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Die Goldenen Regeln des friedvollen Kriegers

Die Goldenen Regeln des friedvollen Kriegers

Titel: Die Goldenen Regeln des friedvollen Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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ein grüner Lutscher. Da schaute ich mich um und sah mir die Bilder der anderen Kinder an. Ihre Bäume wirkten «echter».
    Damals war mir nicht klar, daß die anderen Kinder schon
mehrere Monate lang jeden Tag Bäume und andere Dinge gemalt hatten. Ich verglich mich mit ihnen und gelangte, aufgrund unvollständiger Informationen, zu dem Schluß, daß ich nicht sehr gut Bäume malen konnte. Ich war nahe daran, zu glauben, daß ich weniger künstlerische Begabung – und nicht einfach nur weniger Erfahrung – hatte als die anderen Kinder in meinem Alter.
    Vielleicht besteht die Hauptaufgabe eines Lehrers in den ersten Schulklassen darin, den Kindern zu helfen, den Lernprozeß zu verstehen, das heißt, die einfache, aber entscheidende Wahrheit zu begreifen, daß wir fast alles können , wenn wir es längere Zeit üben, und daß wir auf alle Fälle meistens mehr können, als wir glauben .
    Seit meiner Erfahrung im Kindergarten habe ich gelernt, daß Begabung nicht so wichtig ist wie Übung. Doch Eindrücke aus der Kindheit bleiben lange im Gedächtnis haften. Sie sind verborgene Hürden, vor denen wir auf der Hut sein müssen, denn sie begegnen uns ständig auf unserem Weg. Darum müssen wir zunächst an die Quelle unseres Selbstbildes zurückkehren und uns klarmachen, wie es entstanden ist. Das ist der erste Schritt zur Überwindung der falschen und begrenzten Vorstellungen über uns.
    Ich möchte gern noch ein zweites Beispiel schildern, eine traurige Geschichte, die ich miterlebte, als ich vor ein paar Jahren eine Schule besuchte. Bis zu meiner Verabredung hatte ich noch ein bißchen Zeit. Also blieb ich neben der Turnhalle stehen und schaute hinein. Ein junger Sportlehrer schien gerade seine erste Turnstunde zu geben. Er versuchte einer Gruppe kleiner Jungen das Radschlagen beizubringen.
    «Schaut her», sagte er zu ihnen. Und dann zeigte er ihnen ein ziemlich durchschnittliches Rad, das er wahrscheinlich bei einem Anfängerkurs auf dem College gelernt hatte. «So müßt ihr es machen», forderte er sie auf. «Haltet eure Arme gerade, so wie ich. »
    Ein paar Jungen konnten es offensichtlich gar nicht erwarten, es zu versuchen. Entweder hatten sie schon Unterricht in einem Turnverein gehabt, oder sie hatten für sich bereits Handstände und anderes ausprobiert. Andere machten einen weniger zuversichtlichen
Eindruck. Sie hatten wahrscheinlich noch nie versucht, ein Rad zu schlagen oder einen Handstand zu machen. Einige waren zu dick.
    Dann versuchten die Jungen radzuschlagen, und es kam so, wie ich erwartet hatte: Einige machten ihre Sache gut, andere stellten sich ungeschickt an und fielen hin, und das war ihnen sehr peinlich.
    Der Lehrer, der eindeutig noch nicht viel Unterrichtserfahrung hatte, sagte zu den Jungen, die hingefallen waren: «Ihr müßt nur die Arme geradehalten und den Kopf aufrichten – so!» Und er führte ihnen wieder ein Rad vor, das er wahrscheinlich selbst lange hatte üben müssen, und sicherlich war er auch oft hingefallen, ehe er es gelernt hatte. Die Jungen versuchten es noch einmal, und wieder kippten sie um.
    Ich konnte förmlich sehen, wie in ihrem Inneren ein Selbstbild Gestalt annahm. Es stand ihnen im Gesicht geschrieben: «Ich kann nicht Rad schlagen... Ich bin nicht gut im Turnen... Ich bin ein schlechter Sportler – ein Tolpatsch.» Und so entstand ein verzerrtes Selbstbild.
    Ich habe noch nie einen schlechten Schüler gesehen, auch keinen schlechten Lehrer, nur unerfahrene Schüler und Lehrer. Aber dieser Lehrer verletzte an diesem Tag mit seiner Unerfahrenheit ein paar seiner Schüler. Er versäumte seine Chance, ihnen zu erklären, daß Lernen ein schrittweiser Prozeß ist, daß einige von ihnen Radschlagen wahrscheinlich schon oft geübt hatten und daß die anderen, selbst wenn sie im Augenblick noch zu dick waren, mit der Zeit ihr Übergewicht verlieren und kräftigere, muskulösere Arme entwickeln konnten und daß das, was an diesem Tag geschah, noch nichts Endgültiges war. Die Vergangenheit und Gegenwart dieser Jungen mußte nicht unbedingt auch ihre Zukunft sein. Genau wie diese Kinder Vorstellungen von ihren eigenen Fähigkeiten entwickelten, die auf begrenzter Erfahrung und falschen Interpretationen beruhten, so haben auch wir Vorstellungen von uns selbst, die genauso falsch und willkürlich sind und uns ebenso enge Grenzen auferlegen.
    Vielleicht gehört zu diesem falschen Selbstbild die Idee, daß wir unbegabt in Algebra, Sport, Kunst oder auf irgendeinem anderen

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