Die Götter - Ruf der Krieger - Grimbert, P: Götter - Ruf der Krieger - Les Gardiens de Ji, Tome 1: La volonté du démon
hier.«
Josion legte die Hand an den Griff des Dolchs, der an seinem Gürtel hing. Gleich darauf bereute er die vorschnelle Geste. Er musste seine Reflexe besser beherrschen, um seine wahre Identität weiterhin vor den anderen zu verbergen. In seinem Alltag als Student an der Königlichen Universität gelang ihm das schließlich auch. Bald würde der Abstecher nach Benelia nur noch eine böse Erinnerung sein – zumindest hoffte er das. Es brachte nichts, den anderen die Wahrheit zu sagen, er würde es später nur bereuen. Wenn alles wieder ins Lot kam, mussten seine Cousins und die anderen nichts von seinem Geheimnis erfahren.
Und wenn nicht? Dann würde er seine Haltung überdenken müssen. Noch hatte er keine endgültige Entscheidung getroffen.
Voller Anspannung sahen die Gefährten den beiden Fremden entgegen. Vorweg lief mit raschen Schritten und finsterer Miene eine junge Frau, die Hand am Griff ihrer Lowa. Hinter ihr folgte etwas langsamer ein Junge mit einem Wanderstock. Beide hatten pechschwarzes Haar und
markante Gesichtszüge. Sie trugen schlichte, aber maßgeschneiderte Reisekleider und hatten mehrere Bündel dabei. Josion dachte unwillkürlich, dass sie ihm und seinen Gefährten gar nicht so unähnlich waren.
Zu dieser frühen Tageszeit waren kaum Menschen auf der Straße, und so beobachteten nur ein paar Neugierige, wie die beiden Gruppen aufeinandertrafen. Vermutlich fragten sie sich, ob es zu einem Kampf kommen würde, so grimmig waren die Gesichter hier wie dort. Auch Josion zog diese Möglichkeit in Betracht. Er nahm zwar an, dass sie es mit der Tochter und dem Sohn von König Ke’b’ree zu tun hatten, aber woher sollte er wissen, ob sie ihnen freundlich gesinnt waren? Jeder Muskel seines Körpers war angespannt.
Damián stellte sich vor die anderen. Als Grigáns Enkel und Amanóns Sohn meinte er offenbar, er sei zum Anführer ihrer Schar berufen. Josion war das nur recht. Er hatte nicht vor, ihm diese Rolle streitig zu machen. Seine eigenen Sorgen reichten ihm vollauf.
Die Wallatten blieben vor Damián stehen. Die Frau warf einen raschen Blick auf die Hausnummer in dem steinernen Türsturz und musterte Josion und die anderen von oben bis unten. Der Junge verhielt sich wesentlich zurückhaltender. Dann wich die Feindseligkeit aus der Miene der jungen Frau, und sie schien sich etwas zu entspannen. Dennoch war ihr Tonfall ungehalten: »Spricht wenigstens von Euch einer Itharisch?«
Die Frage brachte Josion zum Grinsen. Seit gestern Abend hatten sie sich nur in dieser Sprache unterhalten, um Lorilis nicht auszuschließen.
»Ja«, antwortete Damián. »Was wollt Ihr?«
»Mein Vater schickt uns her«, antwortete sie hochmütig. »Er sagte, wir hätten bis zum Mit-Tag Zeit, dieses Haus zu finden. Aber Ihr scheint es ja sehr eilig zu haben. Sucht gleich beim ersten Glockenschlag das Weite …«
Souanne und Damián wechselten einen verblüfften Blick, während Guederic die Frau verächtlich musterte. Die beiden Jüngsten starrten verlegen zu Boden.
»Was redet Ihr da?«, fragte Damián verwirrt. »Wer seid Ihr überhaupt?«
Josion beschloss, Licht in die Sache zu bringen.
»Maara’b’ree aus Wallos, nehme ich an. Und ihr Bruder, Najel’b’ree.«
» Prinzessin Maara’b’ree«, verbesserte ihn die Barbarin.
Sie musterte Josion aufmerksam. Ihm war klar, dass alle auf eine Erklärung dafür warteten, wieso er die Namen der Neuankömmlinge kannte.
»Ihr Vater ist König Ke’b’ree. Er war am Sturz Königin Agénors beteiligt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass seinen Erben dasselbe widerfährt wie uns.«
Seine Worte schienen weder Damián noch Maara zu befriedigen – im Gegenteil. Josion konnte sich nur zu gut vorstellen, was sich in ihren Köpfen abspielte. Damián war wahrscheinlich völlig durcheinander und wusste nicht, ob er den beiden Fremden vertrauen sollte oder nicht, und Maara fragte sich offenkundig, was zum Henker sie hier zu suchen hatte und warum sie nicht gleich wieder auf dem Absatz kehrtmachte. Die anderen schienen abzuwarten, dass einer der beiden etwas sagte.
»Lasst uns gehen«, drängte Josion. »Wir können im Laufen reden.«
Damián runzelte die Stirn, nickte aber schließlich
widerwillig. Er und seine Gefährten setzten sich in Bewegung und liefen die Straße hinunter. Nach kurzem Zögern folgten ihnen die beiden Wallatten. Das Gesicht der wallattischen Prinzessin war immer noch verschlossen, und sie ließ Guederic nicht aus den Augen. Dieser
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