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Die goldene Meile

Die goldene Meile

Titel: Die goldene Meile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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gelaufen?«
    »Es ging um Entlassung, nicht um Suspendierung.«
    »Bist du erledigt?«
    »Sie haben mir noch einen zusätzlichen Tag eingeräumt, um meinen Fall darzulegen. Besondere Umstände.« Arkadi setzte sich an den Computer. »Dann zeig mir mal Petersburg. «
    Viktor tippte auf die Tastatur, und das Bild eines professionellen Models erschien auf dem Laptop-Display. Sie hatte üppiges blondes Haar und blaue Augen und trug eine graue Wolfspelz]acke mit einer dazu passenden Mütze. Hinter ihr glänzte der goldene Spitzturm der Admiralität in der Sonne, und dahinter lag der Finnische Meerbusen. Die Bildunterschrift lautete: »Anna Scharowa wird vertreten durch >Venus<.«
    Ein Tastendruck, und das Bild wechselte zur Innenansicht eines Ein-Zimmer-Apartments im luftigen skandinavischen Design. Mitten auf dem Fußboden lag Anna Scharowa mit eingeschlagenem Schädel auf dem Rücken. Der Anblick war umso merkwürdiger, weil sie von der Taille abwärts nackt war und weil ihre Pose so ruhig erschien: die Hände auf den Hüften, die Beine gestreckt, die Füße Ferse an Ferse auswärts gewandt. Die erste Position des Balletts. Das Datum auf dem Foto lag zwei Jahre zurück.
    Inna Ustinowa sah viel jünger aus, als sie mit ihren zweiunddreißig Jahren war. Eine Yoga-Lehrerin, zweimal verheiratet gewesen, einmal mit einem Amerikaner, der ihr Malibu, Kalifornien, versprochen und Columbus, Ohio, geliefert hatte. Ihrem Eintrag bei Facebook war zu entnehmen, dass sie danach beschlossen hatte, sich nur noch mit Russen einzulassen.
    Ihre Leiche war sechs Monate zuvor neben einem Parkweg auf der Kamenny-Insel gefunden worden, vollkommen bekleidet, anscheinend an einer Überdosis gestorben. Die Füße gespreizt, die Arme ausgebreitet wie Flügel. Die zweite Position.
    »Mehr gibt es nicht?«, fragte Arkadi.
    »Das ist alles.«
    »Keine dritte Position?«
    »Nein. Das nennt man >gegen den Wind pissen<. Zumindest sind wir damit nicht allein.«
    Viktors Telefon klingelte. Er meldete sich und gab es dann Arkadi.
    »Hier ist Oberst Schtscheko in Petersburg. Ich höre, Sie suchen nach Dämonen.« »Leider.«
    »Ihr Kollege, Leutnant Orlow, hat mir alles erklärt, und mit Hilfe meiner Notizen habe ich mein Gedächtnis auffrischen können. Wir haben gründlich ermittelt, aber nichts veröffentlicht, aus Angst, eine Ballettaufführung oder ein Rockkonzert zu ruinieren. Es gibt jederzeit einen guten Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Ich muss um Entschuldigung bitten. Es war unser Fehler.«
    Schtschekos Stimme klang knirschend. Arkadi stellte sich einen Mann mit Hängebacken und buschigen Augenbrauen vor. Eine Bulldogge.
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, sagte er. »Ich verstehe Ihre Situation. Haben Sie irgendwelche Zeugen?«
    »Nein.«
    » Fingerabdrücke ?«
    »Nein, und wenn ich offen sprechen darf, ich sehe keine Verbindung zwischen den beiden Opfern, von der merkwürdigen Position abgesehen. Vielleicht wurde keine weitere Leiche gefunden, oder sie wurde gefunden, ohne dass ihre Position auffiel. Vielleicht geht auch unsere Phantasie mit uns durch. Aber da ich das Ballett schätze und verfolge, kamen mir die Posen vor wie ein ... ein ...« »Ein Zeichen?«
    »Genau. Ein Zeichen, das nur jemand erkennt, der mit dem Ballett vertraut ist. Ich habe viel über unseren Dämon nachgedacht. Er muss ein charmanter, gut aussehender Bursche sein. Nach unseren Gesprächen mit den Damen bei >Venus<, der Modelagentur Anna Scharowas, hatte ich den Eindruck, dass sie ihre Zeit mit niemandem verplemperte, der nicht wenigstens Millionär oder Filmschauspieler war.«
    »Da haben Sie wahrscheinlich recht.«
    »Und er entwickelt sich. Der erste Mord war eine brutale Attacke. Beim nächsten hat er Drogen benutzt. Das war ruhiger und raffinierter. Ich glaube, bei dem zweiten Mord, dem im Park, ist er erschreckt worden. Vermutlich wurde er von jemandem gesehen, der zu viel Angst oder zu viele Drogen im Leib hatte, um etwas zu unternehmen. Und dann hat er sich ein neues Revier gesucht und ist nach Moskau gegangen.«
    »>Venus<. Ist das eine bekannte Modelagentur in Sankt Petersburg?«
    »So lala, nehme ich an. Ich verstehe nichts von Mode.« »Der Name passt nicht so recht«, sagte Arkadi. »Wie meinen Sie das?«
    »Na ja, er passt nicht recht, oder? >Venus< lässt ein bisschen mehr vermuten.« »Sie meinen ...« »Genau.«
    »Ein bisschen mehr...«
    »Ja.«
    »Tja, anscheinend haben sie etwas angeboten, das sie >private Vorführung von Dessous<

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