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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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Goldes Wert.« Sie warf sich mit ihrem ganzen Körpergewicht gegen den Wächter, der aufstehen wollte, halb hochkam, aber schon vom Dunst im Bausch geschwächt auf den Stuhl sank und Speer und Dolch fallen ließ. Eine kurze Weile noch, dann schlief er betäubt.
    Aurelia hielt den Atem an und wickelte rasch den Bausch wieder in das Leder ein.
    Der scharfe Dunst war gefährlich, man fiel in tiefen Schlaf, träumte seltsam und wachte langsam lallend auf. Sie hatte ihn im Laboratorium gebraut, dabei ihren Mund und die Nase sorgfältig mit einem nassen Wolltuch geschützt.
    Sie raffte Speer und Dolch vom Boden, schlüpfte durch die Pforte in die kaiserliche Kapelle und stellte die Waffen an die vielfarbige Holztäfelung.
    Aurelia vergeudete keine Zeit vor den Heiligen und dem prächtigen Holzgestühl vorm Altar, auf dem das ewige Licht in einem Venezianerglas als schwacher roter Punkt leuchtete. Sie holte das Windlicht aus ihrer Tasche, hob die Abdeckung aus Zinn, die schon ganz heiß war. Es brannte noch! »Gott sei Dank«, flüsterte sie.
    Rechts und links vom Altar war die Wand mit Szenen aus dem Leben Jesu bemalt. Irgendwo musste der Zugang zur Schatzkammer des Kaisers verborgen sein. Die Prinzessin hatte
einmal damit geprahlt, dass alle Welt den Schatz in einem tiefen Berg vermute, wo er doch in der Burg aufbewahrt würde. Aurelia leuchtete die Holzeinfassung des Altars ab, das Bild des Heiligen Georgs mit dem Drachen und die Wappen und Farben der Habsburger unter den großen und kleinen Heiligen. Lag die Tür gar höher? Sie richtete den Blick zur Kapellendecke. Das Windlicht warf nur einen schwachen Schein hinauf.
    Doch er genügte. Ein Stück Wand war nur verputztes Holz, Aurelia erkannte es an der Maserung im Himmel über Jerusalem in einem Gemälde. Irgendwo hier musste das Schlüsselloch zu finden sein.
    Sie hielt das Windlicht ganz nahe. In einem wuchernden Busch mit Blumen gleich bei der Grablege Jesu war das kunstvoll gerandete Loch zwischen ein paar zu breit gemalten schwarzen Farbrändern verborgen. Aurelia steckte den Schlüssel hinein und drehte. Nichts geschah. Ihr blieb das Herz stehen. Brauchte man etwa zwei Schlüssel? Dann besann sie sich und drehte den Schlüssel nicht nach rechts, sondern nach links. Geräuschlos sprang die Wand ein Stück zurück. Aurelia legte die Hand gegen das Gemälde und drückte leicht. Die bemalte Holzplatte gab nach.
    Der kleine Raum dahinter war noch einmal so breit wie das Kapellengewölbe, nur gab es weder Fenster noch ein Luftloch unter der Decke.Von den weißen hohen Wänden hingen über und über mit Silber und Gold bestickte Behänge herab, Jagdbilder oder Szenen aus dem Leben der Heiligen prangten darauf. Aurelia hatte keine Zeit, allzu lange zu staunen. Fünf Tische hatte der Kaiser an den Seiten aufgereiht, den Boden bedeckte ein schwerer Teppich mit Zeichen und Blüten, wie sie nur in Arabien gewirkt wurden.
    Eine winzige Stadt aus Elfenbein erstreckte sich über den ersten Tisch. Die Menschlein waren aus Ebenholz, die Teiche, Wasserläufe und Bäume aus edlen Steinen geformt.

    Aurelia glaubte schon, auf dem zweiten Tisch sprudele wundersam eine Quelle. Perlen schimmerten dort und flossen aus einer riesigen Muschel.
    Auf dem dritten Tisch glänzte Silberzeug. Wer putzte es dem Kaiser so blank, gar er selbst? Kein schwarzer Fleck, kein dunkler Hauch war auf Geschirr, Kannen, Vasen, Brustzeug von Rittern und den langen Schwertern zu erkennen. Aurelia wandte sich zum vierten Tisch. In großen offenen Schatullen glänzten Edelsteine, die der Kaiser in einem Bogen so ausgelegt hatte, dass der Regenbogen nachgebildet war. Es war herrlich anzusehen.
    Auf dem fünften Tisch endlich schimmerte es golden.Weißlich, gelblich und rötlich wie ihr Haar. Doch Aurelia erschrak.
    Es waren nur Figuren, keine Münzen, wie sie gehofft hatte. Die hatte der Kaiser wohl längst für seine Kriege ausgegeben. Ein ganzes Schachspiel aus Gold, eine Krippe für die Weihnachtszeit, eine Hundemeute lagerte rund um eine Jagdgesellschaft. Alles war aus Gold, bestimmt an die fünfzig wunderbare Figuren.
    Wenn eine davon fehlte, würde es dem Kaiser sofort auffallen. Da war sie sich ganz sicher. Jeder Sammler kannte seine Lieblinge wie eine Mutter ihre Kinder.
    Aurelias Herz schlug schneller. Sie brauchte unbedingt genug, um ein Pfund schieres Gold daraus zu schmelzen. Anders könnte sie die Große Wandlung nicht in Gang setzen.
    Es half nichts. Sie stellte das Windlicht am Rand des fünften

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