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Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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vergiftet.
    Doch wenige Stunden zuvor hatte sie ihm doch eine Nachricht zukommen lassen und ihn gebeten, sie aufzusuchen! Es sei sehr wichtig, hatte sie geschrieben. Was hatte sie ihm sagen wollen?
     
     
    Schon auf der Treppe hörte er, daß die Tür zu Mias Wohnung offenstand. Als er näher trat, sah er eine dürre ältere Frau, die dabei war, mit einem nassen Tuch den Boden aufzuwischen. Als Kajetan grüßte, ließ sie sich nicht stören.
    »Habens da was verloren?«
    Ja, das hätte er.
    »So? Was? Sind Sie epper… der Bräutigam?«
    »Ja.«
    Sie wischte weiter. »So? Da lach ich aber. Wenns nicht so traurig war. Hauens ab.«
    Kajetan bemerkte, daß er noch zu wenig Kraft hatte, um sich mit ihr auf einen Streit einzulassen. Er ließ die Schultern fallen. Sie musterte ihn aus den Augenwinkeln.
    »So wars nicht gemeint, Herr«, beschwichtigte sie schließlich. »Ich hab das Fräulein ja gern gemocht. Aber deswegen hat man ja trotzdem noch Augen im Kopf, oder?« Sie warf den Lappen in den Eimer und erhob sich.
    »Sie hat mir hie und da was mitgebracht und sich auf eine Tasse Kaffee zu uns reingesetzt«, erzählte sie, während sie sich streckte. »Sie war keine Unrechte. Da gäbs andere.«
    Kajetan räusperte sich. »Warum hat sie es getan? Wissen Sie es?«
    Sie sah ihn mitleidig an. »Was glaubens, was sich das ganze Haus fragt, seit sie sie rausgetragen haben? Wenn Sie keine Ahnung haben? Was meinen denn Sie?«
    »Weiß auch nicht. Haben die Schutzleut nichts gesagt?«
    »Die wer?« fragte sie verächtlich. »Kennen Sie einen Gendarmen, der wirklich was rausbringt?« Sie sah ihn offen an. »Den zeigens mir. Den möchte ich sehen. Einmal in meinem Leben.«
    Kajetan räusperte sich erneut.
    »Kanns denn sein, daß sie krank gewesen ist?«
    »Die ist nicht kränker gewesen als ich. Und ich bin mein Lebtag gesund gewesen, das hats nicht gegeben, da hab ich gar keine Zeit dazu gehabt«, sagte sie stolz.
    »Kann doch sein?«
    Sie kam einen halben Schritt näher und sah ihn zweifelnd an. »Oder meinen Sie gar, daß ein junges Ding wie sie so einfach eingeht wie die Alten im Winter an der Gripp? Wissens, Herr, was ich Ihnen sag? Umgebracht hat sich das Fräulein!«
    Sie drehte sich um, beugte sich über den Eimer und wrang den Putzlappen aus.
    Kajetan ging an ihre Seite, um in ihr Gesicht zu sehen. »Wie… wie kommens da drauf?«
    »Tappen Sie mir nicht auf den Boden, den ich grad geputzt hab!« schimpfte die Alte. »Warum, fragen Sie? Wie soll ich das wissen? Aber irgendwas ist gewesen mit ihr in den letzten Tagen.« Sie hatte sich auf den Boden gekniet und ihre Arbeit fortgesetzt. »Seit sie einmal fort gewesen ist.«
    »Fort gewesen? Wann? Und wohin ist sie gefahren?«
    »Jetzt gehen Sie doch bittschön da hinten hin!« polterte sie ärgerlich. »Zu was putz ich denn? Das Zimmer ist doch schon längst wieder vermietet. Der neue Zimmerherr möchte heut auf Nacht einziehen!«
    Kajetan entschuldigte sich. Sie brummte besänftigt. »Wohin sie gefahren ist, das weiß ich nicht. Aber recht weit kanns nicht gewesen sein, weils ja auf Nacht schon wieder dagewesen ist. Und wann das war? Gestern, nein, vorgestern erst. Auf jeden Fall muß da irgend etwas passiert sein, weil sie irgendwie ganz auseinandergewesen ist hinterher. Wie ein Leintuch so blaß wars, und gar kein Lacher ist ihr mehr ausgekommen, dabei…«, ihre Stimme wurde warm, »… dabei hats doch ein liebes Lachen gehabt, wie…«, sie putzte heftig und beugte sich tiefer, »… wie wenns Edelstein regnen tat, hab ich einmal zu ihr gesagt. Und so anständig zusammengerichtet hat sie sich auch. Ja, Fräu’n Mia, hab ich zu ihr gesagt, gehns auf eine Kindstauf?«
    Sie richtete sich auf den Knien auf und wischte sich mit dem Ärmel über ihre Augen.
    »Wer weiß, was da passiert ist«, sagte sie nachdenklich. »Vielleicht hats einen Ausflug gemacht mit einem, und der ist recht gescheert gewesen zu ihr? Aber nein - zu so was zieht man sich nicht an wie zu einer Kindstauf…«
    »Und sie hat wirklich nicht gesagt, was es war?«
    Die Frau schüttelte den Kopf.
    »Wie oft soll ich es Ihnen noch sagen? Es muß aber was Schlimmes gewesen sein.« Sie warf den Lappen wieder in den Eimer, stand auf und sah sich ärgerlich um.
    »Wo soll denn jetzt das ganze Zeug von ihr überhaupt hin? Weiß doch kein Mensch, wo sie her ist. Ich bild mir ein, sie hätt einmal gesagt, sie sei als Ziehkind bei Leuten in Straubing aufgewachsen.« Sie ging zum Schrank und drehte den Türknauf.

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