Die goldene Göttin
aufregender Vormittag. Ich glaube, ich werde lieber schlafen.«
»Wie du willst, Barbar. Fünf Yolars, wenn du eine willst. Die Qualität ist sehr gut.«
Sobald der Wächter gegangen war, streckte Fortune sich wieder auf die Pritsche, versuchte die Chancen eines Ausbruchs zu kalkulieren und hoffte auf eine Nachricht von Webley.
*
Der Symbiont war beschäftigt. Er hatte Hannibal Fortunes Aufenthalt bereits ermittelt und sich auf das Problem konzentriert, seinen Partner zu befreien. Das Verlies hatte keine Fenster, und so konnte er nicht einfach hinfliegen. Unglücklicherweise gab es in diesem entlegenen Winkel der Zeit weder Katzen noch Hunde, jedenfalls nicht in gezähmter Form. Andererseits wimmelte die Stadt von Ratten, und Webley war nahe daran, in dieser Verkleidung einen Versuch zu wagen, als ihm einfiel, daß er als fünfzehnpfündige Ratte nicht gut unbemerkt bleiben konnte. Selbst als Schlange müßte er sich bei zwei Metern Länge einen Durchmesser von fast fünf Zentimetern zulegen. Zwar konnte er bequem mit viel geringeren Durchmessern operieren, aber das gäbe ihm eine lästige Körperlänge, mit der er seinem Gefährten nicht viel nützen konnte. Eine praktikablere Lösung wäre, auf das Dach des Gefängnisses zu fliegen und einen Fühler durch irgendeine Öffnung zu entsenden. Ob er auf diesem Weg mit Fortune Verbindung aufnehmen konnte, blieb allerdings zweifelhaft.
Wenigstens würde Fortune für eine Weile nirgendwo hingehen, und Webley hatte schon immer sein Talent als Organisator beweisen wollen. In Llandro und seinen Diebsgenossen glaubte er die ideale Gruppe gefunden zu haben. Alle waren gläubige Anhänger Nodiesops und alle hegten einen gesunden Haß gegen jede Art von Obrigkeit, besonders aber gegen die Wächter. Einschließlich des gewitzten Llandro, der Wortführer dieser Gilde zu sein schien, waren sechsunddreißig Männer in der strohgedeckten Hütte versammelt. Zwölf saßen um einen langen Tisch in der Mitte des Raumes, die anderen auf Bänken an den Wänden.
Llandro hatte seine Geschichte über den tapferen Barbaren beendet. Die Diebe ächzten ihren Applaus, sowohl für die Kühnheit des wackeren Fremden wie auch für die Erzählkunst ihres Anführers.
Webley, der sich um ein Loch im Strohdach ausgebreitet hatte, hielt den Augenblick des Eingreifens für gekommen. Er nahm eine Gestalt an, die ihren religiösen Vorstellungen entgegenkam, und ließ sich durch das Loch fallen.
Es ist immer etwas verblüffend, selbst für einen so kaltblütigen Mann wie Llandro, einen fünfzehnpfündigen Fisch durch das Dach fallen und mit lautem Klatschen auf dem Tisch landen zu sehen. Einige der Meisterdiebe warfen ihre Stühle um, als sie vor der unerwarteten Erscheinung zurücksprangen. Auch Llandro wich erbleichend zurück und murmelte: »Bei Nodiesop!«
»Sehr richtig«, sagte der Fisch.
Selbst religiöse Menschen atmen freier, wenn ihre Götter stumm sind. Wunder sind aus zweiter Hand immer schmackhafter. Llandro blickte bestürzt um sich, dann verfinsterte sich seine Miene. »Wer hat das gesagt?« fragte er scharf.
»Ich habe das gesagt, Freund Llandro«, erwiderte der Fisch und verwandelte sich in einen kleinen Delphin.
Nornis Tanz, der Schwertkampf des unbekannten Barbaren – und nun dies. Llandro schloß seine Augen und öffnete sie wieder. Die Erscheinung war immer noch da. »Gelobt sei Nodiesop«, murmelte er. Fünfunddreißig Halunken griffen die Formel auf und wiederholten sie nervös.
Webley formte seine Gestalt zu einer großen Muschel um, die sich langsam öffnete und Nodiesops bärtiges Haupt zur Schau stellte, wie es jeder der Anwesenden von Wandgemälden kannte.
»Nun, da ihr erkannt habt, wer ich bin«, sagte Webley mit einer Stimme, die an donnernde Brandung gemahnte, »möchte ich, daß ihr mir einen Dienst erweist. Llandro, du bist Wortführer dieser Gruppe und sprichst für alle – ist das so?«
»So ist es«, gab der andere zu. Mißtrauisch beäugte er den Kopf.
»Kennt ihr meine Dienerin, die von manchen Ungläubigen die »Verrückte von Manukronis« genannt wird?«
Llandro versicherte dem Meeresgott, daß er sie kenne.
»Seit mehreren Jahren verkündet sie euch, daß ich einen Rächer schicken würde, der den verwerflichen Kult um das Götzenbild dieser Yolarabas ein Ende machen soll. Gestern sprach sie gegen König Kronos, und die Bewohner dieser Stadt verfolgten sie und suchten sie zu töten. Zu ihrer Rettung mußte ich meinen Rächer vorzeitig
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