Die Goldmacherin Historischer Roman
weich das Eberfell unter seiner Wange. So schwebend leicht wollte er sich für alle Zeit fühlen …
51
D as schwere Kissen traf Aurelia am Kopf und verschob das falsche Haar. Hätte sie nicht schützend den Unterarm gehoben, wäre es ihr vom Kopf gerissen worden. »Dass du dich endlich blicken lässt, Hexe!« Die Prinzessin sprang mit den Knien auf ihr Bett, griff sich das nächste Kissen und warf es nach ihr. »Lässt man eine Kaisertochter warten? Du hast es bei dem Mahl mit dem Kaiser versprochen.«
Aurelia hielt Margret bewusst hin. Anders könnte sie die Kleine Prinzessin nicht zähmen. Wieder flog ein Kissen, wieder duckte sie sich weg. »Ich habe Euch doch ausrichten lassen, dass ich die Heilsalbe gerade bereite.«
»Verlogenes Teufelsweib.« Die Prinzessin drehte sich auf den Knien auf ihrem Bett. »Wie lange soll ich den Ekel in den Augen der Zofen noch ertragen?« Sie raffte die Ärmel hoch und zeigte die krustigen dunkelroten Wunden. »Mach das weg!« Sie sprang vom Bett und wollte nach Aurelias Bart krallen.
Doch Aurelia fing ihre Hände rechtzeitig ab. »Gebt endlich Ruhe, sonst erfährt der ganze Hof, was Ihr getan habt!«
»Ich?« Margret riss sich los. »Du hast mir das angetan!« Sie lächelte böse. »Jeder würde mir glauben, dass du mich verhext hast, wenn die ganze Welt erst einmal sieht, was dir dort fehlt.« Sie zeigte mit hämischem Blick auf Aurelias Unterleib.
Sie musste die Prinzessin unbedingt sofort beruhigen, sonst würde sie ihre Worte noch wahrmachen und sie alle in den Abgrund reißen. Aurelia griff in die Tasche ihres Mantels. »So beruhigt Euch endlich. Ich habe die Heilsalbe für Euch bereitet. Hier.«
Die Prinzessin stürzte sich auf den grünen Eisentiegel und packte ihn mit beiden Händen. »Meinem Vater gehorchst du also noch.«
In einer Ecke stehend hatte Aurelia dem Essen von Kaiserin und Kaiser beiwohnen dürfen, wo der Kaiser seinen engsten Vertrauten die Kunde vom gemachten Gold überbrachte. Sie hatte den warnenden Blick von Rüdesheim nicht deuten können, als die Prinzessin ihren Vater gebeten hatte, ob nun Heliodor statt des Hofmedicus ihr endlich Heilung bringen dürfe.
Die Prinzessin starrte auf den Tiegel in ihrer Hand. »Wie muss ich die Salbe aufstreichen?«
»Tragt morgens und abends einen dünnen Film nur am Rand der betroffenen Hautstellen auf.«
»Warum nur dort?«
»Ihr werdet sofort Linderung spüren, aber heilen kann die Haut nur von außen nach innen. Habt Geduld.«
Die Prinzessin roch an dem Tiegelchen. »Es stinkt so seltsam nach welkem Rosenblatt. Machst du es nicht noch schlimmer, Hexe? Warum soll ich dir trauen?«
Die streng riechende Salbe hatte Aurelia mit einem Tropfen Rosenöl zwar etwas lieblich duftend gemacht, aber mehr schonen konnte sie die verwöhnte Kaisertochter nicht. »Ihr habt die Wahl. Oder zieht Ihr es etwa vor, die Wunden auf ewig zu behalten?«
Der Wutschrei Margrets gellte ihr in den Ohren, doch Aurelia verneigte sich nur. Die Prinzessin würde bald noch mehr schreien, wenn sie erst begriff, dass das Tiegelchen gerademal drei Tage lang reichte. Zumindest die sichtbar einsetzende Heilung würde sie erst einmal vom Reden abhalten, was Aurelia Zeit verschaffte.Vielleicht musste sie die Prinzessin ja noch länger hinhalten, um deren Rache zu entgehen. Noch ein, zwei gelungene Wandlungen nach der nächsten Lieferung
Steinmehle und der Kaiser würde ihr wegen des Alchemisten-Golds jeden Frevel verzeihen.
Die Prinzessin setzte sich an den Tisch vor das Erkerfenster ihrer Kammer und roch noch einmal an der Salbe. »Der Tiegel ist sehr klein. Ich brauche gewiss mehr davon.«
»Ihr bekommt, was Ihr braucht.«
»Wann?«
»Sobald die Sude die nötige Wirkkraft erreicht haben.« Aurelia legte noch eins drauf. »Ich muss den nächsten Vollmond abwarten, damit die Kräuter besondere Kraft haben.«
Die Prinzessin stöhnte auf und ließ die Schultern fallen. »Geh mir aus den Augen, Hexe!«
»Ich bin keine …«
»Verschwinde! Oder soll ich die Wachen rufen?«
Aurelia drehte sich um. Beim Gehen fiel ihr auf, wie verwühlt das Bett war. Wie von zwei Menschen, die sich in Leidenschaft darin gewälzt hatten.
Erst als sie die Wachen draußen aufblicken sah, begriff Aurelia, warum sie nicht an ein in Gram zerwühltes Bett glauben mochte. Es hatte etwas in der Luft gelegen, ein feiner, herber Dunst. Dort, hinter dem Vorhang, hatte gewiss ein Mann gesessen, bar von Kleidung womöglich und frisch geschwitzt.
Aurelia
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