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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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Eldad, beim Krummen Haus nur eines weiter.«
    »Hab Dank«, nuschelte Aurelia, als leide sie an Zahnweh.
    Auch im Judenviertel roch es schon nach Gebäck. Leute liefen zu ihren Läden, junge Männer räumten Körbe auf die Gasse.
    Bei einem Linsenhändler hielt sie an. »Sagt, Mann, ich suche einen, der mit Geschmeide handelt.«
    Der junge Mann strich sich den sauberen Umhang seines Volkes glatt und zupfte den spitzen Bart. »Euer Mantel ist von teuerem Stoff. So wie Ihr sprecht, seid Ihr nicht von hier. Sucht Ihr Geschmeide für einen Adelshof oder für ein Bürgerweib?«
    Was Aurelia in der Nacht in das Wolltuch eingenäht hatte, könnte sich kaum ein Kaufmann leisten. »Ein Freiherr schickt mich«, log sie.
    »Die meisten Adelsmänner gehen zum Ezechiel, aber weil sie Geld brauchen.« Der Händler lachte breit, ein Schneidezahn fehlte ihm. »Der Graue handelt bis ins ferne Spanien.« Er deutete die Gasse hinunter. »Am Brunnen links, das zweite Haus mit der Mondsichel außen ist seins. Ihr könnt es nicht verfehlen, ein prächtigeres findet Ihr hier nicht.«
     
    Es war nicht anders als in der Kanzlei auf der Burg. Aurelia ärgerte sich, dass sie es nicht bedacht hatte. Den Ersten von Ezechiels Leuten hatte sie an der Tür mit einem Pfennig überzeugen müssen, dass sie überhaupt über Geld verfügte. Den Zweiten bestach sie mit drei Stücken Kupfergeld, damit sie
nicht im Erdgeschoss auf die Ladenöffnung warten musste. Dem Dritten erklärte sie nun zum vierten Mal, warum sie nur mit dem Händler selbst reden wollte. »Mein Freiherr schickt mich, Steine anzubieten, die nur ein weltgewandtes Auge in ihrem wahren Wert zu schätzen weiß.«
    Der Mann war schon an den Schläfen ergraut und recht dick. »Sieh, Studiosus, wir sind alle weit gereist. Augsburg, Pisa, Cilli, Drovenkar, da war ich erst im letzten Frühling noch. Zeig mir, was Ihr habt.« Er beugte die Schultern vor. »Mein Herr wird nicht gern wegen Tinnefs gestört, versteht Ihr?«
    Aurelia blickte sich in der kleinen Stube um, in der nichts als der blank gescheuerte Tisch stand, an dem sie saßen. Eine Feinwaage schwankte leise von den Bewegungen des Geschmeidehändlers. Ihr kam ein Gedanke. Hieß es nicht immer, die Juden gaben viel darauf, wenn man Bürgen hatte? »Ich war lange in Mainz und kannte …« Sie fing sich noch im letzten Augenblick. »Meine Schwester war mit Rahel befreundet, der Tochter Nathaniels, dem Viehhändler aus Mainz, bevor die Stadt gestürmt und die Familie vertrieben wurde.«
    Der Geschmeidehändler strich sich über die grauen Schläfen, sah sie mit hängenden Lidern an. »Wohin vertrieben?«, fragte er gedehnt.
    Er prüfte sie. »Nach Worms. Nur mit dem, was sie auf dem Leib und mit Händen tragen konnten«, sagte Aurelia.
    Wieder schwankte der Kopf des Dicken wie ein Boot auf unruhigem Wasser. »Goj, was erzählst du da?« Er rückte mit dem Stuhl vom Tisch ab, rief zur Wand hin. »Schick den Gärmel zu David und frag den Ben.«
    Aurelia begriff, dass jemand mitgehört hatte.
    Der Händler schwieg, seufzte drei-, viermal und säuberte sich mit einem Hölzchen die Nägel.
    Kaum eine Viertelstunde wohl hatten sie schweigend dagesessen, da sprang die Tür auf. Ein alter, weißhaariger Jude in
einem langen gelben Mantel beugte sich über einen Stock. Seine rotgeränderten Lider zitterten, als er Aurelia lange betrachtete. Schließlich sagte er: »Ich habe Nathaniel vor vier Monaten gesehen, er lebt jetzt in Worms.«
    »Und Rahel, die Schwestern, und der junge Gad?«, entfuhr es Aurelia.
    »Auch.«
    Sie hatten es geschafft, Gott sei Dank. Aurelia unterlief ein erleichtertes Lächeln. Zu ihrem Glück schien der Alte gerade zu dem anderen Händler hinzusehen.
    »Geh hinaus zu Ezechiel und sag ihm, dass ich gleich mit einem Studiosus komme«, befahl er.
    Der jüngere Händler hob den dicken Hintern vom Stuhl und schloss die Tür hinter sich.
    Der alte Jude winkte Aurelia zu sich an den Winkel vor dem Fenster. Kaum hörbar flüsterte er: »Warum tragt Ihr einen falschen Bart, Studiosus, wie ihn nur meine Leute in Augsburg knüpfen können?«
    Aurelia erschrak so sehr, dass sie heftig zusammenzuckte. Die alten Augen mochten gerötet und wässrig sein, aber der Blick darin war gescheit und auf der Hut. »Kann ich Euch um Nathaniels Willen vertrauen?«, hauchte sie schließlich.
    »Das könnt Ihr, Studiosus«, flüsterte der Alte.
    »Den Bart habe ich, damit ich älter und würdiger ausschaue.« Sie könnte höchstens knapp an der

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