Die Goldhaendlerin
stieß Heimbert von Kandern an. »Ich wähle dich zum Sekundanten.«
»Und ich wähle Léon«, rief de Poleur mit geballten Fäusten.
»Seid doch vernünftig«, beschwor Laurens van Haalen die beiden Streithähne.
Heimbert von Kandern verzog sein Gesicht zu einer abschätzigen Grimasse. »Vernunft müsste man diesen beiden Streithähnen wohl erst einprügeln. Der Streit ist so müßig wie das Gegacker einer Henne.«
»Noch ein Wort – und ich fordere dich ebenfalls«, schäumte de Poleur auf.
Lea atmete tief durch und hob die Hände. »Ihr seid doch die besten Freunde. Wie könnt ihr euch da schlagen wollen?«
De Poleur ballte die Fäuste. »Nach all dem Ärger, den ich in diesem verdammten Land erlebte, muss ich einfach jemand zur Ader lassen, und de la Massoulet hat sich ja freiwillig angeboten!«
Sein Gegner bleckte kampfeslüstern die Zähne. »Ich wollte dieses Großmaul schon lange auf die ihm zustehende Größe zurechtstutzen. Also seid still und haltet euch heraus, sonst wird mein Schwert noch durstiger.«
Es klang so böse, dass Lea zurückwich. Von Kandern und van Haalen zuckten mit den Schultern und blickten so gleichgültig ins Land hinaus, als wäre nichts gewesen, während die beiden Streithähne ihren Groll weiterpflegten.
Als der Wagen in der Dämmerung anhielt, sprang Thibaut de Poleur vom Wagen und zog blank. »Komm herunter und stelle dich mir, Hérault, damit ich dir deine Frechheiten austreiben kann.«
Er war so wütend, dass er nicht einmal merkte, dass er gegen das Reglement verstieß, indem er seinen Duellgegner mit Vornamen ansprach. De la Massoulet folgte ihm auf dem Fuß und stieß Colombo dabei rüde beiseite. Der Genuese fluchte und drohte dem jungen Adeligen mit der Faust. Doch der beachtete ihn nicht, sondern behielt de Poleur im Auge, während er sein Schwert zog.
Lea drehte sich zu Heimbert von Kandern um. »Gibt es denn keine Möglichkeit, diese beiden Kindsköpfe zur Vernunft zu bringen?«
»Lass sie sich doch schlagen, wenn sie unbedingt Blut sehen wollen!« Von Kandern hatte der Streit so verärgert, dass er kein Interesse an einer Schlichtung hatte. So unternahm Lea es, die beiden Kampfhähne zum Frieden zu bewegen, erntete dafür aber nur rüde Flüche. So trat sie beiseite und überließ es von Kandern, das Zeichen zum Beginn des Zweikampfes zu geben.
Der Lärm rief van Grovius herbei. Er musterte die beiden Duellanten grimmig, während van Haalen ihm den lächerlichen Anlass zu dem Streit schilderte, doch statt dazwischen zu fahren, zuckte er nur mit den Schultern, »Wenn die beiden sich schlagen wollen, sollen sie es tun. Wird einer von ihnen jedoch so verletzt, dass er die Reise nicht mehr fortsetzen kann, werde ich ihn ohne Begleitung hier zurücklassen.« Brüsk drehte er sich um und folgte einem spanischen Bediensteten in ein flaches, staubiges Gebäude mit winzigen Fenstern, in dem das Abendessen für die Delegation bereitstand.
Leas Magen knurrte, aber sie war gezwungen, als de Poleurs Sekundant so lange im Freien zu bleiben, bis der Kampf entschieden war. Zum Glück waren die beiden jungen Herrn mit ihren Flüchen treffsicherer als mit ihren Schwertern. Der Schweiß rann ihnen in Strömen über die Gesichter, aber selbst als die letzten Sonnenstrahlen erloschen, war immer noch kein Blut geflossen. Mit einem Mal stolperte de Poleur, als er einem Streich de la Massoulets auswich, und setzte sich auf dem Hosenboden. Sein Gegner hob das Schwert, um den Vorteil auszunützen. Dann aber schüttelte er den Kopf und schleuderte seine Waffe zu Boden. »Verdammt, Thibaut, wir sind beide Narren, uns hier zu streiten, während die anderen sich drinnen den Wanst voll schlagen. Unserer beider Ehre ist genug getan. Also steh auf und komm mit.«
De Poleur starrte seinen Freund einen Augenblick so finster an, als wollte er den Streit fortsetzen, doch dann hörte auch er seinen Magen knurren und kam mit einem missglückten Lachen auf die Beine. »Ein Loch in einer spanischen Straße ist es nicht wert, meinen besten Freund zu erschlagen.«
Die beiden Streithähne reichten einander die Hände und wanderten Arm in Arm auf die Herberge zu, ohne ihren Sekundanten einen einzigen Blick zu schenken.
Von Kandern sah ihnen kopfschüttelnd nach. »Wegen dieser beiden Narren mussten wir auf unser Essen warten. Komm, Léon, schauen wir, dass wir auch noch etwas bekommen.«
14.
Am nächsten Tag führte der Weg durch das Tal des Rio Genil immer weiter auf die Berge zu. Die vor ihnen
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