Die Goldhaendlerin
sich auf und winkte ab. »Mir darf eben nichts passieren. Ich werde mir ein Seil um die Hüften binden, an dem Ketura mich herausziehen kann.«
»Ketura wird dich bei diesem Wahnsinn nicht unterstützen.«
»Dann musst du mich begleiten. Gomer ist nicht kräftig genug und Merab … Nun ja, sie mag eine gute Pflegerin für Elieser sein, aber mein Leben würde ich ihr nicht anvertrauen. Sie lässt sich zu leicht ablenken und träumt meist in den Tag hinein.«
Sarah nickte widerwillig. »Darüber ärgere ich mich oft genug. Außerdem ist sie lange nicht so kräftig wie Ketura.«
Sarah hatte schon oft bedauert, dass Gott ihrer Tochter so eine kurze, breite Gestalt und ein ebenso breites, aber ehrliches Gesicht verliehen hatte. Schönheit war Ketura nicht zuteil geworden, dennoch hatte Sarah gehofft, Saul wäre so vernünftig, um sie zu werben und endlich eine Familie zu gründen. Doch der Knecht war nur an der hübschen Merab interessiert, die ihm jedoch die kalte Schulter zeigte.
Lea stand auf und zog Sarah an sich. »Schön, dass du einverstanden bist. Ketura und ich werden am frühen Abend zum Fluss gehen. Sie wird das Seil halten, während ich schwimmen übe, und wenn ich mich sicher genug fühle, holen wir gemeinsam das Gold.«
Sarah ärgerte sich, dass Lea die Bestätigung ihrer Ansicht über Merab in die Zustimmung zu einem lebensgefährlichen Abenteuer ummünzte, aber sie spürte, dass weiterer Widerstand zwecklos war. Seit ihrer Rückkehr zeigte Lea den gleichen festen Willen, wie ihn ihr Vater besessen hatte und den bisher nur Samuel geerbt zu haben schien.
»Meine Tochter wird sich aber nicht als Mann verkleiden«, erklärte sie kämpferisch.
»Natürlich wird sie das nicht tun.« Der Gedanke, Ketura würde ihre ausladend weiblichen Formen in Männerkleidung stecken, brachte Lea zum Kichern. Kein Kaftan würde die üppige Brust der jungen Magd verbergen können. Sie wurde jedoch schnell wieder ernst und scheuchte Sarah mit der Bemerkung, Hunger zu bekommen, in die Küche.
In der Zeit, in der die Bauern bereits wieder von ihren Feldern auf ihre Höfe zurückgekehrt waren, verließen Lea und Ketura das Städtchen und wanderten die Sarn hinauf, bis sie eine Stelle erreicht hatten, an der ein Steilhang sie vor fremden Blicken schützte. Dort zog Lea sich um, band sich ein langes Seil um die Hüften und stieg ins Wasser.
Ketura nahm das andere Ende und hielt es krampfhaft fest.
»Woran erkenne ich denn, dass du in Schwierigkeiten bist?«
Das hatte Lea ihr zwar unterwegs schon zweimal erklärt, aber sie wusste, dass sie mit der nervösen Magd Geduld haben musste.
»Ich werde in den Fluss hinauswaten und dort, wo ich noch stehen kann, ausprobieren, wie lange ich es unter Wasser aushalte. Wenn ich abtreibe und nicht aus eigener Kraft zum Ufer zurückkehren kann, musst du mich herausziehen. Später in der Klamm wirst du mitzählen, wie lange ich unter Wasser bleiben darf. Wenn du die Zahl, die wir vorher ausmachen, erreicht hast, ziehst du mich einfach heraus. Stark genug bist du ja, Gott sei Dank!«
»Ja, das bin ich«, bestätigte Ketura mit kindlichem Stolz. Für eine Magd war das, was sie leisten konnte, wichtiger als gutes Aussehen, und Ketura versprach jetzt schon, eine ebenso tatkräftige, energische Frau zu werden wie ihre Mutter. Jetzt klopfte ihr Herz vor Aufregung im Hals, und ihre Hände zitterten, aber sie war fest entschlossen, über Leas Leben zu wachen, als wäre es ihr eigenes.
Im Gegensatz zu Sarah und Rachel, die viel von Sitte und Gesetz geredet und alles versucht hatten, Lea ihr Vorhaben auszureden, war Ketura von Anfang an der gleichen Meinung gewesen wie ihre junge Herrin. An deren Stelle hätte sie auch nicht zu Hause sitzen und warten mögen, ob die ausgesandten Knechte rechtzeitig mit dem Geld zurückkämen. Sie war sicher, dass ihr Bruder Jochanan alles daran setzen würde, Leas Auftrag zu erfüllen, aber auch er war den Wirrnissen des Schicksals hilflos ausgeliefert. In den Abendstunden, wenn die Schatten durchs Haus krochen, malte sie sich aus, was ihm unterwegs alles zustoßen konnte, und sie wusste, dass selbst harmlose Zwischenfälle ihn daran hindern konnten, früh genug nach Hause zu kommen.
4.
Während Lea und Ketura sich darauf vorbereiteten, die verborgenen Schätze im Bett der Sarn zu heben, gönnte Jochanan ben Gerschom sich nur die notwendigsten Pausen, denn er wollte seinen Auftrag so schnell wie möglich erfüllen. Vor zwei Jahren, als sein Vater krank geworden
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