Die Goldmacherin Historischer Roman
verlobt, redest du schon von der Hochzeit. Also musst du doch unter die Haube, wie die Welgerin gesagt hat.« Sie lachte böse. »Da wird Romualds Mutter aber die Nase nicht mehr so hoch tragen können in der Kirche.«
Schandmäuler.Alle waren gegen sie. »Soll die Welgerin doch reden, was sie will.Wahr ist es nicht. Nach Ostern erst soll die Hochzeit sein. Rechnen wird sie ja wohl können«, sagte Aurelia kalt. Den ehrbaren Zeitabstand würde sie nicht verschenken.
Die Frauen auf den Wagen der Gaukler hatten ihr früh genug verraten, worauf sie achten musste, wenn die Männer ihr zu nahekamen. Sie wusste, was sie auf keinen Fall dulden durfte, wenn sie nicht vor der Zeit Mutter werden wollte. Verlass dich nicht auf Hexentränke, die machen dir ein Kind nicht nur einmal weg, sondern für immer. Die traurigen Augen der schönen Sängerin mit dem kleinen Muttermal auf der Wange hatte Aurelia nie vergessen. Dann kriegst du keins mehr, so wie ich. Aurelia verscheuchte den Gedanken, sie hatte gut aufgepasst.
Sie durfte sich nicht auf das Gezänk einlassen.Wer weiß, was die Kettlerin daraus beim Weitererzählen machte. »Ich nehme gleich vier Töpfchen, wenn Ihr noch welche habt.«
»Komm morgen wieder. Die anderen stehen bei mir zu Hause im Keller kühl.« Die Kettlerin wiegte das Haupt. »Nimmst du die zwei gleich mit, kriegst du sie um achtzig Pfennige.«
»Siebzig, dafür gleich heute.« Aurelia griff schon zu.
Die Kettlerin hatte sieben Mäuler zu stopfen, da schlug man so leicht keinen Handel aus. »Hier hast du eine Handvoll Stroh, damit dir die Häfen nicht im Korb zerschlagen.«
Ein Kaufmann kam durch die Gasse herangelaufen.
»Der fehlt mir noch, der alte Pelter«, brummte die Kettlerin. »Er wird wohl wieder Kirschen kaufen, weil er keine Bäume am Zuckerberg stehen hat.« Sie wischte die letzten Halme in Aurelias Korb. »Kirschen hab ich gestern eingemacht«, rief sie dem Mann zu.
Er verschnaufte ein paar Atemzüge am Stand. »Sei froh, dass der Winsel-Johannes nicht gekommen ist, sonst hätte ich an seinem Stand die Sauerkirschen geholt. Deine werden immer so schnell schlecht«, sagte er.
»Was schert mich der Johannes? Der betrügt die Leute mit falschen Kernen im Mus«, antwortete die Kettlerin kalt.
Der alte Kaufmann spuckte auf die Gasse. »Krämergeschwätz.« Er linste Aurelia auf die Brust. »Des einen Uhl ist des
anderen Nachtigall. Würden die Landsknechte des Pfälzer Kurfürsten nicht draußen im Land brennen und sengen, hättest du nicht so viel Geschäft mit deinem faulen Zeug.«
An jedem Stand hörte man solche Schmähungen, wenn die Leute den Preis drücken wollten. Aurelia nickte der Kettlerin zu, die sich eine graue Strähne hinter das Ohr strich.
»Was draußen den Rhein hinauf und hinab die Mordbrenner tun, kümmert mich nicht. Unsere guten Mainzer Mauern halten die Wehr. Willst du nun Kirschen für dein Kätzchen drunten in der Neuturmgasse, oder sollen’s gar südländische Feigen sein?« Die Kettlerin zog ein Gesicht wie ein Kind, das gleich die Zunge herausstrecken würde.
Der Kaufmann stierte Aurelia immer noch auf die Brust. »Schönes Kind, was hast du hier gekostet?« Sein Atem roch nach Bier, doch sein Mantel nach Lavendel.
Aurelia wusste wohl, dass in den Hurenhäusern an Markttagen viel Betrieb herrschte. »Pflaumen, der Herr. Die Kettlerin legt nur reifes Obst ein.Versucht die Birnen.« Sie hob den Korb vom Brett und machte mit Absicht ein vornehmes Gesicht.
»Vorlaut ist sie, die Goldmacherin.« Er haschte nach ihrer Hüfte, doch Aurelia wich geschickt aus.
Finger weg, lag ihr auf der Zunge. Doch noch war sie keine Frau, die zur Schriftsetzergilde gehörte. Noch waren sie und ihr Vater nur Fremde, die ein streitbarer Bischof und geldgierige Zunftherren in der Stadt duldeten, weil sie auf Gold und Silber aus Alchemistenhand hofften.
Die Kettlerin zog den Kaufmann am Ärmel. »Ihr könnt auch Quittenschnitze haben.«
Aurelia machte sich davon und trat über den Unrat, der vor den Häusern lag. Wenigstens wusste sie jetzt, was die Frauen über sie verbreiteten. Aber was nützte das? Gegen üble Nachrede konnte niemand etwas tun.
Im Geiste ging Aurelia die Liste von Besorgungen durch. Sie brauchte noch Anmachholz! In den nächsten Tagen würden sie so viel kochen, dass Aurelia eine weitere Magd mieten musste. Die würde sich nur erschrecken, wenn sie das Feuer mit Vaters Kienspänen anzünden sollte. Er tauchte diese in eine grüne Paste, die am Holz trocknete.
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