Die goldene Königin
Wir wären morgen bereit, und meine Vögel haben es satt, in ihren Käfigen zu warten.«
Nachdem Bonnivet zustimmend lächelte, fuhr François fort:
»Sieh dir diesen Fluss an, Guillaume, er scheint mir fischreich zu sein. Die Falken bringen uns die Schleien und die gröÃten Rotaugen der Region.«
Nachdem man Bacchus und Pandora freigelassen hatte, drehten die groÃen Windhunde in Erwartung einer erfolgreichen Jagd aufgeregt und ungeduldig ihre Runden und sausten in einem irren Wettlauf quer über das Gelände.
Als in der Ferne der dicke Duprat erschien, drehten sich alle Köpfe in seine Richtung. Er wirkte, als sei er auf seinem Pferd angebunden, so fest hielt er die Zügel in der Hand. Sein Ross, ein schöner rotbrauner Fuchs mit schwarzer Mähne, schien ein auÃergewöhnlich stürmisches Temperament zu besitzen, das der korpulente Reiter im Zaum zu halten versuchte.
»Die Königin, meine Gattin, ist erschöpft von der Reise und ruht sich aus«, erklärte der König. »Sie ist schwanger und sehnt sich nach nichts so sehr wie nach einem bequemeren Lager als dem in ihrer Kutsche, so komfortabel sie auch ist.«
»Dieses bescheidene Herrenhaus möge Euch beherbergen so lange es Euch gefällt, Sire. Euch und Eure Familie.«
Der König war nicht der Einzige, der interessiert und voller Neugier das Innere des Schlosses begutachtete. Alix, die in Begleitung ihrer Töchter war, bewunderte die Anordnung der riesigen Zimmer. Im Erdgeschoss verbanden gerade Treppen, die nach und nach die Wendeltreppen ersetzen sollten, die vier gröÃten Räume mit denen der darüber liegenden Etage.
Obwohl das Innere des Schlosses groÃzügig und geräumig wirkte, hatte Duprat recht â für so viele Personen war es dennoch eng.
Die zwei Nächte, die der König zu bleiben beschloss, musste man sich in alle Säle zwängen und Wandbehänge anbringen, um die Gäste voneinander zu trennen. Sie waren überall im Schloss verteilt und hingen hier und dort. So hatte Alix Gelegenheit, einen GroÃteil der königlichen Sammlung zu betrachten, die normalerweise die Wände im Schloss von Blois schmückten: mit Symbolen und Wappen verzierte Tapisserien, Millefleurs, Triumphe, Jagden, Höfische Szenen, Christi Geburt, Kreuzigung, die Verehrung der Hirten und andere sowohl weltliche wie religiöse Themen. Alles hatten sie mitgebracht.
Valentine, die nicht von der Seite ihrer Schwester wich, interessierte sich für alles, was sie sah. Sie schlenderten von einem Saal zum anderen und betrachteten ebenfalls die groÃen Wandbehänge.
Da die beiden Schwestern einander hatten, nutzte Alix die Zeit, mit Jason auszureiten und die Gegend zu erkunden, in der Hoffnung, auf den umliegenden StraÃen vielleicht Properzia zu begegnen. Ach, wie sehr sie sich danach sehnte, sie wiederzusehen und mit ihr die Entwicklung der Kunst zu diskutieren.
Da ihre Mutter heute Morgen in der Gegend ausritt, waren die Zwillinge zusammen hinausgegangen, um ein bisschen frische Luft zu schnappen, ehe die Wärme den Tag beherrschte. Sie erkundeten die nähere Umgebung, die noch nicht gemäht und gepflügt sowie mit Blumen bepflanzt war, sodass sich hier derzeit unendlich trockenes Brachland erstreckte.
AnschlieÃend umrundeten sie die Rückseite des Schlosses und begaben sich zu den Ställen.
»Demoiselles!«, rief jemand in ihrem Rücken, während sie die Flanken und den Hals der weiÃen Césarine streichelten, die in ihrer Box geblieben war, »Eure Stute ist ein Leckermaul. Sie hat zwei Portionen Futter gefressen.«
Mathilde und Valentine drehten sich um und registrierten augenblicklich die Wirkung. Die zwei Edelmänner rissen gleichzeitig Mund und Augen auf, was ziemlich komisch aussah. Die Zwillinge waren durch nichts zu unterscheiden.
»Césarine ist nicht allein. Wir haben auch noch Jason. Unsere Mutter reitet nur gerade mit ihm aus. Deshalb sind zwei Portionen Futter verschwunden. Und wo sind Eure Pferde, Messires?«
»Unsere Knechte sind mit ihnen zum Beschlagen. Sie hatten Probleme mit den Hufen. Nicht weit vom Schloss gibt es einen Schmied.«
Plötzlich betrat Leo den Stall. Alix hatte ihn gebeten, in ihrer Abwesenheit auf die Mädchen zu achten. Als er die Zwillinge in Gegenwart der zwei Gecken entdeckte, meinte er die Unterhaltung kurzerhand unterbrechen zu müssen, denn er wollte weitere
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