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Die goldene Barke

Die goldene Barke

Titel: Die goldene Barke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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und deine Hilfe. Ich habe noch nie um Hilfe gebeten. Jetzt brauche ich sie.« Sie schüttelte seine Hand von ihrer Schulter ab. »Es ist zu spät, Jephraim«, sagte sie. »Viel zu spät. Vor einem Tag noch hätte ich dir vielleicht geholfen. Aber vor einem Tag hast du meine Hilfe zurückgewiesen. Es hilft nichts, du mußt Hilfe annehmen, wenn sie dir angeboten wird, oder darfst gar nicht mehr mit Hilfe rechnen. Ich bin im Gegensatz zu dir, Jephraim, nur ein Mensch.«
    »Ich bin jetzt auch ein Mensch, Miranda. Hilf mir.« »Zu spät«, wiederholte sie und wandte sich ab.
    Tallow hatte das Empfinden, aus einem tiefen Teich aufzutauchen, und der Teich bestand aus den Gefühlen, die er alle gefürchtet hatte. Er schien an die Oberfläche zu kommen, und sein Kopf wurde klar, und er griff nach seiner Pistole. Er war wieder ruhig.
    »Ich danke dir für das eben, Miranda«, sagte er in Erkenntlichkeit. »Du hast mich mit diesen Worten gerettet. Dich selbst hast du allerdings vernichtet.« Sie drehte sich plötzlich verängstigt um.
    »Nein, Jephraim!« schrie sie, weil sie die Pistole sah und wußte, was er vorhatte.
    »Nein! Das darfst du nicht! Du hast mich geliebt! Ich habe dich geliebt! Nein, Jephraim!«
    Er drückte mehrmals auf den Abzug der Waffe. Sie krachte einige Male, bevor Miranda zusammenbrach. Er warf keinen Blick auf ihren Leichnam. Er wagte es nicht. Er war von Leichnamen umgeben. Riesige Leichname umzingelten ihn, verspotteten ihn und klagten ihn an. Gegen die Anklagen konnte er kämpfen, gegen den Spott jedoch nicht.
    Jetzt war er sich unsicher, was zu tun war. Er konnte flüchten, wollte es aber nicht. Weshalb? Er konnte sich keinen
logischen Grund ausdenken. Die Leichname allein hätten genügen müssen, ihn fortzutreiben. Statt dessen bewegten sich seine Füße automatisch auf die großen Fenster zu, die auf den Balkon führten. Er öffnete sie.
    Bevor er noch begriffen hatte, sprach er schon zu den Leuten. »Meine Freunde«, begann er, »Oberst Zhist ist tot. Der Tyrann, dem wir dienten, ist vernichtet. Aber nun steht unsere Freiheit auf dem Spiel. Uns droht jetzt Krieg, und wenn der Feind gewinnt, wird man unser Volk unterdrücken. Ist uns das Joch einmal aufgelegt, wird es Jahrhunderte dauern, es wieder abzuschütteln. Wir können nicht gegen die Eindringlinge kämpfen, aber sorgen wir dafür, daß wir ihnen nichts schenken, wenn sie kommen. Jagt eure Fabriken in die Luft und sucht Zuflucht in den Wäldern und in den Bergen. Wir haben nur die Hoffnung, weit fort zu gehen und für unsere Kinder eine neue Heimat zu suchen. Es ist nicht nur die Schuld unserer Führer, daß wir so leben. Es liegt auch an unseren Städten, unserer Gesellschaft, unseren Lebensumständen. Die Gier ist unser Untergang. Macht einen neuen Anfang, oder ihr werdet eure Tage im Elend hinbringen.«
    Die Woge spöttischen Gelächters, die Tallow entgegenschlug, tat seinen Ohren weh. Er wandte sich um und floh. Jetzt waren seine Gedanken endlich nur noch auf sein Boot und die goldene Barke gerichtet.

    Siebzehntes Kapitel

    T allow fährt nun weiter den Fluß hinab. Seine Gedanken
    sind chaotisch, sein Handeln verwirrt. Er kommt sich
            wie ein Krüppel vor. Manchmal schluchzt er, stöhnt er. Dann lacht er wieder. Er ist rastlos, kann nicht schnell arbeiten, da Arme und Beine nur langsam auf die Befehle seines Gehirns reagieren. Er springt in seinem Boot als grimassenschneidender Narr umher. Von Harmonie keine Spur. Er ist der Gegensatz all dessen, wofür die goldene Barke steht. Die ursprüngliche Sehnsucht ist verschwunden oder hat sich geändert. An ihre Stelle ist krampfhafter Zwang getreten. Es ist nicht mehr wichtig, was die Barke darstellt. Die Frage, was sie vielleicht bieten könne, erregt Tallows jämmerlichen Geist nicht mehr. Der arme Kerl wird jetzt von der Gewohnheit , von nackter, unabänderlicher Gewohnheit vorangetrieben, denn etwas hat auf unseren Helden abgefärbt: Er ist nicht unbeeinflußt geblieben, und das trägt zu seinem Untergang bei. Der unschöne, ungeschliffene, unredliche, blinde, lächerliche Tallow hat sogar seinen fragwürdigen Glauben verloren. Der Glaube ist fort, und Tallow bemüht sich in seinem Wahnsinn lachhafterweise, ihn wiederzuerlangen. Tallow hofft, daß ihn der Anblick der Barke in seinen früheren Geisteszustand zurückversetzen wird. Aber es ist zuviel geschehen, und Tallow ist in seiner Schwäche sogar noch schwächer geworden. Er hat seine Träume verloren, kann sich

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