Die goldene Königin
tänzeln, dem das durchaus gefiel, und platzierte sich neben dem Pferd ihres Bruders.
Charles dâAlençon, dem die Gesellschaft von Bonnivet etwas missfiel, wendete sein Pferd und galoppierte zu seinem Schildknappen und einigen Waffenbrüdern, die an dessen Seite ritten.
In Nantes erreichte der Fluss seine volle Breite. Die Zuflüsse des Atlantiks machten ihn mächtig, und er verströmte einen starken Seegeruch. Um den sandigen Stellen auszuweichen, hatten die Männer das Gefolge angehalten, und auch die Kähne hatten einen Moment ihren Verkehr eingestellt. Die Lastkähne, die nur einen Meter Tiefgang benötigten, um eine Ladung von einhundert Tonnen zu transportieren, versetzten François jedes Mal aufs Neue in Erstaunen.
Der Wind lieà auf sich warten, und in den umliegenden Gasthäusern leerten die Schiffer einige Flaschen und erzählten sich die neuesten Neuigkeiten. Als eine anständige Brise die Segel blähte, liefen die Seeleute auf die Brücken, und Schlepper übernahmen die Spitze des Zuges. Es folgten ein Dutzend leichtere Boote, die Lebensmittel für den Hof, Seide aus Lyon oder Mailand, Ãl aus der Provence, Tuch aus Mechelen, Eisen aus Spanien und andere Produkte geladen hatten.
Für seine Ankunft in Nantes, die Heimat seiner Gattin, trug der junge König ein weiÃes Seidenwams mit blauen Litzen, den Farben der Bretagne. François strahlte. Das Feuer und der Schwung seiner Jugend waren zwar nicht mehr neu, wirkten dafür aber noch dynamischer.
»Eure Gattin ist strahlend schön, mein Sohn. Das Volk wird dieses schöne Paar bejubeln.«
»Mutter«, bemerkte Marguerite mit der gewohnten Natürlichkeit, »die Wagen von Claude scheinen mir zu weit entfernt.«
Sie hatte plötzlich den Eindruck, dass die Sorglosigkeit ihres Bruders zusammen mit der Unnachgiebigkeit ihrer Mutter zu schwer auf den zarten Schultern der jungen Königin lasteten.
»Seht Ihr nicht, wie blass sie ist?«, beharrte Marguerite. »Sie hatte beim Aufstehen erste Schmerzen. Es könnte sein, dass sie mitten im Gefolge weitere überkommen. Wenn ihre Kutsche zu weit entfernt ist, laufen wir Gefahr, dass unser Einzug in die Stadt für sie unehrenhaft verläuft.«
»Was den Seelenfrieden der Königin angeht, hast du recht, meine Tochter, aber ich glaube fest, dass das gute Volk von Nantes diese Art Schauspiel zu schätzen weiÃ. SchlieÃlich schenkt sie ihnen einen bretonischen Thronfolger.«
»Einen bretonischen Thronfolger?«
»Claude hat zwei Töchter. Doch weder Louise noch Charlotte vermögen es, die Einwohner von Nantes zufriedenzustellen.«
Währenddessen näherten sie sich den zwei Wagen der Königin. Die eine etwas bescheidenere Kutsche war mit schwarzem, weiÃem und violettem Damast ausgeschlagen. Die andere, die im Fall einer frühzeitigen Niederkunft den künftigen französischen Thronfolger empfangen musste, war mit goldenem Tuch und karmesinroten Wandbehängen ausgestattet. Der Hermelin von Anne de Bretagne, der sich später mit dem Salamander von François verbinden würde, war ebenso unveränderlich wie zu Zeiten der Duchesse de Bretagne am Betthimmel angebracht.
In ihrem mit Perlen und silbernen Blumen bestickten Kleid schickte sich Marguerite an, an der Seite des jungen königlichen Paares die Ovationen der Menge entgegenzunehmen.
Nantes sparte weder mit Begeisterung noch mit Jubelschreien, und als der Aufruhr seinen Höhepunkt erreichte, wog Louise sorgfältig seine Wirkung ab.
Zwischen seiner Schwester und seiner Gattin grüÃte der König mit groÃen liebenswürdigen Gesten. Ohne seine Wahlheimat, die Touraine, oder seinen Geburtsort Angoulême zu vergessen, begann ihm diese seltsame, abgelegene Provinz zu gefallen. Obwohl ihre Anwandlungen seinen Vorgängern häufig geschadet hatten, gehörte sie doch zur französischen Krone.
Ermutigt von Marguerite, aber vor allem um das Glück von François nicht zu trüben, schenkte Claude der Menge ein ängstliches, besorgtes Lächeln, ein Lächeln, das gezwungen und angespannt wirkte. In Wahrheit ertrug sie ihren groÃen Körperumfang während einer Schwangerschaft immer weniger. Sie war grenzenlos erschöpft. Dennoch stieg in ihr eine überschwängliche Freude auf, empfand sie ein vollkommenes Glück, das nur an dem zarten Leuchten in ihren Augen zu erkennen war und von dessen
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