Die goldene Königin
und Guillaume lieà sie los, jedoch nicht ohne das Parfum an ihrem Nacken und ihrem Hals einzuatmen.
Auf der anderen Seite des Ufers wartete der unendliche Zug aus Wagen. Ãberall ertönten Schreie, es herrschten Unruhe und Aufregung. Die Kutscher überprüften den Sitz der Räder an ihren Wagen und beruhigten ihre Tiere.
Doch Orpheus beruhigte sich nicht, und je gereizter die Stallburschen wurden, desto eigensinniger zeigte sich die Stute. Plötzlich riss sie sich von dem Seil los, mit dem sie an Bord der Fähre angebunden war und begann zu rutschen. Mit dem ihm eigenen Elan stürzte François zu Philibert, der versuchte, das Tier festzuhalten.
Marguerite kannte ihren Bruder gut genug, um zu wissen, dass er diesen Zwischenfall dazu nutzen würde, sich erneut die Bewunderung des Hofes zu sichern.
Orpheus rutschte gefährlich. Da sie zu sehr aus dem Gleichgewicht geraten war, sah die Stute nur noch die Möglichkeit, in das aufgewühlte Wasser zu springen.
Plötzlich sah die staunende Menge, wie der König die Arme hob, Schwung holte und von der Fähre auf die Kruppe des Pferdes sprang.
»Der König ist mit dem Pferd in den Fluss gesprungen«, schrie die Menge.
Bonnivet, der ebenso ungestüm wie sein Freund war, sprang hinterher. François rutschte und konnte sich in der starken Strömung kaum halten. Mit Philibert, der sich ebenfalls in den wilden Fluss gestürzt hatte, versuchten sie, das Tier wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Doch Orpheus wieherte, wehrte sich, ging unter und tauchte wieder auf. Der König griff die Trense des Pferdes und versuchte, das Tier mit dem Kopf über Wasser an Land zu ziehen.
Philibert und Bonnivet, die von hinten nachhalfen, erhielten eine Ladung Wasser direkt ins Gesicht. Als die Stute François plötzlich einen heftigen Stoà mit dem Kopf versetzte, versank dieser unter dem Aufschrei der Menge im Wasser. Der König wurde von der Strömung nach unten gerissen und war nirgends zu sehen.
»Himmel!«, murmelte Marguerite, an deren Seite sich Louise eingefunden hatte, »was er da macht, ist lebensgefährlich. Tauchen und Schwimmen gehörten noch nie zu seinen Lieblingssportarten.«
Marguerite suchte mit Blicken den Fluss ab. Der Hof war starr vor Schreck und wagte kaum zu atmen. Die Schreie klangen gedämpfter, und die Menge raunte:
»Der König ist mit dem Pferd seiner Schwester ins Wasser gesprungen. Er ertrinkt.«
Bonnivet, der auch nicht besser schwimmen konnte als der König, versuchte vergeblich zusammen mit Philibert das Pferd ans Ufer zu schaffen.
Als der König noch immer nicht wieder auftauchte, verstärkte sich das Raunen der Menge. Von der anderen Seite des Ufers schrie jemand:
»Der König ertrinkt, der König ertrinkt!«
Die Menge war in Aufruhr, alle schrien durcheinander. Besorgt schritt Louise mit groÃen Schritten am Ufer auf und ab. Am liebsten hätte auch sie geschrien, um ihr in den Adern gestocktes Blut wieder in Fluss zu bringen. Doch sie hielt sich zurück, ebenso Marguerite, die sich über den Fluss beugte, als wolle sie eine schlaffe, leblose Gestalt herausziehen.
Plötzlich tauchte schemenhaft Françoisâ Kopf auf. Dann ragte ein regloser Arm auf, den Bonnivet sofort ergriff.
»Der König lebt!«
In dem Augenblick galoppierte ein Soldat, den ganz offensichtlich die johlende Menge alarmiert hatte, in hohem Tempo zu dem am Ufer versammelten Hof, sprang vom Pferd, stürzte sich ins Wasser und zeigte Orpheus, dass sie ganz einfach bis ans andere Ufer schwimmen konnte.
Die Stute verstand, und Mann und Pferd erreichten seelenruhig das andere Ufer, während Bonnivet den halb bewusstlosen François auf den Sand zog. Sofort eilten ein paar Diener mit Tüchern herbei, um den König zu trocknen, aber da dieser noch nicht wieder ganz bei sich war, legte man ihn auf den Bauch, damit er zunächst das ganze Wasser ausspuckte, das er geschluckt hatte.
Montmorency und Chabot, die nicht schwimmen konnten, hatten den Vorfall untätig mitansehen müssen. Um sich nützlich zu machen, nahmen sie nun den Dienern rasch die Kleider aus der Hand und reichten sie dem König.
»Ihr solltet Euch etwas Trockenes überziehen, Sire, sonst droht Euch eine Bronchitis.«
François richtete sich auf. Er sah, dass Marguerite, seine Mutter und seine Freunde sich über ihn beugten und sich eifrig bemühten, ihm ein untadeliges Bild
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