Die Goldmacherin Historischer Roman
sagen?«
»Ich lasse es nicht so weit kommen, dass man Euch im Kerker Hemd und Hose vom Leib reißt. Ein Dolch ist schnell geführt, Heliodor. Oder soll ich sagen: Aurelia? Du wirst keine Gelegenheit haben, mich oder den Bischof von Speyer zu bezichtigen, wir hätten dich in diese Verkleidung gezwungen.«
Sie hatte doch selbst schon mit solcher Gefahr gerechnet. Wie hatte sie eben auch nur hoffen können, dass der Legat ihr helfen würde? Ihre Schultern sanken, schon lange nicht mehr hatte sie sich so einsam gefühlt. Sie traute von Rüdesheim alles zu, auch einen Mord. Die Reichsangelegenheiten machten die Männer kalt wie Erz. Etwas griff nach Aurelias Herzen. Doch es widerstand, denn es gab einen, der nicht so war wie diese. Romuald. Dieser Legat hatte Schuld an ihrem Leid, sie musste sich einfach wehren. Sie stand auf. »Es ist mir gleich, ob ich jetzt oder später sterbe. Ich gestehe dem Kaiser alles.«
Von Rüdesheim lachte bloß. »Ich glaube dir kein Wort.«
»Seid nicht so sicher, ob der Herrscher nicht doch Milde walten lässt, wenn ich ihm verrate, wie ich die schreckliche Krankheit seiner Tochter heilen kann. Die Prinzessin hält viel von mir«, setzte Aurelia seinem Spott entgegen.
Der Legat sprang auf. Seine runden Augen funkelten böse. »Hatte ich dich nicht gewarnt, Aurelia, dich nicht einzumischen? Die Hochzeit der Prinzessin hätte …« Er zog die Stirn kraus, er ahnte wohl, dass Aurelia etwas mit der plötzlichen Krankheit Margrets zu tun hatte.
»Hätte was?« Aurelia wurde laut, sie stemmte die Fäuste auf die Tafel. »Den Bündnisplänen des Papstes hätte es gedient, aber dem Reich? Hätte es Frieden gebracht? Wirklich? Ihr wolltet nur die Prinzessin aus dem Palast schaffen, weil sie das Ohr des Kaisers hat und nicht Ihr.«
Er schwieg, seine Kiefer mahlten. »Ich habe dich unterschätzt.« Ganz langsam sagte er: »Es wäre klüger, wir vertrügen uns wieder, He-li-o-dor.«
»Gut, dass Ihr es einseht«, sagte Aurelia, auch wenn sie ihm mitnichten traute. Sie stellte sich an der Tafel aufrecht.
»Wie viel Zeit braucht Ihr mindestens?«, fragte der Legat. Aurelia bemerkte mit Genugtuung, dass er sie nicht mehr duzte.
»Zwei Wochen oder drei. Fragt den Kaufmann in dem Fugger-Haus, wenn Ihr mir nicht glaubt. Der Schreiber in der erbländischen Kanzlei ist sein Ohm.«
»Ich weiß.« Von Rüdesheim kniff die Lippen zusammen und sah über den Kelter hinweg zu den Bäumen. »Hier habe ich die Berichte von den Kundschaftern. Der feindliche Adel in Ungarn rumort und steht kurz vor dem Grenzübertritt. Damit kann ich den Kaiser ablenken, doch wie lange, weiß ich nicht. Rechnet mit unangemeldetem Besuch des Kaisers im Laboratorium.«
Aurelia rechnete von nun ab ohnehin mit allem. »Das werde ich.«
Der Legat packte sie am Arm. »Wartet. Vielleicht halten wir ihn besser damit hin: Ich werde dem Kaiser sagen, dass wir dringend Gleißwasser für den Angriff auf Wien brauchen. Davon ist keins im Handel. Könnt Ihr das herstellen?«
»Nichts leichter als das.« Es war einfach nur Phosphorusbrühe, die auf Wasser aufschwamm und brannte. Dafür reichte die Kraft der Vorräte des Kaisers.
»Beginnt am besten gleich.« Er rieb sich das Kinn. »Ich werde den Kaiser davon überzeugen, dass sein Bruder Albrecht zurzeit eine größere Bedrohung ist als der Ungarnkönig Matthias Corvinus. Vor allem könnte Albrecht auch hier vor den Toren seiner Residenz erscheinen, wenn der Kaiser Wien nicht zurückerobert.« Er tippte mit den Fingerspitzen auf das Pergament.
Aurelia trat schon einen Schritt zurück.
»Ihr werdet mich öfter sehen, als Euch lieb ist.« Seine braunen
Augen hielten ihren Blick aus, bis sie ihre Kraft schwinden fühlte angesichts der zwei Seelen in diesem grausam-lustigen Gesicht.
Aurelia wandte sich auf dem Absatz um und lief unter den blühenden Obstbäumen zurück zur Burg. Sie fing am besten gleich mit dem Gleißwasser an. Doch mit jedem Schritt im süßlich betörenden Blütenduft wuchs ihre Vorsicht. Sie durfte sich nicht von dem Einlenken von Rüdesheims blenden lassen. Dem päpstlichen Legaten war nicht nur zuzutrauen, dass er einen gedungenen Dolch zustechen ließ.Von nun an würde sie nur noch im Gesindehaus von Dingen essen, die andere schon gekostet hatten. Stürbe sie, bekäme der Kaiser zwar kein Gold gemacht, aber der Legat wäre alle seine Sorgen los.
43
I ch will nichts hören von Sternenlauf und Sonnenstand!«, schrie die Kleine Prinzessin. Sie sprang auf und riss
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