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Die Göttin der kleinen Siege

Die Göttin der kleinen Siege

Titel: Die Göttin der kleinen Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yannick Grannec
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virilen Rückenschlag aus. Smith musste durch einen ungefähren Ausfallschritt sein Gleichgewicht halten.
    „Zwischen den USA und der UdSSR gibt es noch eine Welt. Wissen Sie das nicht?“
    „Alles Rote! Hier verkaufen wir gute heimische Technik!“
    „Smith! Sie können einen Apparat doch nicht verdächtigen, kommunistisch zu sein!“
    „Ich weiß, was ich weiß, Ma’am. Aber ich lasse Ihnen fünfundzwanzig Dollar Rabatt auf den Golden Automatic nach. Sie sind gute Kunden.“
    „Er kostet vierhundert Dollar, Kurt! Wir haben nicht die Mittel, uns jedes Jahr einen Kühlschrank für so viel Geld zu leisten!“
    Gleichgültig gegenüber meinem Einwand, polierte Smith einen funkelnden verchromten Admiral Fridge nach, der für zweihundertneunundzwanzig Dollar angeboten wurde. Er wollte den Verkauf mit unschlagbaren Argumenten durchziehen: Das Modell hatte ein zusätzliches Gefrierfach, und die Tür konnte man sowohl nach rechts als auch nach links öffnen. Doch ich hatte nicht die Gespräche der größten Genies dieses Jahrhunderts ertragen, um mich von einem schmierigen Haushaltswarenhändler wehrlos von oben herab behandeln zu lassen. Ich zog meinen Mann aus dem Geschäft.
    „Wir brauchen einen neuen Kühlschrank, Adele. Unserer ist gefährlich – wir laufen Gefahr, vergiftet zu werden.“
    „Wir lassen uns einen aus New York liefern. Smith ist sich unserer Kundschaft zu sicher. Er gibt sich keine Mühe, er will uns übers Ohr hauen.“
    „Du verrennst dich, Adele!“
    „Also wirklich! Überall vermutest du Komplotte, nur nicht dort, wo es sie wirklich gibt.“
    Ich schob Kurt auf den Gehweg, auf dem Rücken spürte ich eiskalt das spöttische Lächeln des Verkäufers.
    „Könntest du bitte versuchen, die simple Tatsache zu begreifen, dass die Leute uns – bestenfalls – für nette Spinner halten, wenn wir so oft einen neuen Kühlschrank kaufen? Und im Augenblick ist es besser, wenn wir uns bedeckt halten.“
    „Wie schade, dass Herr Einstein sein Patent nicht zu Geld gemacht hat!“ 29
    „Er hat eine Menge anderer Dinge im Kopf. Wenn du ihm weiter von deinem Kühlschrank erzählst, lässt er dich am Ende noch einweisen! Beeilen wir uns – du kommst zu spät zu deiner Verabredung bei Albert, und ich komme zu spät zur Friseuse.“
     
    Rose machte sich daran, die Lockenwickler für meine Dauerwelle herauszunehmen. Seit der Haarwäsche spürte ich, dass ihr eine Klatschgeschichte auf der Zunge lag. Da ich deren Tenor schon kannte, tat ich so, als würde ich ihre Anspielungen nicht verstehen. Doch nun konnte sie nicht mehr warten – Zurückhaltung war zu schmerzlich für diese berufsmäßige Klatschbase.
    „Ist es denn nun wahr oder nicht? Ganz Princeton redet darüber. Der Chef Ihres Mannes hat die Bombe an die Russen verkauft. Das stand heute Morgen in der Zeitung.“
    „Wenn Sie alles glauben, was in den Zeitungen steht, kann ich Ihnen auch nicht helfen, Rose.“
    Ohne Rücksicht riss sie eine Strähne vom Lockenwickler.
    „Aber die Oppenheimers sind doch Freunde von Ihnen.“
    Ich zögerte kurz, mich dazu zu äußern, denn in Princeton konnte einem eine harmlose kleine Lüge auf den Kopf fallen wie ein Meteorit, nachdem sie dreimal die Runde durch die Stadt gemacht hatte.
    „Ich habe volles Vertrauen in die Oppenheimers.“
    „Missis Oppenheimer ist ganz schön eingebildet. Finden Sie nicht?“
    „Rose! Dass Sie sie als Kundin verloren haben, gestattet Ihnen nicht, sie aller Verbrechen der Welt zu bezichtigen!“
    Kraftvoll zog sie weitere Lockenwickler heraus.
    „Unsere Geheimnisse an die Kommunisten zu verkaufen! Wie auch immer – wenn die Russen die Bombe haben, dann hat sie ihnen bestimmt einer von uns gegeben, der sich damit auskennt.“
    „Meinen Sie nicht, die Russen wären in der Lage, selbst eine Bombe zu bauen? Glauben Sie nicht, dass auch sie ihren Anteil an verrückten Akademikern haben?“
    Sie verharrte mit dem Kamm in der Hand – dieser Gedanke war ihr noch gar nicht gekommen.
    „Die Oppenheimers sind keine Mitglieder der Kommunistischen Partei, Rose, das weiß ich sicher.“
    Sie sah mich im Spiegel an.
    „Sie verstehen wohl nicht, Missis Gödel – die wertvollsten Mitarbeiter der Kommunistischen Partei sind keine Mitglieder, denn das würde ihre Wirksamkeit beeinträchtigen. Das habe ich in der Zeitung gelesen.“
    „Sie sollten sich mit Harper’s Bazaar begnügen!“
    Am liebsten hätte ich sie stehen lassen und noch mit den letzten Lockenwicklern auf dem Kopf

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