Die goldene Königin
Ausmaà niemand etwas ahnte.
Doch Claude verfügte nicht über groÃe Ressourcen. Müde von den Anstandsregeln, die sie respektieren musste, angestrengt von den Zwängen, die der Hof ihr auferlegte, ohne Energie und ohne geistige und körperliche Kräfte, mit denen sie der Krone standhalten konnte, dachte Claude nur noch an das Kind, das in Kürze das Licht der Welt erblicken würde.
Wenn sie verzweifelt mit ihrer kleinen runden Hand der tosenden Menge winkte, deren Rufe ihr in den Ohren dröhnten und ihren Schädel in kleine Stücke sprengten, weigerte ihr Verstand sich, dem Volk entgegenzukommen.
Wie sollte sie sich auf all diese Menschen konzentrieren, wenn in ihrem Kopf nur Sorge um das zu gebärende Kind herrschte. Erneut dachte sie an ihre Mutter, die keinen Sohn aufgezogen, obwohl sie fünf Söhnen das Leben geschenkt hatte. Nur zwei waren lebend zur Welt gekommen, einer hatte wenige Monate, der andere wenige Jahre überlebt. Beide wurden von einer jener Kinderkrankheiten dahingerafft, die man damals nicht heilen konnte.
Nachdem sie sich mehrere Wochen im Schloss von Nantes aufgehalten hatten, wo Claude wieder zu Kräften kam, bat Charles dâAlençon den König um Erlaubnis, auf sein Schloss zurückkehren zu dürfen.
»Ihr wisst, Sire, dass ich mir nicht viel aus Reisen mache, es sei denn, sie dienen einem Kampf oder Krieg. Ich glaube, dass meine Gattin in Eurer Gesellschaft sicher aufgehoben ist, und da Ihr nicht auf sie verzichten könnt â¦Â«
Er zögerte und hatte plötzlich den Eindruck, er sei zu weit gegangen, doch François zeigte sich bester Laune.
»Das ist richtig, werter Schwager. Ich trenne mich nur ungern von meiner Schwester. Glaubt mir jedoch, dass ich Euch lieber an ihrer Seite sähe.«
Mit ausladender Geste fügte er dann groÃzügig hinzu:
»Aber dass Euer Schloss unter Eurer Abwesenheit leidet, verdrieÃt mich ebenfalls. Reist also ab. Ich hindere Euch nicht.«
Und so begab sich der Duc dâAlençon auf den Weg zu seinen Ländereien und lieà seine Frau widerwillig bei dem königlichen Gefolge in Nantes zurück.
Am Ausgang von Nantes musste der Tross mit Hilfe von Fähren die zunehmend aufgewühlte Loire überqueren, um über Cholet nach Châtellerault bis nach Poitiers zu gelangen.
Der Ansturm auf die Anleger verstärkte sich. Die vielen Pferde und Kutschen, die es über den Fluss zu setzen galt, überforderten die Fährmänner und Flussschiffer.
Marguerite ritt auf Orpheus, und beim Anblick der Fähre scheute das ansonsten so ruhige Pferd.
»Du hättest Eurydike nehmen sollen«, bemerkte ihr Bruder. »Die mag das Wasser und hat überhaupt keine Angst.«
»Eurydike ist momentan zu nervös. Kaum komme ich in ihre Nähe, reagiert sie gereizt. Philibert hat einen Deckhengst gefunden, der ihr zu gefallen scheint. Ich glaube kaum, dass ich sie reiten kann, bevor wir Châtellerault erreichen, vielleicht sogar erst in Cognac.«
Sie fasste die Zügel ihres störrischen Pferdes nach.
»Na komm, meine Schöne, komm, meine Hübsche«, lockte sie und strich der Stute über die Flanke. »Stell dich nicht an. Es ist schlieÃlich nicht das erste Mal, dass du eine Fähre besteigst! Der Fluss ist ein bisschen aufgewühlt, aber es wird nichts geschehen.«
Es nahte ein ganzer Trupp aus Soldaten, Stallburschen und Kutscher, an ihrer Spitze Bonnivet.
»Lasst mich Eure Stute beruhigen, Marguerite«, sagte er amüsiert.
»Nein, Guillaume! Ich bitte Euch. Ich kenne mein Pferd. Ich glaube, dass dieser ganze Auftrieb es verrückt macht.«
Während sich der Tross ans Flussufer begab, versuchte François das Tier zu beruhigen. Er und seine Edelmänner drängten an Marguerites Seite, die gefährlich schief auf dem Rücken des verängstigten Pferdes saÃ.
»Himmel! Sie hat noch nie so viel Angst gehabt«, stellte die junge Frau fest, während sie sich aufrichtete und sich an den Hals des Pferdes klammerte. »Komm, meine Schöne! Beruhige dich. Wir sind im Wasser, aber du kletterst auf die Fähre, und alles wird gut.«
Orpheus tänzelte aufgeregt im Fluss umher, bäumte sich auf und wieherte. Dabei durchnässte die Stute im Nu Marguerites Kleid. Als es erneut scheute, verlor Marguerite das Gleichgewicht, und Bonnivet fing sie in seinen Armen auf. Unwillkürlich wich Marguerite zurück,
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