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Die goldene Königin

Die goldene Königin

Titel: Die goldene Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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auf untadelige Weise an:
    Â»Ich weiß nicht, welche die schönere von Euren Töchtern ist, Dame. Seit ich sie gesehen habe, habe ich nur noch einen Wunsch: ihre Namen zu erfahren.«
    Der andere hatte sich etwas abseits gehalten, aber seine Augen verrieten das gleiche Interesse, und er wartete nur auf ein Zeichen seines Freundes, um näher zu treten.
    Â»Und warum möchtet Ihr ihre Namen erfahren?«, entgegnete Alix lächelnd.
    Â»Um besser von ihnen träumen zu können, Dame.«
    Alix fing an zu lachen.
    Â»Nun, fragt sie selbst. Sie sind groß genug, Euch zu antworten.«
    Diese Antwort gab ihnen Selbstvertrauen, und der schüchternere von beiden wagte es, auf die jungen Mädchen zuzutreten und einen zaghaften Gruß anzudeuten.
    Â»Ich heiße Mathilde, und das ist meine Zwillingsschwester Valentine.«
    Â»Und Ihr, junge Knappen, wer seid Ihr?«, erkundigte sich Alix, während sie sich die Hände an einem Tuch abwischte.
    Â» Louis de Longueville. Mein Vater ist der Seigneur de Château dun, und mein Kamerad, der es gerade gewagt hat, das Wort an Euch zu richten, ist Jean de Daillon.«
    Als Alix eine Braue hob, ergänzte der andere junge Mann:
    Â»Mein Vater lebt nicht mehr, aber einem meiner Onkel, der mich zum Teil aufgezogen hat, gehört zusammen mit zweien seiner Brüder ein Anwesen, das sich an der Grenze zwischen Maine und Anjou befindet.«
    Â»Und um welches Anwesen handelt es sich?«, fragte Mathilde, die stolz auf ihre Kühnheit war.
    Â»Domaine de Lude.«
    Alix betrachtete den jungen Mann. Er hatte braune Haare, ein etwas kantiges Gesicht, jedoch feine Züge. Er wirkte zurückhaltender und romantischer als sein Freund. Groß, schlank, fast mager wie viele junge Leute, die gerade dem Jugendalter entwuchsen, waren die zwei nicht älter als fünfzehn oder sechzehn Jahre. Genau wie ihre Töchter.
    Â»Ich kenne Lude«, erklärte sie. »Ich weiß nicht, ob es sich um einen Eurer Onkel handelt, aber ein Daillon hat einst schöne Wandbehänge mit Blättern der Pfeifenblume bei mir in Auftrag gegeben. Ich habe viele Blumen, Reiher und exotische Vögel entworfen. Besitzt Ihr sie noch?«
    Â»Natürlich. Sie haben einen schönen Platz in den oberen großen Zimmern.«
    Â»Nun, wenn Ihr Euch ein bisschen an jene Wandteppiche erinnert, betrachtet die, die der König an den Mauern dieses Schlosses hat aufhängen lassen. Dort findet Ihr die gleichen riesigen Blätter wieder, die sich um alles winden und schlingen. Das sind die Blätter der Pfeifenblume.«
    Alix lächelte über die Verblüffung des jungen Mannes, der sich eindeutig herzlich wenig für die Feinheiten der königlichen Wandbespannungen interessierte.
    Â»Euer Schloss befand sich damals noch im Bau, glaube ich.«
    Â»Das stimmt. Und es ist noch immer nicht ganz fertig. Es fehlen zum Beispiel noch die Aussparungen für die Pfeiler und die Fensterkronen. Ich habe eine Münze in den Brunnen von Talcy geworfen und mir gewünscht, dass alles fertig ist, wenn ich aufbreche, um in der Armee des Königs zu kämpfen.«
    Â»Eine Münze in den Brunnen von Talcy! Was ist das für eine Geschichte?«, fragte Alix.
    Â»Ach Mama!«, rief Mathilde, »ich möchte diesen Brunnen sehen. Wo ist er?«
    Louis de Longueville reichte ihr den Arm.
    Â»Ganz in der Nähe. Es ist ein ausgetrockneter Brunnen. Wenn man dort eine Münze hineinwirft, geht innerhalb eines Jahres ein Wunsch in Erfüllung.«
    Â»Gehen wir hin, Mama! Ich will auch eine Münze hineinwerfen.«
    Â»Geht ohne mich, Mädchen. Diese jungen Herren scheinen mir ausreichend wohlerzogen, um Euch dorthin zu begleiten und Euch innerhalb angemessener Zeit wieder zurückzubringen.«
    In der Abwesenheit ihres Gatten Charles empfing Lucrèce d’Espinay den Hof in Ussé. Die ursprüngliche Festung der Seigneurs d’Ussé stammte aus dem 11. Jahrhundert. Darauf hatte Jean de Bueil, der eine der Töchter von Agnès Sorel geehelicht hatte, ein erstes Schloss mit Wall und Donjon errichtet. Dies kaufte ihm wiederum Jacques d’Espinay ab, ehemaliger Kammerherr von Louis XI. Dessen Gattin Lucrèce ordnete an, den Hauptflügel umzubauen, um dort einen Corps de Logis einzurichten.
    In Ussé hatten sich die jungen Herren Longueville und Daillon verabschiedet, allerdings nicht ohne zum Ausdruck zu bringen, wie sehr sie es bedauerten,

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