Die Götter - Das Schicksal von Ji: Die Götter 4 - Roman (German Edition)
Wahrheiten, derer sich die Sterblichen vielleicht gar nicht bewusst waren. All diese Quellen hatten Amanón bereits erste Antworten geliefert und ihn auf die richtige Fährte gebracht. Doch sie waren zu rätselhaft gewesen, um daraus Gewissheiten oder auch nur eine schlüssige Theorie abzuleiten.
Aber nachdem Damián die Schriftzeichen auf dem vergessenen Steinbogen hoch oben im Rideau-Gebirge studiert hatte und Lorilis den Beweis erbracht hatte, dass sie über magische Kräfte verfügten, hatte er endlich genug Hinweise, um die Aufgabe seines Vaters zu Ende zu bringen. Er musste nur sorgfältig und gewissenhaft vorgehen.
Nach kurzem Nachdenken wählte er mehrere Schriften aus und gab sie Najel und Lorilis zu lesen. Er selbst machte dort weiter, wo er aufgehört hatte, als die beiden Kinder ihn unterbrochen hatten: Er übersetzte die Schriftzeichen auf der ältesten ethekischen Pforte, um mehr über ihre Geschichte zu erfahren. Nach einem halben Dekant kehrten sowohl Maara und Souanne als auch Guederic, Josion und Zejabel zur Pforte zurück. Da sie ahnten, dass ihre drei Gefährten an etwas Wichtigem arbeiteten, ließen sie sie in Ruhe.
Ihre Geduld wurde belohnt. Nach einer Weile setzte sich Damián zu ihnen ins Gras und begann zu erzählen, was vor Tausenden von Jahren geschehen war. Hin und wieder ergänzten Lorilis und Najel seinen Bericht. Währenddessen bezog sich der Himmel über dem Tal, und die Wolken wurden immer dunkler und bedrohlicher. Es war, als wollte die Natur verhindern, dass die Sterblichen die Erinnerung an jene tragischen Tage wachriefen, als die Ordnung der Welt auf den Kopf gestellt worden war.
Doch das kümmerte Damián wenig; er war viel zu gefesselt von seiner Entdeckung. Er berichtete den anderen, dass die Etheker, kurz bevor sie die Pforte auf dem Blumenberg errichteten, ein goldenes Zeitalter erlebt hatten. Ihre Zivilisation war so weit entwickelt gewesen, dass sie die ersten Magier in der Geschichte der Menschheit hervorgebracht hatten. Diese Männer und Frauen, die die Ehrwürdigen genannt wurden, dienten allein dem Wohle des Volks. Wenn man den Schriften glauben konnte, lebte bei jedem Stamm und in jedem Dorf mindestens ein Ehrwürdiger. Einmal im Jahr kamen sie zusammen, um sich über ihre Kunst auszutauschen– in ebendiesem Tal, im Schatten der höchsten Gipfel des Rideau.
Die Taten, die sie bei diesen Versammlungen vollbrachten, wurden zu Legenden, obwohl kaum ein Außenstehender dabei anwesend sein durfte. Während ihrer Zusammenkünfte führten die Magier alle möglichen Versuche durch, denn jeder wollte eine Kostprobe seines Könnens geben, Neues lernen oder anderen etwas beibringen. Nachdem die Felsen und Bäume des Tals jahrelang magischen Experimenten ausgesetzt gewesen waren, wurde die Landschaft irgendwann empfänglich für die Kräfte der Ehrwürdigen. Sie ließ sich immer leichter manipulieren– so wie später das Gwel.
Eines Tages kamen die Ehrwürdigen auf die Idee, die Besonderheit des Steins zu nutzen und in der Mitte ihres Versammlungsorts eine gewaltige Pforte zu errichten. Das Bauwerk sollte ein Denkmal ihrer Macht und Größe sein, gleichzeitig aber auch ihre magischen Kräfte verstärken. Sie meißelten Zeichen eines eigens erfundenen Alphabets in den Stein, die ihre Geschichte erzählten und zugleich die Macht hatten, die Lebenskräfte des Tals unter dem Bogen zu bündeln.
Unglücklicherweise konnten sie diese geballte Energie nicht beherrschen. Beim ersten Versuch, sie für magische Zwecke einzusetzen, ertönte ein ohrenbetäubender Donnerschlag, und ein Erbeben erschütterte das Tal. Der Boden riss auf, und ein ganzes Jahr lang wüteten Unwetter über dem Gebirge. Die Etheker glaubten schon, sie würden nie wieder abziehen.
Als endlich wieder Ruhe einkehrte, war die Zivilisation der Etheker dem Untergang geweiht. Die Überlebenden, die in den Grotten des Blumenbergs Zuflucht gesucht hatten, beschlossen, dort zu bleiben und eine neue Gesellschaft aufzubauen. Von ihnen sind einige Relikte erhalten, während die alten Etheker in Vergessenheit gerieten.
Von den Ehrwürdigen sprach keiner mehr. Alle gingen davon aus, dass die Magier, die sich im Tal versammelt hatten, bei der Katastrophe ums Leben gekommen waren. Die wenigen anderen Ehrwürdigen, die noch lebten, stellten voller Schrecken fest, dass sich das Gefüge der Welt verändert hatte. Die Energieströme, die unsichtbaren Strahlen, die einst alle Dinge und Wesen miteinander verbunden hatten, gab es
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