Die Götter - Ruf der Krieger - Grimbert, P: Götter - Ruf der Krieger - Les Gardiens de Ji, Tome 1: La volonté du démon
verloren, aber mit einem raschen Blick in die Runde vergewisserte sie sich, dass nur wenige Augenblicke vergangen waren. Najel wand sich immer noch am Boden, und der Mann mit den seltsamen Kräften foltere Josion weiterhin, um an den Dolch heranzukommen.
Ohne nachzudenken sprang Lorilis auf und schritt entschlossen auf den Fremden zu, der sie überrascht anstarrte. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass sie so rasch wieder auf den Beinen sein würde. Als sie dann auch noch mit beiden Händen nach den Fingern griff, die er ihr erneut entgegenstreckte, riss er verblüfft die Augen auf.
Der Schlag traf sie mit voller Wucht. Wieder jagte der Schmerz mit einer solchen Heftigkeit durch ihren Körper, dass sie fast die Besinnung verloren hätte. Doch nachdem
die erste Welle über sie hinweggerollt war, richtete sie ihren ganzen Willen darauf, den Strom umzukehren. Sie konnte der rätselhaften Zauberkraft widerstehen, das wusste sie nun. Schließlich hatte sie es schon einmal geschafft. Lorilis konnte die feindliche Kraft zurückdrängen, auch wenn sie keine Ahnung hatte, woher sie diese Gewissheit nahm. Sie musste es einfach wollen und sich auf den Arm und die Hand konzentrieren, von denen der Schmerz ausging. Das Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten: Langsam, aber spürbar floss die bösartige Kraft, die ihr entgegenströmte, zurück zu ihrem Ausgangspunkt.
Als der Anführer spürte, wie stark der Widerstand seiner Gegnerin war, schlug seine Verblüffung erst in Wut, dann in Entsetzen um. Mit jedem Herzschlag fiel Lorilis der Kampf leichter, und bald hatte sie die rätselhafte Kraft, die in ihren Körper eingedrungen war, fast vollständig zurückgedrängt. Einer plötzlichen Eingebung folgend, versuchte sie, sie nicht nur aus ihrem Körper zu verbannen, sondern gegen den Mann zu richten. Sie konzentrierte sich noch etwas mehr und schleuderte ihm ihren geballten Willen entgegen. Die Wirkung war stärker als erhofft. Der Mann mit dem seltsamen Symbol auf der Stirn stieß einen gellenden Schrei aus und riss sich von ihr los, als hätte er sich die Finger verbrannt. Bevor er Josion freigab und im Laufschritt durch die offene Tür verschwand, warf er ihr einen fassungslosen Blick zu.
Als die beiden letzten Männer sahen, dass ihr Anführer die Flucht ergriff, nahmen sie ebenfalls die Beine in die Hand.
Mit einem Mal fühlte sich Lorilis furchtbar schwach. Um nicht die Besinnung zu verlieren und sich im Fallen
womöglich noch den Kopf aufzuschlagen, legte sie sich flach auf den Boden und betrachtete ihre Handflächen. Ihre Haut war vollkommen unversehrt, nicht die kleinste Verbrennung oder Verletzung war zu sehen. Allerdings strahlten ihre Hände eine seltsame Wärme ab – eine übernatürliche Wärme.
Maara sah kurz nach ihrem Bruder, der sich immer noch auf dem Boden krümmte. Najel stöhnte und versuchte, sich auf den Rücken zu drehen. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass er nicht lebensgefährlich verletzt war, beschloss sie, sich Guederic vorzuknöpfen, dessen Verhalten sie zutiefst missbilligte. Auch wenn er mit seinem Angriff dafür gesorgt hatte, dass sie einer schier aussichtslosen Lage entronnen waren, war sein Verhalten leichtsinnig und unverantwortlich gewesen. Er hatte sie alle in Gefahr gebracht, und die wallattische Prinzessin würde ihm deswegen gehörig den Marsch blasen. Sie hatte nicht die Geduld, einen passenderen Moment abzuwarten. Hitzköpfig wie sie war, musste sie ihre Wut jetzt gleich loswerden.
Doch als sie neben ihn trat, verschlug es ihr die Sprache. Guederic kniete auf seinem letzten Gegner und hatte ihm die Hände um den Hals gelegt. Der Mann lebte noch. Er strampelte heftig, um Guederic daran zu hindern, ihn zu erwürgen, doch dieser ließ nicht locker, sondern drückte immer fester zu. Guederics Gesichtsausdruck war schwer zu deuten. Von Anfang an hatte Maara eine gewisse Abneigung gegen den jüngsten Sohn des Herzogs von Kercyan gehabt, aber jetzt fand sie ihn in seinen zerrissenen, blutbefleckten Kleidern einfach nur noch widerwärtig.
»Lasst ihn los«, sagte sie im Befehlston. »Wenn du ihn umbringst, finden wir vielleicht nie heraus, wer uns die Kerle auf den Hals gehetzt hat.«
Guederic schien sie nicht zu hören. Vielleicht hatte er aber auch einfach beschlossen, sie zu ignorieren, ein Gedanke, der ihr gar nicht gefiel.
»Ich sagte, lasst ihn los!«, rief sie aufgebracht. »Er kann sich doch nicht mehr wehren!«
Der Mann flehte Guederic mit Blicken an, auf sie
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