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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Königin Isabella wider Erwarten doch ablehnen würde. Frans van Grovius unterbrach die Aufzählungen der Schätze, die Herzog Maximilian beim Erfolg seiner Expedition erwerben würde, in einem so rüden Ton, als hätte der Genueser eben von ihm und dem Sohn des Kaisers verlangt, die Füße ihres französischen Feindes zu küssen. Colombo machte noch einen Versuch, van Grovius die Vorteile eines schnellen Seewegs nach Indien zu erklären, wurde aber keiner Antwort mehr gewürdigt. So kehrte er mit einem Schulterzucken zu Lea zurück.
    »Es war nur eine theoretische Frage«, erklärte er ihr. »Die Königin ist gewillt, auf meine Vorschläge einzugehen, denn sie hat mir zwanzigtausend Maravedis für die Reise an den Hof anweisen lassen. So viel verbrauche ich natürlich nicht, und daher nehme ich das Geld als erste Anzahlung für die Ausstattung, die ich für die Fahrt nach Indien benötige. Als Stellvertreter der königlichen Majestäten von Kastilien und Aragon kann ich doch nicht in Lumpen vor den Herrschern Indiens, Chinas und Zipangus erscheinen.«
    »Von China habe ich schon einmal gehört, aber das dritte Land ist mir unbekannt.« Mit dieser Bemerkung öffnete Lea erneut die Schleusen von Colombos Beredsamkeit.
    »Beides sind reiche und mächtige Länder. Der berühmte venezianische Reisende Marco Polo hat Kunde von ihnen gebracht. Es soll dort Wunder geben, die das Auge keines anderen Europäers bisher erblickt hat.« Colombo zählte ihr alle die sonderbaren Dinge auf, die in China und Zipangu auf ihn warten würden, und ließ auch Indien nicht aus. Dank seiner Erzählungen verflogen die Tage für Lea wie im Flug, während ihre Gefährten, die sich auf dem engen Schiff und dem träge dahinfließenden Strom wie Vieh eingepfercht vorkamen, sich noch erbärmlicher langweilten als im Kloster von San Isidro.
    Die Reizbarkeit der Männer steigerte sich noch, als die Schiffe sich Sevilla näherten und man ihnen die Erlaubnis verweigerte, die Stadt aufzusuchen. Ihnen blieb nicht anderes übrig, als die Mauern und die über sie hinausragenden Türme der Kirchen von San Clemente, San Luis und der noch unvollendeten Kathedrale von Bord aus zu betrachten und ihren Kommentar zu den prächtig verzierten Dächern des ehemaligen maurischen Palastes abzugeben.
    De Poleur und die anderen waren froh, als sie fünf Tage später die kleine Stadt Penaflor erreichten und die schwimmenden Särge, wie sie die Schiffe getauft hatten, endlich verlassen durften. Hatten die jungen Edelleute gehofft, ihre Reise nun standesgemäß auf feurigen andalusischen Hengsten fortsetzen zu können, wurden sie bitter enttäuscht, denn man sperrte sie in plumpe Kutschen, in denen die Fahrt auf den holprigen Straßen zur Tortur wurde. Selbst Cristoforo Colombo murrte, weil er lieber ein Maultier benutzt hätte, anstatt sich in dem ungefederten Wagen die Knochen wund stoßen zu lassen.
    Lea war als Einzige froh über diese Fügung, denn Orlando hatte bei all seinen Plänen nicht bedacht, dass sie nicht reiten konnte. Da man sie für einen Edelmann hielt, durfte sie anders als der bürgerliche Seefahrer Colombo der spanischen Sitte gemäß keinen Esel und kein Maultier besteigen, und im Sattel eines Pferdes hätte sie ein so beschämendes Bild abgegeben, dass ihr niemand mehr den Herrn von Stand abgenommen hätte.
    Trotz aller Geduld und der Bereitschaft, Strapazen zu ertragen, empfand auch Lea die Fahrt bald als Zumutung. Sie saßen jeweils zu acht in einem Wagen, mit dem Rücken zur Seitenwand auf einer ungepolsterten Bank, so dass sie wegen der herabgezogenen und festgezurrten Planen kaum etwas von der Landschaft sahen.
    Thibaut de Poleur war es schnell leid und verrenkte sich, um ein Loch in den geteerten Stoff hinter sich zu bohren. Doch gerade, als er hinausschauen wollte, stürzte das linke Vorderrad in ein besonders tiefes Schlagloch. De Poleur verlor den Halt, fiel über de la Massoulet und schlug sich die Lippen am Holz der gegenüberliegenden Sitzbank blutig.
    »Verdammt noch mal, gleich steige ich dem Kutscher aufs Dach!«, brüllte er und fluchte dann gotteslästerlich.
    De Massoulet schob ihn auf seinen Platz zurück. »Sei froh, dass du dir nicht die Zähne ausgeschlagen hast, du Trottel.«
    »Wie nennst du mich? Diese Beleidigung wirst du mir bezahlen, sobald dieser Schinderkarren steht.«
    »Gerne.« De la Massoulet hatte die Reise so aufgebracht, dass er bereit war, sich mit jedem zu schlagen, und wäre es auch sein bester Freund. Er

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