Die Götter 2. Das magische Zeichen

Aufmerksamkeit auf mich, und wer weiß, was dann passiert « , gab Damián zu bedenken.
    » Wir dürfen keine Spuren hinterlassen « , pflichtete ihm Josion bei. » Bei einem Verbrechen, das niemand bemerkt, werden auch keine Nachforschungen angestellt. Wir gehen rein, nehmen mit, was uns interessiert, und verschwinden wieder. «
    Damián musterte ihn stirnrunzelnd. Lange würde sein Cousin seine Neugier nicht mehr zügeln können. Josion beschloss, die Karten gleich auf den Tisch zu legen. Er hatte viel zu lange damit gewartet.
    » Ja, ich habe so was schon mal gemacht « , gestand er. » Mehrmals. Hier in Lorelia. «
    » Was? Du bist ein Dieb? « , rief Maara. » Als Sohn eines Priesters? «
    » Ich habe nie etwas gestohlen. Zuerst war es nur ein Spiel. Als ich noch auf der Burg lebte, bin ich oft auf die Türme raufgeklettert. Nach meinem Umzug in die Stadt habe ich damit weitergemacht, diesmal auf den Dächern der Häuser. Bestimmt, weil ich ein wenig Heimweh hatte. Es war ein schöner Zeitvertreib. Ich hatte mich gerade von meiner Mutter abgewendet und war völlig allein. Da oben … Zwischen Himmel und Erde … Das war ein tolles Gefühl. «
    Vermutlich würde er bald bereuen, sich den anderen anvertraut zu haben, aber die Worte sprudelten einfach so aus ihm heraus. Es tat gut, endlich jemandem davon zu erzählen! Er geriet regelrecht ins Schwärmen und berichtete von den erhebenden Momenten, wenn er von Dach zu Dach sprang und dabei den Eindruck hatte, seine dunklen Erinnerungen hinter sich zu lassen. Besser gesagt, die eine dunkle Erinnerung, die an den Dämon nämlich, die ihn in seiner Kindheit Tag und Nacht verfolgt hatte.
    » Ich hatte nichts Böses im Sinn. Mehrere Monate ging das so, und es war alles ganz harmlos. Doch eines Nachts sah ich in einer Sackgasse vier Jungen eine Katze quälen. Sie hatten Kerzen angezündet und ein Pentagramm auf den Boden gemalt. Mit einem Mal fiel mir wieder ein, was meine Mutter erzählt hatte. Der Kampf unserer Eltern gegen die Sekten der Dämonisten und die Dämonen, die im Karu heranwuchsen und durch die Gebete der Sterblichen immer mächtiger wurden. Ich konnte nicht mehr an mich halten, hangelte mich hinunter in die Gasse und schlug sie zusammen. «
    » Alle vier? « , fragte Maara ungläubig.
    Josion lächelte verlegen. Ja, alle vier. Es war ein Kinderspiel gewesen. Für den Sohn der einstigen Kahati waren solche Handgemenge kaum der Rede wert.
    » Von da an tat ich es immer wieder « , gestand er. » Immer, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. An der königlichen Universität wimmelte es nur so von Rohlingen, die zu jeder Schandtat bereit waren und nicht den kleinsten Funken Anstand besaßen. Man musste nur ein bisschen die Fühler ausstrecken und schon war man zu einer Versammlung irgendeiner neuen, finsteren Sekte eingeladen. Ich wollte dem Treiben nicht tatenlos zusehen. Wir können doch die Menschen nicht immer wieder dieselben Fehler machen lassen. Vielleicht ist Sombre nur deshalb zurückgekehrt … «
    Er verstummte. Zum ersten Mal hatte er sein Innerstes preisgegeben. Was hatte ihn dazu getrieben? Die besondere Atmosphäre der dunklen Gassen? Die bevorstehende Tat? Die aufmerksamen Mienen seiner Gefährten? Wahrscheinlich ein bisschen von allem.
    Besorgt wartete er auf Damiáns und Maaras Reaktion. Er zweifelte nicht daran, dass sein Kampf gegen die Anhänger der Dämonen richtig gewesen war, doch wusste er auch, wie radikal sein Vorgehen auf andere wirken konnte. Kompromisslosigkeit hatte immer auch ihre Schattenseiten.
    » Ich habe bei der Legion eine ziemlich abstruse Geschichte gehört « , berichtete Damián. » Es ging um einen schwarz maskierten Rächer, der mit Ketten bewaffnet durch die Straßen zieht. Warst du das etwa? «
    Das Grinsen, mit dem er die Frage stellte, erleichterte Josion. Er konnte sich wieder entspannen.
    » Ja, ich mit meinem Zarratt. Die Kette, an deren Enden mein Dolch und meine Keule befestigt sind, ist gar nicht so lang, aber nachts im Feuerschein kann sie schon gefährlich aussehen … «
    Damián lachte laut auf: » Was für eine Familie! Mit etwas Pech hättest du auf meinen Befehl hin im Gefängnis landen können … Und dort wärst du mit Sicherheit Guederic begegnet! Oder du hättest ihn bei einer seiner Wirtshausschlägereien retten können. «
    » Und da heißt es von meinem Volk, wir seien Barbaren « , spottete Maara. » Meiner Meinung nach verkompliziert ihr euch das Leben. Ihr stellt einen Haufen Regeln auf, und