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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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Joppe wieder. »Zerreiß das Zeug.«
    »Das wird Ärger geben, wie soll er nackt aus dem Haus? Er wird toben.«
    Aurelia warf ihr noch ein paar Münzen hin. »Für neue Lumpen, aber erst in ein paar Stunden.«
    Rosita hob die gezupften Augenbrauen. »Dass ihr Männer euren Freunden gern mal dabei zuschaut und euch dann selbst bedient, das kenne ich schon. Aber was ist das für ein Spiel, Herr?«
    »Sorge dich nicht. Die Münzen werden dir wohl beim Vergessen helfen.«

    Rosita lachte, und Aurelia machte sich rasch davon. Auf der Stiege hörte sie lüsternes Stöhnen des Ziegenbarts von nebenan.
    Sie war den Verfolger los.
     
    Auf dem Weg zu Ezechiel verging Aurelias Erleichterung schon nach wenigen Schritten. In der Fassmalergasse überkam sie ein beklemmendes Gefühl. Wurde sie langsam verrückt, weil sie mit solch hohem Einsatz spielte und den Kaiser, die Prinzessin und alle betrog, ohne auch nur eine Vorstellung davon zu haben, wie sie ihren Romuald dem Heeresdienst entreißen könnte?
    Aurelia hielt sich im Schatten eines Hauses, dessen geschnitzter Hauptbalken bunt bemalt war. Lustige Knäblein hielten da Weintrauben an einem gedrehten Rebstock hoch.
    Die Gasse war voll von lachenden, tändelnden Mädchen, Kindern mit rotzigen Nasen und Lahmen mit müden Gesichtern, die an Mauern lehnten und die Bettelhand vorstreckten. Aurelia wollte schon aufatmen, da erfasste sie ein klarer Blick unter buschigen Augenbrauen.
    Sie sprang vorwärts und rempelte eine Frau mit einem Butterfass an.
    »Depp! Beinahe verschüttest du mir mein Tagwerk!«
    Aurelia schlängelte sich zwischen den Menschen hindurch und rannte fast. Doch ihr wie ein Bauer in braunem Tuch gekleideter Verfolger war sehr gewandt und wie ein Botengänger so schnell und stark. Oder war er gar Heerläufer?
    »Passt doch auf!«, schrie eine Frauenstimme auf. »Mein Geschirr!«
    Aurelia achtete nicht weiter darauf. Sie lief von Traufe zu Traufe die Gasse entlang. Zu den Huren konnte sie nicht zurück, zu den Juden auch nicht. Sie musste irgendwie den Weg zum Hofe finden, bevor der Kerl sie packte. In der Burg war sie sicher vor ihm.

    Beim Umwenden konnte sie sein Gesicht erkennen. Er war schon älter, ein paar graue Strähnen hingen über die faltige Stirn, aber der Blick zeigte die kalte Entschlossenheit des kampfgewohnten Landsers. Zwei kurze Narben saßen unter seinem rechten Auge.
    Aurelia bog ab, die Hintergasse vor ihr war leer. Es roch nach Harn und welkem Blattwerk, das aus einer Küche geworfen worden war. Sie wandte sich um, gegen das Licht sah sie nur seinen schwarzen Umriss. Er spurtete plötzlich los, erreichte sie fast und streckte den rechten Arm nach ihr aus. »Gleich hab ich dich, Bürschchen!«, sagte er mit seltsam gurgelnder Stimme.
    Aurelia fühlte eine schwere Hand auf der Schulter, da tauchte sie weg wie als Kind, wenn Männer sie betatscht hatten, blieb dann einfach stehen und streckte das linke Bein vor.
    So sehr verhedderte sich sein Schritt, dass er fast der Länge nach hingeflogen wäre. So rutschte er mit den Armen nach vorn in den Gassendreck.
    Aurelia sprang sofort über seinen Hintern hinweg zur trockeneren Seite der Gasse, lief weiter und lief, lief, lief …
    Bis sie auf den Gänsemarkt gelangte. Schon wieder hörte sie ein Keuchen hinter sich, herrje!
    Schräg über den Platz erblickte sie einen Trauerzug, ein verhüllter Sarg war auf einem Karren aufgebahrt, Mönche gingen in dunklen Kutten.
    Aurelia rannte auf die Kirchenmänner zu und reihte sich einfach hinter ein paar Leuten aus der Stadt ein, die ihre Hüte in den Händen hielten. Welch braver Klosterbruder auch gestorben sein mochte, Aurelia dankte seiner Seele. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie den Landser vor dem nächsten Steinhaus an einer Säule, seine Lippen bewegten sich, als stieße er einen Fluch aus. Er schlug den gröbsten Dreck von seiner Hose und verschwand im tiefen Schatten des Vorbaus.

    »Maria, gebenedeit seist Du unter den Töchtern …«, sangen die Mönche im Trauerzug. Aurelia überlegte unaufhörlich, wer ihr die Verfolger geschickt hatte – die Prinzessin, der Legat oder waren die beiden gar einfach Raubsgesindel, das von den Steinen in ihrem Halstuch erfahren hatte? Irgendwie aber musste sie bald unbeschadet zu Ezechiel gelangen.
    »Maria, erhöre unser Bitten …« Sie fiel in das Gebet mit ein.

49
    Z urück in der Burg nahm Aurelia je zwei Stufen auf einmal, als sie die Stiege hoch zu ihrer neuen größeren Stube rannte. Ihr stockte der

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