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Die goldene Barke

Die goldene Barke

Titel: Die goldene Barke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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wahnsinnigen Befehls ist das Land jetzt am Ende. Ohne Vertrauen in ihre Führung werden sich die Leute nie gegen den Feind zusammenschließen, um ihm zu widerstehen.« Zhists Stimme bebte vor Zorn und Entsetzen. »Alles, wofür ich gekämpft habe, wird sich in wenigen Tagen auflösen, und zwar wegen Ihnen!« Er hatte offenbar Tallows letzte Worte nicht genau gehört.
    »Na und?« grinste Tallow gemein. »Was macht das schon?«
    »Sie haben das absichtlich getan?« Zhists Stimme klang un
    gläubig. »Sie haben es geplant? « »Ja.«
    »Sie wußten, daß man mir die Schuld geben würde?« »Ja.«
    »Warum, Tallow?« Zhists Stimme klang jetzt flehend. In seinen Augen standen Tränen, und Tallow wußte nicht, ob sie der Zorn oder der Kummer aufsteigen ließ. »Weshalb haben Sie mich hintergangen?«
    »Sie haben selbst gesagt, daß ich Ihnen keine Treue zu halten habe.«
    »Aber so weit hätten Sie doch nicht gehen dürfen.«
    »Doch, obwohl Sie nie begreifen werden, warum. Ich habe
versucht, mit Ihnen vernünftig zu reden. In gewisser Hinsicht
haben Sie es sich selbst zuzuschreiben.«
»Wie meinen Sie das?«
    »Ich kann es nicht noch einmal erklären.« Tallow hatte nicht gedacht, daß die Unterredung so schwierig werden würde. Er ertappte sich bei dem Versuch, sein Handeln zu rechtfertigen. Was war an dem fanatischen kleinen Armeeoffizier, das in ihm Gefühle aufsteigen ließ, die er nicht mochte?
    »Wenn Sie mich so haßten, daß Sie das tun konnten, was ist dann mit all den unschuldigen Menschen, die leiden werden?« »Die verdammten Leute. Auf sie kommt es mir nicht an. Es ist unwichtig, ob sie jetzt oder in ein paar Jahren sterben.« »Ich mache mir nicht Sorgen wegen ihres Lebens. Es geht um ihre Freiheit, um die Freiheit ihrer Kinder. Begreifen Sie das nicht? Sie haben ein Recht auf Freiheit. Sie haben ein Recht darauf, freie Individuen zu sein.« »Wer gab ihnen diese Rechte?« » Ich wollte ihnen diese Rechte geben.«
    »Haben sie Sie darum gebeten? Haben sie Sie darum gebe
ten? Haben sie das?«
»Nein, aber …«
    »Sehen Sie. Das Volk verlangt Essen, Luft und Sex. Mehr
    will es nicht. Sie – und Männer wie Sie – bestimmten, daß die Leute diese formlosen Rechte wollten. Sie haben sich eingemischt, nicht ich .«
    »Tallow, jeder Mensch hat das Recht, so zu leben, wie es ihm gefällt.«
    »Genau. Und Sie sorgen nur dafür, daß er auf andere Art lebt. Sie lassen ihn nicht leben, wie es ihm gefällt. Ein Mensch lebt, wie er leben muß .«
    »Ihre Einwände spielen keine Rolle. Wie soll ich die Leute von etwas abhalten, das sie bedauern werden?«
    »Die Taten von denen spielen keine Rolle. Sie bedauern schon, den König und Natcho abgesetzt zu haben. Sie werden bedauern, Sie abgesetzt zu haben, wenn ihnen ein Eroberer im Genick sitzt.«
    Zhist schüttelte den Kopf und wandte Tallow den Rücken zu. »Ich kann Sie nicht verstehen, Tallow. Ich kann es nicht. Ich versuchte, Ihnen zu helfen.«
    »Sie haben versucht, zu vielen Leuten zu helfen, Oberst Zhist. Viel zu vielen. Da draußen hören Sie deren Dank.« Der Mob tobte. Er stürmte die Tore des Palastes. Ein paar Wachposten leisteten halbherzigen Widerstand, es war offenkundig, daß sie zwischen ihrer Pflicht und ihrer Neigung hin und her schwankten.
    »Sie sagten, Sie wollten ein tolerantes Regime«, fuhr Tallow fort. »Und Ihre ganzen Voraussetzungen beruhen auf Intoleranz. Intoleranz Natcho gegenüber, Intoleranz einem politischen System gegenüber. So hat die ganze Sache begonnen. Sie waren einem ziemlich harmlosen System gegenüber intolerant. Sie sagten selbst, daß es harmlos war. Sie sagten, der Fehler lag darin, daß es ›überholt‹ war. Duldsamkeit ist schön, wenn sich jeder daran hält, so wie ich hoffte, mich daran zu halten. Wie ich mich einst daran gehalten habe. Nichteinmischung. Nennen Sie es, wie Sie wollen. Wenn Sie Ihr harmonisches Utopia wünschen, können Sie nicht Politiker sein. Sie müssen lernen, ganz und gar tolerant zu sein, und dabei hoffen, daß es funktionieren wird, und zwar Schritt für Schritt. Sie können die Toleranz nicht erzwingen , Oberst.« »Ich liebte doch diese Leute.«
    »Ich habe sie nie geliebt und auch nie gehaßt, Oberst. Ich bin nicht fähig zu lieben oder zu hassen. Oberst, ich habe eben erst begriffen, daß ich mehr als Sie zu diesen Leuten gehöre. Ich vertrete die ›Masse‹, Oberst. Ich will nicht, daß man mir hilft. Ich möchte einfach mein Leben ohne Einmischung leben, wenn irgend möglich. Sie

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