Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
Makkabi würde aus allen Wolken fallen, wenn er die Wahrheit erfuhr. Um seinen Spaß mit einem vertrauten Menschen zu teilen, rief Elieser Rachel zu sich und reichte ihr das Schreiben. Sie überflog es und warf es mit einer Geste des Abscheus zu Boden.
    »Lea muss meschugge gewesen sein, einen ehrenwerten Mann wie Rabbi Ruben auf so erbärmliche Weise zu hintergehen. Hannah und Jiftach vergeuden ihre besten Jahre, während Lea durch die Welt zieht, Reichtümer scheffelt und uns wie Gefangene hält.«
    In ihrer Wut auf die Schwester unterschlug sie, dass sie ein besseres Leben führte als die meisten christlichen Mädchen in Hartenburg und Elieser die Stadt in Jochanans Begleitung jederzeit verlassen konnte, um nach Sulzburg, Freiburg oder Straßburg zu reisen, wo es bedeutende jüdische Gemeinden gab.
    Elieser hob das Schreiben wieder auf und las es noch einmal. Anders als Lea, die genau wusste, dass es kein bindendes Eheversprechen gab, nahm er Ruben ben Makkabis Worte für bare Münze. Da es jedoch keinen Samuel mehr gab, den Hannah hätte heiraten können, war es geradezu seine Pflicht, dieses Verlöbnis einzugehen. Auch wenn Merab von Zeit zu Zeit bereit war, seine männlichen Bedürfnisse zu befriedigen, so war sie doch nur ein Dienstbote. Er war der eigentliche Erbe seines Vaters, auch wenn Lea derzeit die Geschäfte für ihn führte, und deswegen verpflichtet, einen Sohn zu zeugen, der seinen Namen weiterführte, und den konnte ihm keine Magd gebären. Zudem zeigte Merab auch nach etlichen Monaten regelmäßigen Verkehrs keine Neigung, schwanger zu werden.
    »Ruben ben Makkabi darf es niemals erfahren.« Rachel deutete auf das Blatt in Eliesers Händen, und ihre Stimme klang schrill vor Aufregung.
    »Was denn?«, fragte Elieser verblüfft.
    »Die Sache mit Lea und Samuel.«
    Elieser sah seine Schwester an, als hätte er ein unverständiges Kind vor sich. »Wie stellst du dir das vor? Samuel existiert nun einmal, auch wenn Lea ihn nur spielt. Ruben ben Makkabi hat ihn ja schon öfter als Gast in seinem Haus empfangen.«
    »Dann wird Samuel eben sterben! Wenn Lea nach Hause kommt, muss sie ihre Männersachen verbrennen und darf nicht mehr als Mann herumlaufen. Unseren Bekannten sagen wir, unser Bruder sei auf seiner letzten Reise gestorben.«
    Elieser schüttelte lachend den Kopf. »Und das, nachdem genügend Leute gesehen haben, dass Samuel wohlbehalten nach Hartenburg zurückgekehrt ist? Liebe Rachel, das nimmt uns keiner ab.«
    »Sollen wir denn ewig wie Fliegen in einem Spinnennetz in Leas Schlichen gefangen sein?«
    Elieser lehnte sich zurück und blickte seufzend zu ihr auf. »Natürlich nicht. Sie wird, wie vereinbart, Jiftach ben Ruben heiraten und ich an Samuels Stelle dessen Schwester Hannah. Samuel selbst wird es danach nicht mehr geben. Doch dazu benötigen wir Ruben ben Makkabis Hilfe. Er ist ein kluger, erfahrener Mann und wird wissen, was zu tun ist.«
    Rachel hob entsetzt die Hände. »Du wirst unser Gesicht schwärzen, wenn du ihm sagst, wie unsere Familie gegen die Sitten und Gesetze unseres Volkes verstoßen hat!«
    »Unsinn. Ruben ben Makkabi wird schon aus eigenem Interesse dafür sorgen, dass unser Gesicht weiß bleibt.« Elieser lächelte versonnen, denn seine Gedanken galten bereits den Freuden der Ehe, die er so bald wie möglich mit Rubens Tochter Hannah teilen wollte.
    Rachel stampfte mit dem Fuß auf und verließ wütend das Zimmer. In ihren Augen war Elieser ein eingebildeter Narr, schlimmer noch als Lea, die zwar dreist und unverschämt war, aber wenigstens noch Verstand besaß, was man von Elieser nicht behaupten konnte. Es war eine hanebüchene Dummheit, einen Fremden in das Familiengeheimnis einweihen zu wollen. Sie stieg die Treppe hinab zur Küche, um sich eine Leckerei aus der Speisekammer zu holen, stutzte aber, als sie den dicken, langen Fellmantel sah, den Jochanan griffbereit neben die Tür zum Hof gehängt hatte. Der Anblick brachte sie auf eine Idee. Bisher war es ihr noch nicht gelungen, den Markgrafen so zu reizen, dass er sie angesprochen oder ihr eine Botschaft gesandt hätte. Das mochte daran liegen, dass er bisher ständig von Leuten umgeben gewesen war, deren Treue mehr der Markgräfin galt als ihm. Aber Frau Ursula hatte Hartenburg vor einer Woche verlassen, um sich in ein Kloster zurückzuziehen, weil sie, wie es hieß, das sündhafte Leben ihres Gemahls nicht länger ertragen konnte. Ernst Ludwig hatte sie leichten Herzens ziehen lassen, zumal sie ihm erst vor

Weitere Kostenlose Bücher