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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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Vater will keinen Streit mit der Zunft. Gerade jetzt nicht.« Wieder blickte Rahel in einen dunklen Winkel der Stube. »Draußen im Land ist Zores. Mordbrennerei treibt die Leute aus den Dörfern. Das ist schlecht für unseren Viehhandel. Unruhige Zeiten sind seit jeher gefährlich für mein Volk.«
    »Aber … Vater wird ein gutes Wort bei dem Ratsherrn einlegen, der vermittelt hat. Der geht sogar für die frisch gebackenen welschen Kringel in das Haus deiner Verwandtschaft.«
    »Was vermag ein Herr allein auszurichten?« Rahel senkte den Kopf. »Wir dürfen den Rat nicht reizen, wenn die Landsknechte vor der Stadt sind. Ich muss meinem Vater gehorchen, schon aus Vorsicht.« Sie beugte sich zu dem Bündel hinunter. »Ich sollte besser schweigen, sonst vermassele ich dir alles.«
    Aurelia kannte diese Angst nur zu gut. Auch sie wollte nie mehr vertrieben werden, jetzt, wo sie endlich ein Heim liebgewonnen hatte. »Ich danke dir, dass du heute gekommen bist. Ohne dich werde ich nur halb so viel Freude haben.«
    »Bitte sag so etwas nicht. Du wirst Romuald haben …«
    Aurelia konnte ihn vor sich sehen, wie er gestern hatte den weißen Ziegenbock durch die Gassen ziehen müssen. Die Gesellenspäße waren derb. Aber Romuald lachte gern. Und auch Rahel sollte wieder lachen. Aurelia sann auf Trost. »Weißt du
was? Wenn ich erst die Frau von Romuald bin, dann können wir in unserem Haus tun und lassen, was wir wollen. Dann feiern wir ein großes Fest mit deiner ganzen Familie.«
    Rahel misslang das Lächeln. In ihren Augen sah Aurelia deutlich die furchtsamen Zweifel. Ihre Freundin zeigte ihr das Fläschchen. »Damit er dich auch wirklich nimmt, mache ich dich jetzt schön wie eine ägyptische Königin. Die Milch stammt von der jüngsten Stute in unserem Stall.« Rahel goss die weiße Flüssigkeit in das warme Wasser. »Das glättet die Haut.«
    Aurelia verteilte die Stutenmilch im Wasser. Rahel zeigte ihr den Tiegel und nahm das Wachs herunter. »Das hier ist aus der Frühjahrsernte. Riech mal.«
    Aurelia tauchte ihren kleinen Finger in die helle Masse und leckte daran. »Schmeckt herrlich mild.«
    Rahel kippte den Honig ins Wasser und wusch das Gefäß darin aus. »Verteile es gut, damit es dir nicht das Töpfchen verklebt.«
    »Romuald wüsste schon, was er zu tun hätte.« Die beiden jungen Frauen kicherten. »Flichst du mir den Zopf wie auf dem kleinen Bildnis, das Nathaniel von meinem Vater gekauft hat?«
    »Du meinst, die vier verschlungenen Zöpfe als Kranz, über den sich acht Strähnen winden?« Rahel packte das Steinzeug zurück in ihren Beutel. »Ich habe nicht vergessen, wie es geht.«
    Sie hatten es einen Sommer lang versucht, bis die Frisur endlich genauso aussah wie auf dem gemalten Bild. Die Kunst lag darin, jeweils eine Strähne im Zopf nur ein kleines Stück weit zu flechten, und dann eine überhängende zu nehmen.
    Wieder klopfte es. »Kind, was kichert ihr denn?« Vaters Stimme klang durch die Tür nachsichtig, aber müde. »Ich habe dir die Rosensalbe zu den Kämmen gestellt.«
    Sie hörten seine Schritte an der Stiege. »Hat er dir für morgen Rosensalbe gemacht?«, flüsterte Rahel.

    Aurelia nickte. Pasten, Salben und Schönheitstropfen begeisterten ihre Freundin. Es war bestimmt gut, wenn sie vor ihrem Verlobungstag auch etwas verschenkte. »Du sollst den Rest haben.« Sie glitt in das süßlich duftende Wasser. Für einen Augenblick kam sie sich in dieser milden Honigmilch wie eine Königin vor.
    »Bleib ruhig, sonst ziept es«, sagte Rahel und begann, ihre Strähnen mit flinken Fingern zu flechten.
    Aurelia schloss die Augen und genoss das milchige Wasser auf ihrer Haut. Ein sehnsuchtsvoller Gedanke nahm sie ganz ein: Ach Romuald, bald baden wir zusammen .

5
    D ie frisch gewaschenen Gesichter über den weißen Hemdkragen erinnerten Romuald an Chorknaben. Die Gesellen rückten nacheinander vor die sieben Fenster in den großen Saal des Zunfthauses und reihten sich an der Längswand unter der Fahne der Schriftsetzer auf wie zu Ostern in der Kirche. Er unterdrückte ein Lächeln. Dabei hatten ihm die Freunde noch vorgestern Abend mit dem Ziegenbock derb mitgespielt, hatten ihm nach alter Sitte unter der Traufe der Setzwerkstatt die Hosen vom Leib gerissen und mit Lettern Weiberknecht und Hurenbock auf seine Schienbeine gedruckt. Nur weil er die Haut vorher kräftig mit Schweineschmalz eingerieben hatte, war die Farbe nicht in sein Fleisch gedrungen. Aurelia würde davon nichts lesen müssen.

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