Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Godin

Die Godin

Titel: Die Godin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
Vom Netzwerk:
aus.
    Auch Kaneder schlug sich wieder klatschend an die Stirn. Er trat einen Schritt näher und legte seine linke Hand drohend auf den Knauf seines Säbels. »Sie verschwinden von hier, habens mich verstanden? Es treibt sich zu viel Gesindel in der Gegend herum. Wenn Sie sich nicht augenblicklich schwingen, dann nehm ich Sie mit auf die Station, und dort wird ich einmal schauen, ob sich nicht rausstellt, daß Sie vielleicht ganz andere berufliche Interessen haben. Es ist nämlich durchaus nicht so, daß die Polizei da heraußen aufs Hirn gefallen ist. Es gibt Hinweise, daß hier in der Gegend gern Geschäfterl aller Art gemacht werden.«
    Kajetan riß die Augen auf. Was meinte er damit?
    »Ah? Da schaut Er aber spaßig!« bemerkte Kaneder mit höhnischer Zufriedenheit und verschränkte die Arme.
    Kajetan hatte sich wieder im Griff. »Weil es ein Schmarren ist.«
    Der Ortspolizist schien es gar nicht gehört zu haben. Er richtete seinen Zeigefinger gegen Kajetans Brust. »Bildets euch bloß nicht ein, daß ich euch nicht dahinter komm«, drohte er.
    »Auf was denn bloß?« Kajetan zuckte unmerklich zusammen und hob seine Stimme. »Herr Wachtmeister, Sie haben erstens nicht den geringsten Beweis für irgendwas und darum zweitens nicht das Recht, mich einzusperren.«
    »Da hat Er recht«, bestätigte Kaneder unbeeindruckt und kratzte sich, »es ist auch nur ein guter Rat.«
    »Dann muß ich Dankschön sagen.«
    »Ich tat ihn an Seiner Stelle nicht ablehnen«, sagte Kaneder finster. Wieder schlug er mit einer lächerlich unbeherrschten Bewegung an seine Backe. Doch dieses Mal fühlte er den körnigen Körper einer vollgesogenen Mücke unter seiner Handfläche. Befriedigt rollte er sie über seine Wange, zerkrümelte sie zwischen seinen Fingern und wischte sich mit dem Handrücken über die blutfeuchte Stelle. Er drehte sich um und ging über den Platz zur Gendarmerie. Kajetan sah ihm wütend nach.
    Was ging in Sarzhofen vor? Was meinte der Gendarm, als er von irgendwelchen Geschäften gesprochen hatte? Etwa Urbans Waffenverkäufe?
    Kajetan wurde zornig. Nein, er würde nicht fahren, dachte er trotzig.
    Wieder spürte er einen Stich. Der Schmerz weitete ihn pochend. Verzweifelt fuchtelnd lief Kajetan über den Platz. Als er die Tür des Gasthofs erreicht hatte, schlug die Turmuhr achtmal. >Sehr gut<, dachte er, >den letzten Zug hab ich leider versäumt.<
    Er betrat die Gaststube, grüßte die wenigen Gäste, die sich zum Kartenspiel an einem der Tische niedergelassen hatten, und bestellte etwas zu essen. Der Wirt betrachtete bedauernd Kajetans zerbissene Wange. »Kaltes Wasser oder, noch besser, Speichel!« riet er, brachte wenig später einen Teller mit geräuchtertem Speck, wobei er nicht vergaß zu erwähnen, daß dieser aus seiner eigenen Metzgerei stammen würde, und stellte ihm ein Glas Rotwein daneben.
    Während Kajetan gedankenverloren aß, fiel sein Blick auf einen sonderbar dreinblickenden alten Mann, den die anderen mit dem Namen »Wegmacher« anredeten. Der Greis versuchte offensichtlich, sich Gehör zu verschaffen, was die Männer jedoch zu belästigen schien. Kajetan achtete nicht mehr darauf. Während der Streit um den Alten zuzunehmen schien, verspürte er eine plötzliche, in ihrer Maßlosigkeit unerklärliche Erschöpfung. Er stand auf und verabschiedete sich.
    »Sinds müd, gell«, bemerkte der Wirt. Kajetan nickte und grüßte wortlos. Als er bereits im Hausflur stand und die Treppe zum ersten Stock betreten wollte, kam ihm der Nauferger nach. »Sie, Herr, was ich Ihnen noch sagen wollte, glatt hätt ichs vergessen: Wenns in die Kammer gehen und das Licht aufreiben, müssens verkehrt herum drehen!« Er versuchte, es mit einer Handbewegung zu demonstrieren.
    Kajetan sah ihn erstaunt an. Er hätte das Elektrische erst seit kurzem, erklärte der Wirt, lang hätt er sich dagegen gesträubt, denn früher sei es ja auch gegangen. Aber im Ort gäbe es da einen Machler, der ihm das aufgeschwatzt habe, das mit dem Elektrischen. Hochinteressant sei das, meinte Kajetan gähnend.
    Er mußte sich noch anhören, daß die Hausmagd noch viel mehr gegen das Elektrische sei, weil sie jedesmal einen Schlag bekäme, wenn sie mit dem nassen Putzlappen die Lampen säubere. Nach einigen Verwünschungen gegen den Sarzhofener Edison - die Lampe ging nicht an, egal, ob er nach links oder nach rechts drehte - konnte Kajetan sich endlich in das Bett fallen lassen. Er schlief sofort ein.
     
     
    Es mußte weit nach Mitternacht

Weitere Kostenlose Bücher