Die Götter 2. Das magische Zeichen
überkamen immer größere Zweifel. Sie glaubte kaum, diese Übung mit der gleichen Gewandtheit ausführen zu können, und seufzte erleichtert, als Josion seine exotische Waffe nahm und die Kette zu den anderen hinunterließ.
» Schnell « , zischte er. » Das ist der gefährlichste Moment. «
Die Kriegerin ließ sich nicht lange bitten. Sie straffte die Schultern, packte die Kette und zog sich zu dem Vorsprung hoch. Kurze Zeit später war auch Damián oben. Josion konnte sein Zarratt wieder einholen, und die beiden anderen folgten ihm den schmalen Sims entlang.
Maara musste anerkennen, dass Josion ein hervorragender Kletterer war. Zejabels Sohn bewegte sich mit katzenhafter Anmut über die Schindeln und Giebel. An den schwierigsten Stellen wartete er und reichte seinen Gefährten die Hand. Vermutlich wäre er ohne sie sehr viel schneller vorangekommen. Maara kam sich immer dümmer vor. Dass Damián Josion begleitete, hatte wenigstens einen guten Grund, schließlich musste er ihn im Hauptquartier der Legion in das richtige Arbeitszimmer führen. Maara hingegen war völlig fehl am Platz. Sie hätte es zwar nie zugegeben, aber ihre Gegenwart war nicht nur sinnlos, sondern auch gefährlich.
Zum Umkehren war es jetzt allerdings zu spät, und so richtete sie ihre ganze Aufmerksamkeit darauf, keinen falschen Schritt zu machen, der möglicherweise das Ende ihres Unternehmens bedeutet hätte. Gleich darauf kletterte sie auf Josions Aufforderung hin noch etwas höher, und wieder biss die Kriegerin die Zähne zusammen und bemühte sich, keine Schwäche zu zeigen. Mittlerweile war der Palast der Legion in Sicht. Er ragte vor ihnen auf wie ein geduckter Riese im Herzen der schlafenden Stadt. Jetzt mussten sie nur noch ins Innere gelangen.
» Was befindet sich hinter diesem Fenster da, dem dritten von rechts? « , fragte Josion.
Damián dachte eine Weile nach, während er sich zugleich ausmalte, was für schlimme Folgen es haben würde, wenn er sich irrte. Schließlich schüttelte er bedauernd den Kopf.
» Ich weiß es nicht genau « , gestand er. » Das zweite Stockwerk kenne ich nur schlecht. Es könnte ein kleines Besprechungszimmer sein. Oder die Amtsstube daneben … «
» Hauptsache, es ist keine Wachstube! « , warf Maara ein.
» Die Wachen haben ihr Quartier unten « , erklärte Damián. » Zumindest das weiß ich genau. Sie machen natürlich Kontrollgänge durch die anderen Stockwerke, aber … Mit etwas Glück entkommen wir ihnen mühelos. «
» Ich will nur vermeiden, dass wir direkt in einen Flur oder ein Treppenhaus einsteigen « , sagte Josion. » Von dort aus würden unsere Schritte durchs ganze Gebäude hallen. Die Wachen könnten uns bemerken. Und in einem abgeschlossenen Raum sollten wir auch nicht landen. Ich kann zwar einfache Schlösser knacken, aber das würde uns nur unnötig aufhalten. «
» Was ist eigentlich mit dem Schlüssel zum Arbeitszimmer deines Vaters? « , erkundigte sich Maara bei Damián.
» Ich habe Souanne danach gefragt « , erklärte Josion. » Amanón gab diesen Schlüssel nie aus der Hand. Das ist sicher der beste Beweis dafür, dass die Dokumente in seinen Schränken von großer Bedeutung sind … Wir können nur hoffen, dass seit seinem Verschwinden niemand diese Schränke geöffnet hat. Wir werden sicher die Tür aufbrechen müssen. Ihr haltet Wache und passt auf, dass uns niemand bemerkt. «
Maara und Damián nickten einhellig. Die Kriegerin beschied sich nur ungern mit der herabwürdigenden Rolle einer einfachen Wachsoldatin, aber sie protestierte nicht: Josion schien genau zu wissen, was er tat, während Maaras Anwesenheit überflüssig war und sie sich den anderen noch dazu aufgedrängt hatte.
» Falls etwas schiefgeht « , sagte Damián, » versucht bitte, die Lage genau einzuschätzen. Die Wachen arbeiten nicht unbedingt für unsere Feinde. Sie sind vielleicht ehrenwerte Legionäre, nicht anders als Souanne, mein Vater und ich … Versucht, nicht unnötig Blut zu vergießen. «
Josion nickte, um sein Einverständnis zu geben, aber Maara runzelte verärgert die Stirn. Sie musste nicht nur Befehle entgegennehmen, nun wurde sie auch noch aufgefordert, sich im Kampf zurückzuhalten.
Mittlerweile bereute sie bitter, mitgekommen zu sein. Den lorelischen Brüdern war sie keine Hilfe – vielleicht wären sie zu zweit sogar besser zurechtgekommen.
Sie hätte auf dem Schiff bei ihrem Bruder und den anderen bleiben sollen. Plötzlich fragte sie sich, was Guederic wohl
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