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Die goldene Barke

Die goldene Barke

Titel: Die goldene Barke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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wußte nicht, was er dort machen würde, war sich aber sicher, daß alles, ganz gleich, was geschehen würde, eine Hilfe für seine unklar gefaßten Pläne sein würde.
    Das Gasthaus schien nicht der rechte Zufluchtsort für umstürzlerische Politiker zu sein. Es war groß, hatte Zimmer zu vermieten, verfügte über ein Restaurant, war von gepflegtem Rasen umgeben. Tallow fiel der Name wieder ein. ›Zum schwarzen Wirt‹. Die reichen Leute von Rimsho fanden sich gern dort ein. Die Verschwörer dachten sich wahrscheinlich, daß man die Besucher des ›Schwarzen Wirts‹ über jeden Verdacht erhaben fand.
    Als Tallow das Gastzimmer der Wirtschaft betrat, wurde er von mehreren Gruppen begrüßt. Er erntete freundliche Zurufe, grüßte höflich lächelnd zurück und wußte, daß die Rufe unecht waren, denn die Männer und Frauen winkten deshalb, weil sie dachten, sein Ohr zu haben sei das gleiche wie Zhist zum persönlichen Freund zu haben. Tallow konnte nur schwer begreifen, daß er in Rimsho eine wichtige Persönlichkeit geworden war. Er war der Meinung, es werde nicht einfach sein, mit den Verschwörern Verbindung aufzunehmen, weil die ihn für den letzten hielten, der den Oberst verraten würde. Tallow zuckte in Gedanken die Schultern und gesellte sich zu einer der Gruppen.
    Mr. Slorm, der Inhaber des gutgehenden ›Schwarzen Wirts‹, war verwirrt. Er hatte Tallow eintreten sehen und ihn erkannt, obwohl sich Zhists Sekretär noch nie im Gasthaus hatte blicken lassen. Mr. Slorm war auch deshalb beunruhigt, weil er zu den Königstreuen gehörte. Als ein König das Land regierte, hatte Slorm wesentlich bessere Geschäfte gemacht. Slorm gaukelte sich selbst nichts vor und kannte seine Motive. Oben, in einem der Hotelzimmer, zettelten andere Königstreue eine Verschwörung an. Und unten war Tallow. Hatte man sie verraten? Slorm zupfte geistesabwesend an seinen langen Schnurrbartenden. Die dichten Augenbrauen zogen sich zusammen, bis sie über den tiefliegenden Augen eine durchgehende Linie bildeten. Weshalb war Tallow hier?
    Slorm war es gewöhnt, auf viele seiner Fragen keine Antwort zu finden. Es lag in seinem Wesen, die Dinge zu nehmen, wie sie kamen, und obwohl ihm eine Monarchie lieber war, hätte er sich nie die Mühe gemacht, die Lage zu ändern, wenn sich nicht Largek und dessen Freunde an ihn gewandt hätten. General Largek gehörte zu den wenigen Militärs, die dem verbannten König gedient und Natchos Regime überlebt hatten. Der General rechnete sich jetzt eine Chance aus, die Monarchie wiederherzustellen. Slorm begrüßte diese Entwicklung und hatte das Risiko auf sich genommen, dem General das Hotel als Treffpunkt zur Verfügung zu stellen. Tallows Anwesenheit konnte bedeutungslos sein, sie konnte aber auch das Ende von Slorms Wohl bedeuten. Slorm entschloß sich, den General zu warnen.
    Tallow wußte, daß Slorm ein Königstreuer war, und als er sah, daß der Wirt hastig die Treppe zu den Hotelzimmern hinaufeilte, beschloß er, ihm zu folgen. Er murmelte eine Entschuldigung, verließ die Gruppe und eilte dem Wirt hinterher. Er sah ihn hastig an eine Tür klopfen und eintreten. Tallow sprang ihm mit seinen langen Beinen nach und war an der Tür, als sie eben zufiel. Er lauschte. Bis auf das aufgeregte Gemurmel Slorms war nichts zu hören, und dann antwortete die brummige, ruhigere Stimme des Mannes, zu dem Slorm gesprochen hatte.
    Tallow nahm vorsichtig den Türgriff in die Hand, setzte sein Leben und seine Hoffnungen aufs Spiel, trat in das Zimmer, machte die Tür hinter sich zu und lehnte sich mit einem irren Grinsen an den Türpfosten.
    »Meine Herren«, lächelte Tallow und verbeugte sich, »Ihr Diener.«
    Tallow hatte ein großes Glas Wein hinuntergestürzt, und das tat seine Wirkung. Ihm war jetzt alles egal. Er bemerkte das Erstaunen auf den Gesichtern der versammelten Verschwörer. Er bemerkte es mit Entzücken, mit Begeisterung, und er erkannte General Largek.
    »Guten Abend, General«, lachte er. »Einen schönen guten Abend, Sir. Guten Abend. Sehr erfreut, Sie hier zu sehen.«
    »Was möchten Sie, Mr. Tallow?« fragte Slorm nervös.
    »Sir, was suchen Sie hier?« wollte der General in rasch gespielter Entrüstung wissen. »Gibt es in Rimsho keinen Ort, wo man sich ungestört treffen kann, wenn einem danach zumute ist?«
    »Natürlich gibt es einen, General. Natürlich gibt es diesen Ort, und er heißt ›Zum Schwarzen Wirt‹ und ist der Schlupfwinkel der Königstreuen.«
    Der General fluchte

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