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Die goldene Königin

Die goldene Königin

Titel: Die goldene Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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uns ständig für die andere ausgeben. Das ist lustig, alle fallen darauf herein.«
    Da sie keine Lust hatte, Nicolas zu erwähnen, fuhr Mathilde in heiterem Ton fort:
    Â»Wir sehen genau gleich aus.«
    Â»Nun, ich nehme an, dann kommt der kleine Louis nach seiner Mutter, denn ihr habt beide das Aussehen eures Vaters geerbt. Himmel, das ist wirklich frappierend!«
    Mathilde schwindelte. Sie fasste sich an die Stirn und spürte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen.
    Â»Ja! Nein!«, antwortete sie schwankend. »Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht, Tante Constance. Erzählt Ihr mir von meinem Vater?«
    Â»Aber natürlich erzähle ich dir von ihm. Ich werde dir alles sagen, was du wissen willst.«
    Mathilde spürte, wie ihre Beine nachgaben. Constance stützte sie mit Hilfe eines Knechts. Mathilde wich jegliche Farbe aus dem Gesicht, und die Blässe ließ Schlimmes befürchten. Allmächtiger! Hatte sie etwa ganz umsonst die schreckliche Tat dieses Monsters Hieronymus über sich ergehen lassen, nur um nun die süßen Worte ihrer Tante zu hören?
    Â»Aber was ist mir dir, mein Kind? Du machst mir Sorgen.«
    Dann beugte Constance sich über sie und flüsterte ihr zu:
    Â»Du bist doch nicht etwa schwanger? Ich weiß von deiner Mutter, dass du sehr frei bist.«
    Â»Nein! Nein!«, rief Mathilde und stand eilig wieder auf. »Mir geht es sehr gut. Die lange Reise und die Wärme machen mir zu schaffen. Und die Angst, Euch nicht zu finden, denn ich habe kein Geld und hätte nicht gewusst, wohin ich gehen soll.«
    Â»Hat Alix dir nichts gegeben?«
    Â»Ich … Ich bin abgereist, ohne ihr etwas zu sagen.«
    Â»Du kleines Biest! Das ist genau das, was ich befürchtet habe. Was hast du dir nur dabei gedacht?«
    Â»Tante Constance, ich bitte Euch. Seid nicht verärgert. Es wäre mir unerträglich gewesen, Mama Sorgen zu bereiten. Ich habe ihr bei meiner Abreise einen langen Brief geschrieben, damit sie sich nicht grämt.«
    Â»Das hoffe ich doch.«
    Â»Und sie wird in Kürze eine weitere Nachricht erhalten, die Seigneur des Baux, der Kapitän der königlichen Galeeren, geschickt hat. Ich habe mich an ihn gewandt, um das Mittelmeer zu überqueren.«
    Â»Nun, du scheinst nach mir zu kommen«, seufzte Constance, »du weißt deine Beziehungen zu nutzen.«
    Â»Manchmal täusche ich mich allerdings«, seufzte Mathilde.
    Â»Ach, das spielt keine Rolle. Dir fehlt es nur an Erfahrung. Es gibt ein paar Regeln für das, was man tun und was man lassen sollte.«
    Â»Welche?«
    Constance lachte.
    Â»Das ist nicht der richtige Moment, um darüber zu sprechen. Ich werde es dir später erklären Ich glaube, wir werden einige Gemeinsamkeiten entdecken.«
    Das erste Souper fand in einem riesigen Saal statt, der eines französischen Schlosses würdig gewesen wäre. Don Peralta traf zu Beginn des Mahls ein, ein großer hagerer Mann, der eindeutig älter als die gerade einmal vierzigjährige Constance war. Er musste über sechzig sein, aber das sah man ihm nicht an. Seine schlanke, schlaksige Gestalt, das von weißen Haaren umrahmte Gesicht, das nur von wenigen Falten durchzogen war, ließen ihn nicht alt erscheinen und wirkten anziehend auf eine reife Frau, für die sein Alter unübersehbare Vorzüge bedeutete.
    Er betrachtete Mathilde mit gutmütigem Blick, hinter dem jedoch unverhohlene Neugier aufblitzte.
    Â»Ah, eine der Zwillingstöchter der berühmten Weberin aus Tours, von der meine Gattin so häufig spricht! Ihr müsst ihr Bologna zeigen, meine Liebe.«
    Â»Wo mein Vater gestorben ist?«
    Â»Natürlich. Du darfst nicht ohne eine kleine Rundfahrt abreisen, die dich ihm ein bisschen näherbringt.«
    Warum wollten sie ihr nur auf einmal alle helfen? Mathildes Blut geriet in Wallung. Nun, sie wollte von der Offenheit ihrer Gastgeber profitieren.
    Â»Ich würde sehr gern den Palazzo Medici besuchen.«
    Â»Der Palast ist eine wahre Festung, und dort erfährst du nichts. Man wird dich noch nicht einmal durch die Tür lassen. Versuche es lieber bei deinen Halbbrüdern. Sie wohnen im Zentrum.«
    Â»Und wenn sie mich hinauswerfen?«
    Â»Das ist gut möglich. Wissen sie überhaupt von deiner Existenz? Beleidige sie nicht, wenn sie dich zurückstoßen. Bleib kühl und überlegen. Das wird sie beeindrucken und zum Nachdenken

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