bis zu ihnen, dann wurde es wieder ruhig. Der Kies knirschte unter ihren Schritten. Emma kämpfte gegen den Impuls, die Stille mit einem leicht dahin geworfenen Satz zu unterbrechen. Sie hörte, wie Hertl tief durchatmete. Rasch wandte sie den Kopf. Er rieb sich das Gesicht und warf schließlich den Kopf in den Nacken.
    »Dieses Bild zeigt Abaelard und Heloise. Abaelard war ein französischer Philosoph und wurde Anfang des 12. Jahrhundertszum Hauslehrer von Heloise, einer begabten jungen Frau aus gutem Hause. Abaelard begann ein Verhältnis mit seiner Schülerin. Ihr Onkel und Beschützer, ein Kleriker, bemerkte es erst, als sie schwanger wurde. Abaelard wollte sie heimlich heiraten, doch Heloise war dagegen, weil sie um seinen Ruf als Gelehrten fürchtete. Als ihr Onkel sie unter Druck setzte, wurde Heloise auf Anordnung Abaelards ins Kloster gebracht. Ihr Onkel ließ daraufhin Abaelard überfallen und kastrieren. Heloise wurde später zu einer starken Äbtissin, die keinen männlichen geistlichen Vorgesetzten über sich duldete. Sie war für Hildegard von Bingen das Vorbild einer starken, erfolgreichen Klosterleiterin.«
    Emma kniff die Augen zusammen.
    »Wussten Sie, dass Pater Benedikt kastriert war?«, fragte er unvermittelt.
    »Ja, davon habe ich gehört«, erwiderte Emma gedehnt.
    »Das hat er machen lassen, kurz nachdem er die verschollene Handschrift gefunden hatte«, fuhr Hertl fort. »Er machte in der Abtei Königsmünster in Meschede Urlaub und hat die Gelegenheit genutzt, einige ehemalige Studienkollegen zu besuchen. Einer von ihnen lebte in einem uralten Pfarrhaus in der Nähe von Holzminden. Dort fand er in der Pfarrbibliothek einige alte Schriften, wahrscheinlich aus den Beständen der Bibliothek des Klosters Corvey. Dabei ist ihm die Handschrift in die Hände gefallen. Eigentlich hätte er den Fund melden müssen, aber er hatte auf einmal Sorge, dass die Schrift dann ganz verschwinden würde. Also hat er sie mitgenommen und beschloss, sie zu übersetzen, bevor er sie abgab.«
    »Hat Pater Benedikt erzählt, warum er sich hat kastrieren lassen?«, fragte Emma. Der Nachtwind strich über ihr Gesicht. Fröstelnd zog sie die Schultern hoch.
    »Nein«, erwiderte Hertl. Dann blieb er stehen und starrtehinunter auf den Fluss, wo schwankende Lichter träge in die eine oder andere Richtung drifteten. Emma trat neben ihn und musterte ihn von der Seite. Auf einmal war die Ausgelassenheit, die er noch vor kurzem ausgestrahlt hatte, verschwunden. Sein Gesicht wirkte finster und angespannt.
    »Die Kastration hatte bereits im Mittelalter eine lange Tradition«, sagte er.
    Emma nickte. Er wandte den Kopf, erwiderte ihren Blick und verzog den Mund zu einem gequälten Lächeln.
    »Der frühchristliche Theologe Origenes soll sich selbst entmannt haben«, sprach Hertl weiter. »Das war seine Interpretation einer umstrittenen Bibelstelle, Matthäus 19,12: Denn es gibt Verschnittene, die von Mutterleib so geboren sind; und es gibt Verschnittene, die von den Menschen verschnitten worden sind; und es gibt Verschnittene, die sich selbst verschnitten haben um des Reiches der Himmel willen. Wer es fassen kann, der fasse es.«
    Ein feiner Nieselregen setzte ein. Emma hob den Kopf und blickte zum Himmel, wo im Licht des Vollmonds schwarze Wolken zu sehen waren.
    »Auf diese Bibelstelle bezieht sich zum Beispiel das Buch der Theologin Uta Ranke-Heinemann mit dem Titel ›Eunuchen für das Himmelreich‹«, fuhr Hertl fort. »Darin setzt sie sich mit der Sexualmoral in der Geschichte des römischen Katholizismus auseinander und übt massive Kritik.«
    »Hm«, brummte Emma nachdenklich. Sie warf Hertl einen Blick zu, der den Regen nicht

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