Die Götter 2. Das magische Zeichen
wurde Damián umso angespannter, je weniger Trubel im Hafen herrschte. Der Aufbruch stand nun kurz bevor …
Es ging sogar wesentlich schneller los, als er gedacht hatte. Nach dem Abendessen, das die Erben gemeinsam einnahmen, verkündete Josion zur allgemeinen Überraschung, dass es Zeit war zu gehen.
» Was, jetzt schon? « , fragte der Ritter erstaunt. » Es ist doch noch gar nicht richtig dunkel. «
» Das ist der beste Zeitpunkt, glaub mir. Die meisten Einwohner sitzen bei Tisch oder sind anderweitig beschäftigt. Am frühen Abend sind die Straßen nicht besonders belebt, aber auch nicht so menschenleer, dass wir auffallen würden. Und die Miliz beginnt ihre Patrouillen immer erst zum achten Dekant. Wir könnten die ganze Stadt mit einer Armbrust in der Hand durchqueren, und niemand würde sich daran stören. Später ist das anders. In der Nacht wäre es viel riskanter. «
» Dann also los « , rief Maara.
Sie sprang auf und ging ihren Mantel holen. Damián beneidete die Kriegerin um ihre Sorglosigkeit. Er selbst hätte lieber erst noch einen detaillierten Schlachtplan entworfen und genau besprochen, welchen Weg sie nahmen und was sie im Fall eines Angriffs tun würden. Doch dazu war nun keine Gelegenheit mehr. Bestimmt war es besser so: Solche Gedankenspiele hätten nur dazu gedient, den Aufbruch hinauszuzögern.
Sogar der Abschied war kürzer und schmerzloser, als er gedacht hatte. Sein kleiner Bruder sagte Lebewohl und schenkte ihm sein typisches schiefes Grinsen. Josion wiederum würdigte Zejabel kaum eines Blickes, bevor er auf den Anlegesteg sprang. Maara trug Najel noch auf, bis zu ihrer Rückkehr wach zu bleiben und im schlimmsten Fall auf eigene Faust in die Heimat zurückzukehren.
Gleich darauf standen Damián, Josion und Maara auf dem Pier. Zum ersten Mal seit langem gingen die Erben getrennte Wege.
» Wir schaffen das « , versprach Josion. » In weniger als einem Dekant sind wir zurück. «
Damián nickte, wenn auch mit einem Kloß im Hals. Sein Cousin schien sich vor allem selbst Mut machen zu wollen.
Sobald sein Bruder außer Sichtweite war, verschwand das Lächeln von Guederics Gesicht. Er hatte sein Bestes gegeben, um Damián den Abschied nicht allzu schwer zu machen, aber jetzt musste er nicht länger so tun, als wäre ihm leicht ums Herz. Diese Trennung gefiel ihm ganz und gar nicht, und er hasste das quälende Warten, das nun begann. Außerdem hasste er den Grund, der ihn davon abgehalten hatte, sich dem kleinen Trupp anzuschließen. In ihm lauerte immer noch die Mordgier, und auf keinen Fall wollte er Josion und die anderen beiden in Gefahr bringen, weil er sich nicht beherrschen konnte.
Vielleicht sollte er noch einmal mit Souanne darüber reden. Der Moment war ideal. Zejabel war an Deck, um den Hafen zu überwachen, und die beiden Kinder räumten in der Kombüse die Reste des Abendessens fort. Die Graue Legionärin saß am Bug – weit genug von Zejabel entfernt. Guederic war überzeugt, dass Souanne diesen einsamen Ort nicht ohne Hintergedanken gewählt hatte. Sie sehnte sich offenbar genauso wie er nach diesem Gespräch, denn sie hatte ihm den ganzen Tag über bedeutungsvolle Blicke zugeworfen. Als er auf sie zukam, zeichnete sich ein Lächeln auf ihren Lippen ab. Guederic fand sie plötzlich sehr schön. Ohne ihre Uniform, ohne die Spuren von Müdigkeit und Anspannung im Gesicht besaß sie sehr viel Charme. Allerdings war Guederic gegenwärtig nicht in der Stimmung zu flirten. Zu viele wirre Gedanken gingen ihm durch den Kopf.
» Ich bin gespannt, wann die anderen wiederkommen « , sagte er statt einer Begrüßung.
Souanne nickte, und ihr Lächeln wurde schmal. Er bereute seinen kühlen Ton sofort, aber es war zu spät, ihre Stimmung war gekippt. Deshalb fackelte er nicht lange und fragte unumwunden: » Hast du dieses Gefühl seit unserem Gespräch noch einmal gehabt? «
Sie nickte, ohne zu zögern. » Ja, mehrmals. Vor allem am Anfang des Kampfs auf Ji … Ich konnte es einfach nicht unterdrücken. Später wurde es besser. Ich glaube, ich habe es jetzt im Griff. «
» Aber es ist immer noch da, richtig? « , vergewisserte sich Guederic.
Er kannte die Antwort bereits, und sie widersprach ihm nicht.
» Ich hätte mich dem Drang fast völlig hingegeben « , gestand Guederic. » Während des Kampfs verließen mich plötzlich die Kräfte … Und da blieb mir nur ein Ausweg … «
» Ein anderes Leben zu rauben? « , murmelte Souanne.
Überrascht und leicht angewidert
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