Die Goblins 01 - Die Goblins
Sichel gebogen; der Griff bestand aus einem schwarzen Knochen. Zu kurz für einen wirksamen Einsatz im Kampf, stellte Jig fest, für Menschen jedenfalls, aber immer noch etwas ganz anderes als das wacklige Küchenmesser, mit dem Jig zu Beginn seines Ausflugs ausgerüstet gewesen war.
Wofür Ryslind es außer zum Zerschneiden von Seilen noch benutzte, wollte Jig gar nicht wissen. Es war von einer unheilvollen Aura umgeben, die Jig stark hoffen ließ, dass Ryslind keine Goblinteile für einen seiner Sprüche benötigte.
»Du hast sie umgebracht?« Riana wandte den Blick nicht von dem Messer ab.
»Nein«, erwiderte Ryslind. Lag da Bedauern in seiner Stimme? Jig konnte es nicht sagen. »Ich habe es in Erwägung gezogen. Aber er ist immer noch mein Bruder.« Das Messer verschwand in den Tiefen seiner Robe. »Ich habe sie schlafen geschickt. Sie werden in Sicherheit ruhen, bis die Wirkung des Spruchs verschwunden ist, was irgendwann morgen Nachmittag der Fall sein wird oder bis jemand die Glyphen in Unordnung bringt.«
»In Sicherheit?«, wiederholte Riana. »Was ist, wenn ein anderer Oger auftaucht?«
Ryslind lächelte. »Ich vermute einmal, dass selbst die dickschädligen Oger gelernt haben, uns in Ruhe zu lassen. Falls nicht, wird die Lektion wiederholt werden.«
Wiederholt von wem? Jig schauderte, als er an die aufgeschlitzten Leichen der Oger dachte, die sie auf der Lichtung entdeckt hatten. War da etwas, was sogar während dieser Unterhaltung über sie wachte? »Du weißt, was die drei Oger getötet hat!«
»Ich weiß viel mehr, als dir oder meinem Bruder jemals klar war, kleiner Goblin.«
In dem Moment begriff Jig, warum Ryslind ihn noch nicht getötet hatte. Es hatte nichts damit zu tun, dass Barius sein Bruder war, oder mit irgendeiner Form von Loyalität. Nein, Ryslind – oder was immer Kontrolle von Ryslinds Geist ergriffen hatte – wollte Publikum. Er war wie Porak, wenn auch stärker, als der Goblinhauptmann jemals gewesen war. Beide blühten auf, wenn sie ihre Macht demonstrieren und anderen Angst einjagen konnten.
Was ihn beides recht gut gelungen ist, musste Jig sich eingestehen. Ryslind war viel besser darin, als Porak es jemals gewesen war. Besonders was den Angstteil anging. Der geistig gesunde Ryslind reichte schon, um Jig den Magen umzudrehen. Der Ryslind mit dieser zweiten, merkwürdigen Stimme und den Augen, die intensiver denn je glühten … wenn Jig eine Feuerspinne gewesen wäre, stünde mittlerweile der ganze Wald in Flammen. Zum Glück beschränkte Klecks sich bis jetzt darauf, seine Lederunterlage zu versengen.
»Du bist hinter dem Zepter her, stimmts?« Riana kreuzte die Arme und legte den Kopf schief.
Ryslind nickte. »Barius würde das Zepter zurück zu unserem Vater bringen. Oh, er bekäme dafür alles, worauf er jemals gehofft hat. Es gäbe eine Feier mit Musik und Tanz und all dem Ruhm, nach dem er sich so sehnt. Bis dann der nächste Morgen käme, die Aufmerksamkeit der Leute sich wieder anderen Dingen zuwenden, würde und er verbitterter und leerer als zuvor zurückbliebe. Das Zepter würde inzwischen in irgendeine Schatzkammer gesteckt, wo es in Vergessenheit geriete und verstaubte, weggesperrt, als ob es nichts weiter als eine billige Trophäe sei.
Mein Bruder ist wie eine Elster, die ein goldenes Halsband wegen seines hübschen Glitzerns stiehlt und nichts von seinem wahren Wert versteht. So sehr ich es auch hasse, meinem Bruder das Halsband aus dem Schnabel zu reißen, so denke ich doch, dass ich eine bessere Verwendung für seine Macht finden kann.«
Er zeigte mit dem Finger auf einen Baum. Die Tätowierungen auf seiner Hand pulsierten einmal, und ein dicker Ast begann sich wie eine Schlange zu winden. Die kleineren Zweige fielen von ihm ab, und seine Rinde schälte sich wie tote Haut ab. Mit einem lauten Krachen brach der jetzt glatte Ast ab und flog in Ryslinds Hand.
Er wischte ein paar letzte Reste Rinde von dem bleichen Stock. »Wenn ihr weise seid, verlasst ihr diesen Ort.«
»Und wie?«, wollte Riana wissen. »Sollen wir vielleicht von hier wegfliegen?«
Ryslind warf ihr einen finsteren Blick zu. Er nahm einen der kleineren Zweige. »Seht her!« Er warf den Zweig in die Luft; der wirbelte zwanzig Fuß weit nach oben und fiel dann zur Erde zurück. Jig hörte nichts, aber es hatte den Anschein, als ob er mit etwas Festem zusammengestoßen sei. Er kam irgendwo links von ihnen wieder auf.
Jig blickte erstaunt drein.
Als er sah, dass sie es nicht verstanden,
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