Die Götter 2. Das magische Zeichen

Titel: Die Götter 2. Das magische Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert

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starrte er sie an. Ein anderes Leben zu rauben. So hatte er die Sache noch nie gesehen. Das klang noch schrecklicher, als es tatsächlich war, und doch schien es ihm die beste Beschreibung für das Phänomen zu sein. Wie sonst sollte er die Energie erklären, die seinen Körper beim Tod eines Opfers durchfuhr? Irgendwoher musste die Kraft, die er danach in seinen Gliedern spürte, ja kommen … Ein anderes Leben rauben. Souanne und er waren tatsächlich zu Ungeheuern geworden. Es war noch schlimmer, als er gedacht hatte.
    » Wie bist du auf die Idee gekommen, es so zu nennen? «
    » Ich weiß es nicht. Für mich war das recht schnell klar. Offenbar hast du nicht gemerkt, dass es … «
    Sie hielt verlegen inne und sagte dann in einem Atemzug: » Es fühlt sich für Männer und für Frauen eben nicht gleich an. Bestimmt liegt es daran. «
    Guederic nickte. Jetzt sah auch er verschämt zur Seite. Mittlerweile hatte er verstanden, dass sie von sexueller Lust sprach – tatsächlich kam der rätselhafte Rausch beim Töten diesem Gefühl sehr nah.
    » Du hast Recht « , sagte er nachdenklich. » Das ist es … «
    Gleich darauf musste er lachen.
    » Wie wird das alles noch enden? « , fragte er. » Wenn es erneut zu einem Kampf kommt, werden uns die anderen irgendwann Fragen stellen. Und wenn wir dem Drang nachgeben … «
    » Vielleicht passiert gar nichts « , sagte Souanne.
    » Meinst du wirklich? Das glaube ich leider nicht. «
    Sie wiegte zustimmend den Kopf. Auch sie spürte, dass es äußerst gefährlich wäre, sich dem Trieb hinzugeben.
    » Wir stehen schon jetzt viel zu sehr unter seinem Einfluss « , erklärte Guederic. » Ich bin extra nicht mit an Land gegangen, um meinen Bruder nicht in Gefahr zu bringen. Ich hasse das. Ich will mein Leben unter Kontrolle haben. «
    » Aber wir sind doch gerade dabei, die Kontrolle zurückzugewinnen. Wir müssen Geduld haben … Ich weiß jetzt, dass der Drang nicht von allein verschwindet. Ich habe mich damit abgefunden. Vielleicht ist das Ganze ja auch zu irgendwas gut. «
    » Ach ja? Wozu denn? «
    » Es macht uns stärker « , sagte Souanne entschieden.
    Guederic schaute ihr einen Moment lang tief in die Augen, um sich zu vergewissern, dass sie tatsächlich dazu bereit war, auf das Töten zu verzichten. Er sah, dass sie es ernst meinte.
    » Aber die Kraft vergeht recht schnell wieder. Gestern Nacht geriet ich mehrmals in Bedrängnis. Um sie wieder voll zu spüren, müsste ich abermals töten. Und das will ich in Zukunft nicht, auch wenn unsere Feinde es verdient haben. «
    » Ich spreche nicht nur von Körperkraft « , erklärte Souanne.
    Guederic warf ihr einen verwunderten Blick zu.
    » Du weißt, was ich meine. Diese geheimnisvollen Kenntnisse, die wir plötzlich haben, ohne zu wissen, woher. Du warst fest überzeugt, dass deine Eltern nicht auf der Insel waren, das hast du mehrmals gesagt. Und wir haben sie tatsächlich nicht gefunden. Hattest du solche Ahnungen früher auch schon? «
    » Nein, aber ich verstehe nicht, was das mit … mit unserem rätselhaften Trieb zu tun hat. Ich hätte mich ja auch täuschen können. «
    » Beides gehört zusammen « , widersprach Souanne. » Ich weiß es, ich spüre es, genauso wie ich spüre, was mit uns passiert, wenn wir jemanden töten. Wir sind auch da drinnen stärker geworden. «
    Sie tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn, was Guederic noch weiter verwirrte.
    » Nehmen wir einmal an, es stimmt « , sagte er. » Du hattest also eine ähnliche Vorahnung, verstehe ich das richtig? «
    Souanne blickte beschämt zu Boden.
    » Vielleicht hätte ich es dir schon früher sagen sollen. Aber ich wusste bisher nichts von deinen Vorahnungen, und wir hatten seit der Insel noch keinen ruhigen Moment zu zweit. Hör mir gut zu, Guederic. Ich bin sicher, dass deine Eltern leben. «
    Guederic musste sich an der Reling festhalten, so sehr wühlte ihn die Nachricht auf.
    » Ich kann es nicht erklären, und ich habe keine Ahnung, wo sie sind, aber ich bin mir absolut sicher, dass sie leben! Noch nie habe ich solche Gewissheit gespürt. «
    » Wir müssen es den anderen sagen « , stotterte er. » Damián muss es erfahren … und Maara und Lorilis … «
    » Ich habe es Lorilis schon gesagt « , sagte Souanne, » aber sie hat mir nicht geglaubt. Die anderen können sich nicht vorstellen, was wir spüren. Sie stecken nicht in unserer Haut, sie haben kein Verständnis dafür … «
    » Wir müssen es ihnen sagen « , wiederholte er. » Das