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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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sie am Arm, führte sie zu einer Bank, drückte sie darauf nieder und wartete eine Weile, ehe er sie in ruhigem Ton zum Weitersprechen aufforderte.
    »Es war ihre eigene Schuld«, stieß Noedia hervor, »sie hat sich nicbt untergeordnet. Diese Frauen vom Alten Volk, sie taugen nichts. Immer wieder hat der Herr sie zurechtweisen müssen und sie bestrafen. Dann, Ihr seid schon bei den Wolfskriegern gewesen, Herr, dann ist sie schwanger geworden, und eine Zeitlang hat es so ausgesehen, als habe sie sich gebessert. Je runder ihr Bauch geworden ist, desto besser hat sie sich gefügt. Aber dann, dann –« Noedia brach ab.
    »Weiter! Erzähl alles!«
    »Der Herr, Euer Vater, hat uns manchmal Met zu trinken gegeben, es hat ihm gefallen, wenn wir dann lustig geworden sind«, brachte Noedia heiser hervor. »Und da, er hat verlangt, daß Kugeni Met trinken sollte, aber sie hat sich geweigert. Es ist nicht gut für das Kind, hat sie behauptet. Da hat er ihr erklärt, daß er es ist, der bestimmt, was gut ist und was nicht.
    Warum hat sie nicht geschwiegen und gehorcht?! Aber nein, sie hat sich auf einmal ganz stolz aufgerichtet, einen Blick hat sie gehabt, mein Leben lang habe ich nicht einen solchen Blick gesehen, und dann hat sie gesagt: Die Große Göttin verbietet schwangeren Frauen, sich zu betrinken wie Männer.
    Die Große Göttin! Hier, im Haus Eures Vaters, hat sie diesen Namen in den Mund genommen, in diesem Namen ihm den Gehorsam verweigert! Sie hat doch wissen müssen, was ihr da drohte! Euer Vater hat sie verprügelt, und als sie am Boden gelegen hat, da hat er sie getreten und da ...« Noedias Stimme brach.
    Ein dumpfer Druck lastete auf seiner Brust. Wie als Knabe, wenn er von Alpträumen aufgewacht war und nicht gewußt hatte, wovor er sich fürchtete.
    »Und da?« fragte er.
    »Und da haben die Wehen eingesetzt, und das Kind ist vorzeitig geboren worden, ein Mädchen, und es war tot.«
    Etwas in ihm zog sich schmerzhaft zusammen. Als sei er noch der Knabe, der von Kugeni geträumt hatte. Dann rief er sich zur Ordnung.
    »Das erklärt noch immer nichts«, sagte er. »Kugeni hat also ihr Kind verloren. Was weiter?«
    Noedia knetete den Stoff ihres Rockes, zerrte und zog daran. Mit spröder Stimme fuhr sie schließlich fort: »Kugeni hat das tote Neugeborene in den Arm genommen, ist in den Raum Eures Vaters gegangen, alle Männer waren beim Essen, ich selbst habe Met ausgeschenkt, Eure Mutter hat den Braten geschnitten, da stand Kugeni einfach da, mit dem Finger hat sie auf Euren Vater gezeigt, und dann hat sie ihn verflucht, hat ihn im Namen ihrer Schwarzen Göttin verflucht. Nie wieder soll ihm ein Kind geboren werden, hat sie gesprochen, und noch als Tote werde sie ihre kleine Tochter rächen und ihm den Tod bringen.«
    Lykos erstarrte.
    Aus weiter Ferne hörte er Noedia: »Euer Vater hat seinen Dolch gezogen und sie getötet. Aber es war zu spät. Ihr Fluch ist in Erfüllung gegangen. Eurem Vater wurde kein Kind mehr geboren. Kein einziges Kind mehr.«
    Noedias Stimme steigerte sich zu einer wilden Klage, drängte sich durch Lykos' Entsetzen, drängte sich in sein Bewußtsein: »Wißt Ihr, was das bedeutet hat?! Leer ist mein Schoß geblieben, leer sind meine Arme geblieben! Nie wieder ein kleines Kind, das Glück in meine Tage gebracht hätte! Nie wieder ein kleines Kind, das ich hätte lieben dürfen! Unfruchtbar waren wir alle. Ich. Eure Mutter. Jede andere, die Euer Vater zur Nebenfrau genommen und wieder verworfen hat. Keine Nacht, in der ich nicht die Himmlischen um Erbarmen und Hilfe angefleht habe. Umsonst. Stier um Stier hat Euer Vater geopfert. Umsonst. Keine Macht des Himmels und der Erde konnte den Fluch brechen. Und nun hat er sich ganz erfüllt. Kugeni ist zurückgekehrt und hat Eurem Vater den Tod gebracht!«
    Lykos drehte sich um, ging langsam, traumwandlerisch, zur Tür. Hinter ihm gellte Noedia: »Und solange sie hier ist, wird der Fluch über dem Hof liegen! Kein einziges Kind wird geboren werden, solange sie hier ist!«
    Lykos stürmte aus dem Haus, rang nach Luft.
    Vor der Tür stieß er mit Naki zusammen.
    Erschrocken entschuldigte sie sich, stammelte Worte in seiner Sprache.
    Er packte sie, schüttelte sie und schrie in ihr furchtsames Gesicht: »Du mußt fort, hörst du, fort! Ich will nicht, daß der Fluch auch mich trifft! Ich will nicht, daß Moria unfruchtbar wird! Wenn ich mit meiner Braut zurückkomme, bist du weg!«
    Ratlos schaute sie ihn an, nichts hatte sie verstanden, sie

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