Die Götter - Ruf der Krieger - Grimbert, P: Götter - Ruf der Krieger - Les Gardiens de Ji, Tome 1: La volonté du démon
bestätigen. Und uns hat er nie ein Sterbenswörtchen von all dem gesagt. Warum sollte er sich ausgerechnet dir anvertraut haben?«
»Ich habe nicht behauptet, dass er sich mir anvertraut
hat. Aber er hat seine Erinnerungen meinen Eltern zur Aufbewahrung gegeben.«
Ohne eine weitere Erklärung trat Josion zu einem schweren Holztisch und forderte sie mit einer Kopfbewegung auf, ihm zu helfen. Maara, Damián und Souanne packten mit an, und zu viert trugen sie den wuchtigen Tisch in die Mitte des Saals. Dann schleppte Josion einen Sessel herbei, und Maara und Damián hoben ihn auf seine Aufforderung hin auf den Tisch. Behände kletterte er vom Tisch auf den Sessel, streckte einen Arm nach dem Balken aus, der längs durch den Raum verlief, und tastete dessen Unterseite ab. Er fand rasch, was er suchte: eine im Holz verborgene Klappe. Der Balken war innen hohl!
Josion öffnete die Klappe, schob die Hand in das Versteck und zog eine Metallschatulle hervor. Nachdem er vom Tisch heruntergesprungen war, öffnete er den Deckel der Schatulle. Maara war etwas enttäuscht, als sie sah, was sich darin verbarg: drei gebundene Bücher, jedes bestehend aus mehreren Schreibheften. Mit fast religiöser Ehrfurcht legte Josion sie auf den Tisch.
»Diese Bände enthalten die ganze Geschichte«, sagte er leise. »Es handelt sich um das Tagebuch Maz Achems, eines der weisen Gesandten, die Nol auf die Insel Ji führte; um das Tagebuch der Hochverehrten Ratsfrau Corenn, das von ihrer ersten Reise ins Jal berichtet; und um Amanóns Aufzeichnungen, in denen er den Sieg über Agénor schildert – und über Sombre, den Dämon, der unsere Familien auslöschen wollte.«
Die Bücher wanderten von Hand zu Hand. Mit tonloser Stimme bestätigte Damián, dass eins davon in der Handschrift
seines Vaters verfasst war. Als Maara darin herumblätterte, fiel ihr auf, dass der Name Ke’b’ree an mehreren Stellen vorkam. Auch die anderen sahen sich die Tagebücher in Ruhe an. Nur das von Maz Achem war nicht besondern aufschlussreich, da es zu großen Teilen unlesbar oder in verschlüsselter Schrift geschrieben war.
»Es würde Dekanten dauern, das alles zu lesen«, meinte Lorilis.
»Keine Angst, das müsst ihr nicht«, versicherte Josion. »Zumindest nicht jetzt.«
Mit Damiáns Hilfe holte er den Sessel vom Tisch und ließ sich darin nieder. Dann begann er den anderen die Geschichte ihrer Ahnen zu erzählen.
Es sollte eine lange Nacht werden. Draußen ließ der Regen nach, und die Sonne ging unter. Die Gefährten entzündeten Kerzen und machten Feuer im Kamin. Sie konnten etwas Licht und Wärme gut gebrauchen, denn nach und nach kroch ihnen Kälte in die Glieder und Herzen.
Und gerade Maara bekam Dinge zu hören, die ihr alles andere als gefielen, denn Josion erzählte auch von Saat, einem grausamen Hexer – ihrem Großvater.
Bei jedem Wort von Josion versteinerte Guederic ein wenig mehr. Dabei berichtete sein Cousin in nüchternem Tonfall, ohne Ausschmückungen und Übertreibungen. Trotzdem übte seine Erzählung einen starken Sog auf Guederic aus. Manche Szenen stiegen vor seinem geistigen Auge auf, als wäre er Zeuge der Ereignisse gewesen, und bisweilen hatte er den Eindruck, die Geschehnisse selbst zu durchleben. Es war, als hätte er die Geschichte
schon immer gekannt, als holte Josion lediglich verschüttete Erinnerungen an die Oberfläche.
Guederic zweifelte keine Dezille an der Wahrheit seiner Worte, doch sie stürzten ihn in Abgründe, die nichts mit dem zu tun hatten, was er in den letzten Tagen durchgemacht hatte. Er machte sich schreckliche Sorgen um seine Eltern. Nie hätte er geglaubt, dass die Feinde, gegen die sie sich zur Wehr gesetzt hatten, so mächtig waren. Und gegen wen kämpften er und seine Gefährten jetzt? Gegen den Geist eines besiegten Gegners? Gegen ein neues Ungeheuer? Oder etwas noch Schlimmeres?
Mittlerweile bereute Guederic bitter, sein Gwelom in einem Wutanfall in den Fluss geschleudert zu haben. Josion hatte erwähnt, dass die Steine vor Dämonen schützten – und dieses Schutzes hatte sich Guederic beraubt. Doch nicht nur sich selbst, sondern auch seine Gefährten brachte er durch seine Dummheit in Gefahr. Zwar hatten die Dämonen des Karu schon vor über zwei Jahrzehnten zu existieren aufgehört, in jener schicksalsträchtigen Nacht, in der sich sämtliche Götter und Dämonen mitsamt der niederen Kreaturen, die ihnen dienten, aufgelöst hatten – doch jetzt wurden die Erben von Ji abermals von finsteren
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