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Die goldene Königin

Die goldene Königin

Titel: Die goldene Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Augen an. Sowohl in ihren als auch in den goldbraunen Augen Marguerites stand unübersehbarer Mut.
    Â»Aber Ihr seid durchnässt«, stellte Dame de Châteaubriant fest und ließ den Blick über Marguerites Kleidung gleiten, deren Saum bereits zu triefen begann.
    Marguerite zeigte ein zartes Lächeln.
    Â»Nun, ich mag durchnässt sein, aber Ihr seid in Gefahr! Kommt in meine Kutsche. Wir halten in Chaumont, um dort die Nacht zu verbringen. Im Morgengrauen reisen wir weiter. Vielleicht haben wir Glück, und es herrschen dann weder Regen noch Gewitter noch Sturm.«
    Sie reichte der jungen Frau die Hand, die sich in ihrer unglücklichen Position unwohl zu fühlen begann, und forderte sie auf auszusteigen.
    Â»Bringt das Personal der Dame de Châteaubriant in meinem Wagen unter«, ordnete Marguerite an. »Wir fahren nach Chaumont.«
    Anschließend half sie Françoise de Châteaubriant, sich aus ihrer unglücklichen Lage zu befreien, und führte sie zu ihrer Kutsche.
    Polternd öffnete sich in dem stürmischen Wind die Tür des Gasthauses. Der Wind verfing sich in den beiden Türflügeln und tobte wie ein gefährlicher Riese zwischen ihnen. Der kalte Regen fiel unerbittlich in dichten Tropfen. Die Türen der Ställe knallten, und durch die Fenster drang das Pfeifen des Windes, das in dem Knistern des Feuers unterging.
    Â»Die Damen sind durchnässt«, stellte die Dienerin fest und schob sie durch die Tür ins Innere des Gasthauses.
    Marguerite, ihre Dienerinnen und die Comtesse de Châteaubriant schüttelten sich und stöhnten vor Wohlbehagen.
    Â»Es tut so gut, eine warme Bleibe zu finden«, seufzte Marguerite und schüttelte ihren dreckigen Rocksaum aus. »Wir haben unsere Kutschen und unser Gefolge«, sagte sie zu der Gastwirtin, die mit eiligen Schritten herbeitippelte.
    Â»Wärmt Euch auf, und macht es Euch bequem«, sagte diese einladend.
    Sie trug ein wollenes Hemd, das ebenso rot wie ihr Gesicht war. Ihre rundlichen Wangen sackten nach unten, und auf ihrem Kinn prangten vier Barthaare.
    Â»Wie viele Personen könnt Ihr unterbringen?«, erkundigte sich Marguerite.
    Die Wirtin hob die Hände, wobei sie ein Messer mit einem großen Holzgriff schwang.
    Â»Um ehrlich zu sein, es gibt nur noch ein komfortables Zimmer, und das wird auch erst in ein oder zwei Stunden frei. Für Euer Personal könnte ich den Hängeboden räumen.«
    Â»Danke, das ist perfekt!«, freute sich Marguerite.
    Dann fuhr sie, an ihre Begleiterin gewandt, fort:
    Â»Comtesse, wenn Ihr nichts dagegen einzuwenden hättet, würdet Ihr das Zimmer mit mir, meiner Gesellschafterin Blanche und meiner Nichte Charlotte teilen, von denen ich mich nicht trennen will. Ebenso benötigen wir einen Platz für meine Betschwester.«
    Als die junge Comtesse zustimmte, sagte Marguerite:
    Â»Catherine, meine Zofe, schläft ebenfalls bei uns. Und wenn Ihr wünscht, könnt Ihr auch Eure Zofe mitbringen. Die Wirtin wird uns mit Strohsäcken versorgen.«
    Bis auf den Wind, der unter der Tür hindurchpfiff, herrschte Ruhe in dem großen Gasthaus. Die Nacht brach herein, und die Gäste hatten sich bereits schlafen gelegt. Nur zwei Männer, die an diesem Abend wieder auf ihre Pferde steigen mussten, aßen noch.
    Die Wirtin trat zu ihnen, und plötzlich nahm ihr rundliches Gesicht, das eben noch fröhlich gewirkt hatte, einen mürrischen Ausdruck an. Dafür schien weder der Wind vor den Fenstern verantwortlich zu sein noch das Holz, das draußen gegen die Steine schlug.
    Die junge Dienerin, die alte Tücher in die vom Regen triefenden Türscharniere stopfte, wandte sich an die Wirtin:
    Â»Soll ich im Stall das Stroh austauschen?«, fragte sie und deutete auf Kutscher und Knechte, die damit beschäftigt waren, ihre nassen Kleider auszuschütteln.
    Â»Nein!«, entgegnete die Wirtin schnell und setzte wieder ihre freundliche Miene auf, »nach einem guten stärkenden Mahl wird ihnen das alte Stroh wärmer und weicher erscheinen.«
    Dann wandte sie sich wieder ihren beiden Gästen zu, einem Anwalt und einem Apotheker, die sich mit ihren breiten Handrücken den feuchten Mund abwischten. Der eine erhob sich, aber die Wirtin drückte ihn beherzt an der Schulter wieder nach unten.
    Der Anwalt wies einen beträchtlichen Leibesumfang auf, und seine feisten Gesichtszüge zeigten einen spöttischen Ausdruck.

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